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Beantwortet
Autor Wolfgang Heedt am 12. November 2007
8198 Leser · 388 Stimmen (-42 / +346)

Aktuelles

Einheitsdenkmal

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

wie kommt der Bundestag dazu, das Einheitsdenkmal in Berlin errichten zu wollen?

Ich protestiere heftigst gegen den Beschluß des Bundestags, das Einheitsdenkmal in Berlin errichten zu wollen. Die Einheit gäbe es nicht, wären nicht die Leipziger Bürger beherzt auf die Strasse gegangen und hätten nicht Bonner Politiker beherzt die Gunst der Stunde genutzt. Für mich gehört daher das Denkmal, in Analogie zur "Hungerharke", zu gleichen Teilen nach Leipzig und Bonn. Nur so werden die Menschen geehrt, insbesondere auf Leipzger Seite, die angesichts des waffenstarrenden DDR-Regimes mutig immer wieder auf die Strasse gegangen sind. Berlin hat sich in diesen Tagen vor nahezu 20 jahren allenfalls durch die letzten, teilweise burlesken Zuckungen eines menschenverachtenden Regimes hervorgetan. Es gibt keine "Berliner Politik", die es bezüglich der Wiedervereinigung zu würdigen gilt. Daher erfüllt es schon bald den Tatbestand der Geschichtsklitterung, wenn das Einheitsdenkmal jetzt in Berlin errichtet werden soll. Und ich sehe mich einmal mehr in meiner Politiker-Verdrossenheit bestätigt.

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Antwort
aus dem Bundestag am 30. November 2007
Bundestagspräsident

Sehr geehrter Herr Heedt,

in der Plenarsitzung vom 9. November 2007 habe ich betont, dass mit dem Grundsatzbeschluss des Deutschen Bundestages, ein Freiheit- und Einheitsdenkmal in Berlin zu errichten, die Debatte nicht beendet ist, sondern vielmehr ausdrücklich auf eine möglichst breite Basis gestellt werden soll. Der Beschluss bedeutet auch nicht zwingend, dass ein solches Denkmal „nur“ in Berlin errichtet wird. Denn gerade weil die Einheits- und Freiheitsbewegung nicht allein ein hauptstädtisches Ereignis war, ist der Hinweis berechtigt, dass dieses an vielen Stellen in Deutschland Erinnerung und Gedächtnis verdient.

Bevor man über die Gestaltung eines solchen Denkmals nachdenkt, ist zudem eine Verständigung darüber notwendig, woran mit dem Denkmal eigentlich erinnern werden soll. Dabei kommt nicht nur der Zeitraum 1989/90 in Frage, sondern auch die Vorgeschichte der Bemühungen um die Verbindung von Freiheit und Einheit in Deutschland und Osteuropa, die von 1953 mit dem Arbeiteraufstand in der DDR über 1956 Budapest und 1968 Prag und die Solidarno?? bis zur Überwindung der Teilung Europas und Deutschlands geführt haben. Auch die gescheiterten Einheits- und Freiheitsbemühungen in der deutschen Geschichte des frühen 19. Jahrhunderts sind in die Überlegungen einzubeziehen. Denn die damaligen Einheits- und Freiheitskämpfer waren in ihrem Engagement nicht weniger ernst zu nehmen als die der Jahre 1989/90. Ihr Bemühen um Einheit und Freiheit hat nicht weniger Würde als das der späteren, die im Unterschied zu ihnen erfolgreich waren.

Der Grundsatzbeschluss des Deutschen Bundestages vom 9. November zur Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals ist daher gewiss nicht der Abschluss, sondern der Ausgangspunkt weiterer spannender Diskussionen, die dringend geführt werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Norbert Lammert