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Beantwortet
Autor Luise Zimmermann am 15. April 2008
11877 Leser · 483 Stimmen (-1 / +482)

Gesetzgebungsverfahren

Lobbyismus

Sehr geehrter Herr Dr. Lammert,

ich begrüße Ihren Vorstoß hinsichtlich der Förderung von Transparenz im Bereich des Lobbying.

Ihre Sicht der Dinge wirft jedoch Fragen auf. Sie vertreten die Ansicht, dass ein Austausch zwischen "den verschiedenen Säulen des öffentlichen Lebens, nicht nur zulässig, sondern ausdrücklich erwünscht ist."

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Meiner Meinung nach verstößt die gezielte Einflussnahme von Vertretern aus der Wirtschaft auf Gesetzgebungsverfahren grundsätzlich gegen die Prinzipien eines demokratischen Gesetzgebungsverfahrens. Schließlich sind die Möglichkeiten auf diese Weise Einfluss zu nehmen sehr stark von informellen Netzwerken und Beziehungen bestimmt - und diese sind nun mal sehr ungleich und teilweise ungerecht verteilt.

Über eine Stellungnahme hierzu würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

L. Zimmermann

+480

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Antwort
aus dem Bundestag am 11. Juli 2008
Bundestagspräsident

Sehr geehrte Frau Zimmermann,

zu den Realitäten einer pluralistischen Gesellschaft gehört, dass es ganz unterschiedliche Interessen gibt. Demokratie zeichnet sich auch dadurch aus, dass diese Interessen aufeinander treffen und ein Interessenausgleich hergestellt wird. Das passiert „auf offener Bühne“ – im Parlament. Interessenvertreter haben dabei eine wichtige Funktion. Mit ihrem Sachverstand leisten sie den Abgeordneten wertvolle Hilfe bei der Entscheidungsvorbereitung, zum Beispiel in öffentlichen Anhörungen, wenn sich Abgeordnete vor einer Entscheidung ein Bild machen von der Sichtweise einzelner Interessengruppen. Dabei wird nie nur eine Seite gehört, im Gegenteil, in den Ausschusssitzungen geht es häufig sehr kontrovers zu. Die Hoheit über die Gesetzgebung bleibt selbstverständlich immer beim Parlament. Es kann den Ideen und Vorschlägen der Lobbyisten folgen oder sie verwerfen.

Zu den Interessengruppen, die im Umfeld des Bundestages aktiv sind, zählen übrigens nicht nur Wirtschaftsvertreter (das Stichwort „Lobbyist“ wird sehr oft als Synonym für Vertreter der Wirtschaft verstanden), sondern auch Interessenvertreter aus vielen anderen Bereichen: Umwelt, Kultur, Soziales usw. Greenpeace, BUND oder Gewerkschaften sind Beispiele für solche Interessengruppen, die beim Bundestag registriert sind. Eine aktuelle Liste aller beim Bundestag registrierten Gruppen finden Sie unter

http://www.bundestag.de/wissen/archiv/sachgeb/lobbyliste/...

Nicht die offene Zusammenarbeit von Abgeordneten und Lobbyisten ist das Problem. Solange diese transparent erfolgt, also nicht etwa verdeckt oder unter falschem Namen, ist daran nichts auszusetzen.

Ihre Anfrage datiert vom April; inzwischen hat die Bundesregierung entschieden, dass Mitarbeiter externer Unternehmen zwar weiter in Ministerien arbeiten, aber nicht mehr Gesetzentwürfe entwickeln dürfen. Außerdem dürfen sie keine Leitungsfunktionen besetzen. Grundsätzlich hat man mit der Zusammenarbeit jedoch gute Erfahrungen gemacht, so dass sie fortgesetzt werden soll. Auch das Bundesverfassungsgericht und der Bundesrechnungshof sind der Ansicht, dass externe Berater die Verwaltung bei ihrer Arbeit wirksam unterstützen können.

Mit freundlichen Grüßen

Abteilung Presse und Kommunikation