Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Marina Menzer am 18. April 2011
8001 Leser · 72 Stimmen (-0 / +72) · 1 Kommentar

Vorhaben, Vorschläge und Ideen

Förderung neuer Technologien = renditeträchtiger Atomausstieg

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, auf Grund der gegenwärtig geführten Diskussionen um einen schnellen bezahlbaren Atomausstieg, sehe ich neueste Technologien und Forschungsergebnisse zu wenig bzw. überhaupt nicht berücksichtigt. 1. Beispiel Spanien: Dort entsteht bei Alicante auf 50 km² eine großtechnische Anlage zur Erzeugung von Sprit aus Algen. Hierfür wird aus einem benachbarten Betrieb das anfallende CO² verwendet, worauf sich dessen Schadstoffausstoß um ca. 80% verringert. Das sonst sinnlos in die Umwelt geblasene CO² wird jetzt den Algen zugeführt, wobei diese mit Hilfe von Sonnenlicht so schnell wachsen, daß ihr Gewicht sich täglich vervielfacht.. Daraus wird dann nach einem lizenzierten Verfahren Erdöl bzw. Benzin hergestellt, was sogar einen noch höheren Brennwert als Kerosin hat, bei einem gleichzeitig viel geringerem Schadstoffausstoß (siehe im Internet: "Benzin aus Algen"). Eine Fläche von 50 km² könnte so den Bedarf von 4 Bundesländern sichern. Da Brandenburg ein Flächenland ist und wir sowieso als Braunkohleland bundesweit die CO²-Schleuder sind, wäre das doch DIE LÖSUNG !!! Auch wenn wir uns bereits mit anderen Bundesländern hinsichtlich Sunfuel engagieren, halte ich dies perspektivisch für keine gute Lösung. Warum? Der Ertrag ist mit 3000-4000 L / Ha im Gegensatz zu Sprit aus Algen einfach viel zu gering. 2. Bei der Algenproduktion kann man auf brachliegende Flächen zurück greifen, Die Produktion von Sprit aus Algen würde so nicht zwangsläufig in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion treten. Da landwirtschaftliche Fläche nicht beliebig vergrößert werden kann (sie schrumpft ja eher), ist dies auch ein Gebot der Ethik und Vernunft, denn durch einen abnorm hohen Flächenverbrauch zur Energiegewinnung (Ethanol / Sunfuel) verteuern sich gleichzeitig Grundnahrungsmittel, da für deren Produktion weniger Anbaufläche zu Verfügung steht. Außerdem steigen so die Weltmarktpreise immer schneller, was ein Afran gegenüber den Armen dieser Welt wäre. Wir müssen verstehen, ALLES HÄNGT MIT ALLEM ZUSAMMEN, LEBENSMITTEL GEHÖREN NICHT IN DEN TANK. In Brasilien wird für die Ethanolproduktion großflächig der Regenwald abgeholzt, obwohl heute jedes Kind weiss, das der Regenwald für das Weltklima und damit für uns eine existenzielle Bedeutung hat (Klimaerwärmung, immer mehr extreme Stürme, zunehmende Bodenerosion, fortschreitende Verwüstung, siehe auch Massencrash mit 80 Fahrzeugen, 8 Toten und 131 Verletzten in Mc Pom bei Rostock). Da auch Deutschland aus Brasilien, neben Grundstoffen für die Papierindustrie auch Ethanol importiert, beteiligen wir uns letztendlich, CO² -Abgabe hin oder her, auch an der Vernichtung des Regenwaldes. 2.Beispiel: Die Grätzelzelle, sie steht für eine sehr kostengünstige Variante der Solarzelle, da man für deren Produktion keine teuren Rohstoffe mehr benötigt. Sie kann z.B. in Fensterscheiben eingearbeitet werden, da sie lichtdurchlässig ist oder auch großflächig auf Fassaden, Möbeln, Autos usw. aufgebracht werden. Sie hat zwar einen geringeren Wirkungsgrad als die bisher bekannten teuren Solarzellen, ist dafür aber auch nicht mehr auf direkte Sonnenbestrahlung angewiesen. Die Grätzelzelle braucht nur normales Licht, was deren Einsatzmöglichkeiten quasi explosionsartig ansteigen läßt. 3. Beispiel: Die Lithium-Luft Batterie, sie eröffnet uns die Möglichkeit die automobile Fortbewegung zu revolutionieren. Mit einer Tank- pardon Batteriefüllung ca. 800 km zu fahren wird dann sicher kein Problem mehr sein. Natürlich paßt die energiepolitische Neuorientierung der Bundesregierung den Betreibern der KKW überhaupt nicht ins Konzept. Obwohl der Atomstrom die bei weitem teuerste Energie ist, funktioniert so ein KKW zunächst wie eine Gelddruckmaschine. Für den relativ kurzen Moment der Energiegewinnung füllen sich die Atombosse die Taschen, doch wenn es um die Entsorgung und Lagerung des 200.000 Jahre strahlenden Mülls geht, soll die Allgemeinheit, also der Steuerzahler aufkommen, genau so wie für die Bewältigung von Atomkatastrophen (siehe Fukushima und Tschernobyl) . In der zielgerichteten Förderung von zukunftsweisenden Technologien durch Bund und Land, sehe ich auch eine riesige Chance bei der Umstellung auf erneuerbare Energien und des Exports. Werden Sie Ihren Einfluss geltend machen?

