Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Frank Sterzinger am 25. Juli 2007
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Arbeitsmarkt

Arm durch Arbeit

Sehr geehrter Herr Platzeck,

mein Anliegen betrifft das Arbeiten für einen sittenwidrigen Lohn von unter 7,50 Euro.
Es kann nicht mehr angehen, dass es eine Vielzahl der deutschen Bürger gibt, die mit ihrem geringen Einkommen nicht einmal ihren Lebensunterhalt finanzieren können.
Man ist somit gezwungen Nebenjobs anzunehmen, um halbwegs finanziell seine Existenzgrundlage sicher zu stellen.
Politiker dagegen können sich nach "eigenem Ermessen" (Diäten) erhöhen ohne das der normale Bürger sich dagegen zur Wehr setzen kann und diese Gelder sind Steuergelder!

Warum gibt es solche massiven Unstimmigkeiten seitens der SPD um einen gestzlichen Mindestlohn in Deutschland?
In anderen europäische Länder um Deutschland herum geht es doch auch.
Daher brauch sich der Staat auch nicht wundern, wenn die Bevölkerungsdichte weiter abnimmt, da es im Ausland vorallem für junge Menschen attraktivere Arbeitsbedingungen gibt.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zum Thema Mindestlohn ihren Standpunkt darlegen würden.

Mit freundlichen Grüßen
Frank Sterzinger

+191

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Antwort
von Matthias Platzeck am 10. September 2007
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Sterzinger,

ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass es nicht angehen kann, wenn Bürgerinnen und Bürger selbst bei ganztägiger Arbeit nicht von ihrem Einkommen leben können.

Unternehmen müssen für die gute Arbeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter menschenwürdige und auskömmliche Löhne zahlen. Das ist eine Kernfrage sozialer Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Die Einführung von Mindestlöhnen ist für Sozialdemokraten daher ein Vorhaben von ganz zentraler Bedeutung. Da gab es auch nie "Unstimmigkeiten seitens der SPD"; sondern: Da sind wir uns einig.

Denn auskömmliche Löhne sind auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Wachstum und Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft können sich nicht auf Dumping-Löhnen gründen. Unsere Vorteile liegen gerade in gut qualifizierten und motivierten Fachkräften, flexiblen Arbeitszeiten und einer guten Infrastruktur. Die sind nicht zum Nulltarif zu haben. Und: Ein angemessenes Lohnniveau ist nicht zuletzt für die Kaufkraft und Nachfrage und damit für eine nachhaltige Konjunkturentwicklung wichtig.

Es freut mich, dass wir auf Bundesebene der CDU jüngst abringen konnten, dass es mit den Postdienstleistungen für eine weitere Branche einen Mindestlohn geben soll.

Ich halte es bei unserer Tradition des sozialen Ausgleichs zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern für einen guten Ansatz, wenn zunächst die Tarifparteien das erste Wort haben. Wenn dies nicht gelingen sollte, müssen wir uns auf einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn verständigen.

Ich bedauere es, dass sich die CDU nicht stärker in diese Richtung bewegt hat. Der von den Koalitionspartnern auf Bundesebene erzielte Kompromiss bleibt an dieser Stelle unbefriedigend. Aber auch hier gilt: Politische Überzeugungen sind die eine, politische Mehrheitsverhältnisse die andere Seite der Medaille.

Sie sprechen in Ihrer Frage die europäische Ebene an. Es ist richtig, dass die Mehrheit der europäischen Länder bereits über Mindestlöhne verfügt und damit gute Erfahrungen macht. Mit einer Lohngrenze nach unten würde sich Deutschland in guter Gesellschaft befinden.

Ich bin mir sicher, dass die Einführung von Mindestlöhnen auch in Deutschland schneller gehen wird, als mancher denkt und mancher hofft. Die CDU wird ihr Nein früher oder später aufgeben müssen.

Ein Wort am Rande zu den von Ihnen angesprochenen Diäten der Politiker: In Brandenburg haben die Parlamentarier dafür Sorge getragen, dass die Entwicklung der Diäten nicht losgelöst von der Einkommensentwicklung verlaufen kann.

Mit freundlichen Grüßen