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Beantwortet
Autor Robert Hupperich am 02. Dezember 2012
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Glauben und Leben

War Maria Jungfrau

Sehr geehrter Herr Kardinal Meisner,

ich habe eine Frage zur Jungfrauenschaft Mariens.

In der Zeitschrift AdventsZeit stellt Kaplan Gereon Rautenbach die Frage ist Maria Jungfrau gewesen und beantwortet Sie mit`:
dieses Wunder ist nicht zu erklären (frei übersetzt).

Nun kann ich wenn ich im 1. Satz des Glaubensbekenntnisses bete "Ich glaube an den allmächtigen Gott" nachvollziehen das dem Allmächtigen nichts unmöglich ist, also auch nicht eine Geburt, die durch das Wirken des Heiligen Geistes herv0rgeruufen wurde.

Ich glaube also das Maria zum Zeitpunkt der Geburt Jesu Jungfrau war.

Es folgen jedoch in den Evangelien mehrere Stellen in denen
von ihrem "Erstgeborenen" die Rede ist.
Auch die Textstelle "draussen stehen deine Mutter und deine Brüder" und die Bezeichnung des Apostels Jakobus als "Bruder des Herrn"

All diese Stellen weisen meiner Ansicht nach darauf hin, dass
Maria zwar Jesus jungfräulich geboren hat, danach aber ein normales Eheleben mit Josef geführt und weitere Kinder zur Welt gebracht hat. Das wäre ja auch nicht verwerflich, weil Gott die Geburt von Kindern und den dazu erforderlichen Zeugungsakt ja selbst in seiner Schöpfung eingerichtet hat.

Wenn das allerdings so ist, muss dann die Kirche dies nicht anerkennen und z.b. das Rosenkranzgebet, in welchem wir die Jungfrau "den du oh " Jungfrau" vom Heiligen -Geist empfangen, zu Elisabeth getragen, geboren usw. hast" in den du oh "Frau" abändern?

Für eine Beantwortung dieser Frage wäre ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Robert Hupperich

+69

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Antwort
von Joachim Kardinal Meisner am 22. Januar 2013
Joachim Kardinal Meisner

Sehr geehrter Hupperich,

zunächst einmal freue ich mich, dass Sie grundsätzlich unseren Glauben an die Allmacht Gottes bejahen. Es ist ja auch genau dieser Zusammenhang, den das Lukas-Evangelium erkennen lässt, wenn der Engel die durchaus menschlich nachvollziehbare Frage Marias: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ mit dem Hinweis auf diese Allmacht Gottes beantwortet. Dabei zielt diese Antwort, dass „für Gott nichts unmöglich ist“ (Lk 1,37) in zwei Richtungen. Rückwärts gelesen ist es eine Anspielung auf die Empfängnis der alt gewordenen und bis dahin unfruchtbaren Sara. Ihr Zweifel an der Sohnesverheißung wird ebenfalls mit dem Hinweis auf die Allmacht Gottes beantwortet (vgl. Gen 18,14). Lukas verweist aber auch nach vorne in sein Evangelium hinein. In Kap. 18 fragen die Jünger Jesu diesen nämlich, wer überhaupt gerettet werden könnte, wenn Jesus schon den reichen Jüngling ziehen lässt, der doch nachfolgen wollte, allerdings seinen Reichtum behalten wollte. „Was für Menschen unmöglich ist, ist für Gott möglich.“, antwortet Jesus in Lk 18,27. Die Geistgewirktheit seiner Geburt und die Erlösung des Menschen durch ihn bilden einen einzigen Glaubenszusammenhang. Alles andere wären Vorstellungen von Selbsterlösung, gegen die die Heilige Schrift ihre Stimme erhebt.

Die von Ihnen gebrachten Einwände gegen die bleibende Jungfräulichkeit Mariens, die einerseits tatsächlich in der Hl. Schrift nirgendwo ausdrücklich angesprochen, aber seit frühester Zeit von der Kirche geglaubt wird, leuchten vordergründig ein. Bei genauerer Betrachtung sind sie aber tatsächlich kein Gegengrund. Der „Erstgeborene“ (Lk 2,7) ist ein Rechtsbegriff, der für sich steht und überhaupt nichts darüber aussagt, ob die Frau noch weitere Kinder zur Welt gebracht hat oder nicht. Er ist zu verstehen auf dem Hintergrund des alttestamentlichen Rechts, dass alle „Erstgeburt“ im umfassenden Sinn, d.h. die Erstlinge des Getreides und anderer Früchte und auch erstgeborene Tiere Gott als Dankopfer darzubringen sind, da letztlich er der Geber aller dieser Schöpfungsgaben ist. Prinzipiell gilt das auch bei erstgeborenen Kindern. Da Israel aber kein Menschenopfer kennt, sieht das Recht ein Ersatzopfer vor, das die Dankbarkeit Gott gegenüber zum Ausdruck bringt, ohne dass ein Mensch sterben muss. Genau auf diesen Ritus nimmt aber Lukas in 2,22-24 als Hintergrund für den Tempelbesuch Marias und Josefs in Jerusalem Bezug. Ihm ist es wichtig, dass der menschgewordene Gottessohn nicht nur Fleisch angenommen hat, sondern sich auch dem geltenden Gesetz unterworfen hat, um es sozusagen von innen heraus neu zu füllen (Lk 2,22.23.24.27 sprechen deshalb immer wieder von der Gesetzesgemäßheit des Geschehens in Jerusalem und Paulus sagt in Gal 4,4: „… geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt“.) Die Bezeichnung „Brüder“ ist schließlich im ganzen orientalischen Sprachraum nicht festgelegt auf die bei uns geläufige Bedeutung, sondern kann durchaus weitere Familienverwandte meinen. So gibt es z. B. kein eigenes Wort für Cousin, erst recht wird dabei nicht nach den uns geläufigen Graden unterschieden.

Sie haben Recht: An einer weiteren Kinderschar aus dem Schoße Mariens wäre sicher nichts Verwerfliches. Von ihr ist aber im Neuen Testament keineswegs eindeutig die Rede. Sonst hätte die, wie bereits gesagt, sehr alte Tradition von Jesus als dem einzigen Kind aus dem Schoße Mariens sich auch kaum so schnell herausbilden können. Außer dieser Tradition gibt es keinen letztgültigen Beweis für die bleibende Jungfräulichkeit Marias, aber auch keinen wirklich tragfähigen und zwingenden Grund, an ihr zu zweifeln. Dieser Glaube zeugt weder von Sexual- noch von Kinderfeindlichkeit, sondern von dem tiefen Einschnitt in das Leben Mariens, die ihre Berufung zur Gottesmutter angenommen und schließlich auch ausgehalten hat, um durch ihr Ja Gottes Ja in die Welt hinein zu vermitteln.

Mit herzlichen Grüßen