+72

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Antwort
von Matthias Platzeck am 28. Juni 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrte Frau Menzer,

mit Ihrer Frage berühren Sie eines der wichtigsten Themen unserer Zeit: Wie gelingt es uns künftig, den Energiebedarf der Menschheit zu decken und dabei schonend mit unserer Umwelt umgehen? Dazu bedarf es nicht nur politischer Entscheidungen, sondern neben einer objektiven Einschätzung der Gegebenheiten auch Kreativität zur Entwicklung von Klima schonenden Lösungen und einer entsprechende Förderung der notwendigen Forschungen. Dazu ist aber vor allem auch Akzeptanz in der Bevölkerung für ein Umsteuern in der Energiepolitik nötig. Es geht auch um die Bereitschaft, sich mit den Folgen der Energiewende auseinander zu setzen. Aus Ihrem Beitrag, sehr geehrte Frau Menzer, spricht dieses Engagement. Sie haben sich informiert und Denkanstöße weiter gegeben. Dafür danke ich Ihnen sehr.

Mit Blick auf die künftige Energiepolitik in Deutschland verfolgt Brandenburg seit langem eine klare Strategie: Schrittweise und unumkehrbar aus der Atomenergie aussteigen, die Nutzung Erneuerbarer Energiequellen konsequent ausbauen und konventionelle Energieträger wie die heimische Braunkohle als Brückentechnologie für den Übergang nutzen. Wenn wir gleichzeitig unsere Klimaschutzziele erreichen wollen, muss nach Wegen gesucht werden, die Braunkohleverstromung klimafreundlicher zu machen. Die CCS-Technologie kann dabei unter bestimmten Voraussetzungen eine wichtige Option sein. Parallel dazu wird die Landesregierung mit Unterstützung des Bundes die Grundlagenforschung zur Nutzung, Umwandlung sowie zur chemischen und biologischen Fixierung von CO2 ausbauen.

Ich versichere Ihnen: Unsere guten Zuwachsraten bei den Erneuerbaren Energien müssen und wollen wir halten! Und wir wollen, dass auch 2012 und mithin zum 3. Mal hintereinander – das Land Brandenburg als erfolgreichstes Bundesland bei den Erneuerbaren mit dem „Leitstern“ ausgezeichnet werden kann. Zugleich stimme ich mit Ihnen überein: Wir sollten an einem intelligenten Energiemix und an der öffentlichen Akzeptanz dafür mit Hochdruck arbeiten. Biotechnik gegen Klimakiller - wie von Ihnen im Bluepetrol-Beispiel beschrieben - gilt vielen Forschern als ein möglicher Ansatz. Bisher existieren kleinere Algenzuchtanlagen, so in Senftenberg von Vattenfall oder in Nordrhein-Westfahlen von NRW Power oder eben auch in Spanien bei Alicante, die allerdings nicht auf 50 km², sondern nach Erkenntnis meiner Mitarbeiter auf 0,5 km². Neue Erkenntnisse werden übrigens auch in Brandenburg gesucht. Das Institut für Getreideverarbeitung in Bergholz-Rehbrücke forscht seit Jahren über die und mit den Mikroalgen. Daneben will eine ganze Generation neuer Firmen die Abhängigkeit vom Erdöl lindern. So produzieren sie Biosprit aus erneuerbaren Energien, Wasser und CO². Welche Technologien letztendlich die denkbar besten sind, muss bis zur Marktreife verlässlich getestet werden.

In Brandenburg haben sich in den vergangenen Jahren Unternehmen der Photovoltaik-Industrie und der dazugehörigen Wertschöpfungsketten angesiedelt, die sich auf die Silizium- und Dünnschichtsolarzellen und -paneele konzentrieren und dazu Kooperationen aufbauen. Sie werden durch das Land unterstützt. Die Grätzelzelle, auch als Farbstoffsolarzelle bekannt, ist bisher im Leistungsspektrum Brandenburgischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen nicht vertreten. Die mit dieser Zellform verbundenen Fragen bedürfen noch wissenschaftlicher Aufarbeitung, eine Produktionseinführung ist nach meiner Kenntnis noch nicht in Sicht.

Die von Ihnen beschriebene Lithium-Luft Batterie wird durch mehrere führende deutsche Konzerne entwickelt und soll die Reichweite von Fahrzeugen mit einer Batterieladung an die von Fahrzeugen mit Flüssigkraftstoffantrieb heranführen. Mit einer Serienproduktion wird frühestens 2014 gerechnet.

Generell gilt: Das Land Brandenburg hat sich immer gegen das Hinausschieben des Atomausstiegs gewandt und begrüßt die jetzige Kehrtwende von der Atomkraft hin zu den Erneuerbaren Energien. Hierbei ist es wichtig, dass die Bundesregierung die Erforschung von alternativen Energien und vor allem auch Speichertechnologien als einen Schwerpunkt der neuen Energiepolitik anerkennt und entsprechend fördert. Dafür setze ich mich ein.

Mit freundlichen Grüßen


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