Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Uwe Schilling am 20. Juli 2011
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Soziales

Vergütung Öffentlich geförderte Tagesmütter

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich hatte immer Hochachtung vor Ihnen und Ihrer konsequenten Politik. Vor allem in den ersten Jahren, als Nachfolger von Manfred Stolpe, habe ich mir von Ihnen viel versprochen, genauso wie 10000 Andere auch.
Doch in zunehmenden Maße versinkt das Lannd unter ROT-ROT im Chaos.

Ein konkretes Beispiel:
Meine Lebensgefährtin arbeitet 2012 im Februar 10 Jahre als öffentlich geförderte Tagesmutter im Landkreis Oberspreewald Lausitz für einen Hungerlohn, der geradezu lachhaft ist. Meine Lebensgefährtin hat einen tadellosen Ruf und ist immer ausgebucht. Das Jugendamt bescheinigt Ihr die allerbesten Noten.

Warum, Herr Ministerpräsiditent, ist die Entlohnung, dieser aufopferungsvollen Arbeit so mies?
2,20 €/ Stunde und Kind dazu 25 € Aufwandsentschädigung!
Wie geht das?

Das sind pro Monat und Kind ( bei 8 Stunden/ 21 Tage )
369,60 € plus 25 € Aufwandsentschädigung = 394, 60 €
Bei maximal 5 Kindern =1973,00 €
Das Herr Ministerpräsident im eigenen Haushalt!
Im Klartext, mehr Wasserverbrauch, mehr Stromverbrauch, mehr Heizöl oder Gas-Verbrauch, mehr Müll, Telefon muß sein, Fahrten zur Weiterbildung auch.

Dazu wird pädogisch wertvolles Spielzeug, angepasste Rahmenbedingungen ( Spielpkaqtz, Buddelkasten, Spielzimmer )! Alles muß repariert, renoviert und sauber gehalten werden. in den knapp 10 Jahren, gab es bis jetzt 2 mal einen Zuschuss von insgesamt 2300 €! Ein Tropfen auf den heißen Stein! Ja die hygienischen Bedingungen. Es muß auch mal gewaschen werden, Lätzchen, Waschlappen, Bettwäsche ( die Kinder schlafen ja Mittags ). 100000 Dinge müßen erfüllt werden. Können Sie sich vorstellen Herr Ministerpräsident, wieviel zum leben bleibt?

Meine Lebensgefährtin hatte 2009 ( sie muß ja jetzte auch Steuern zahlen ) ein steuerpflichtiges Einkommen von knapp 7000 € und das inklusive der großen Witwenrente die Sie bezieht.

Herr Ministerpräsident, dass ist Sozialhilfe- Niveau!
Das diese Tagesmütter eine tadellose Arbeit leisten, wurde von den Abgeordneten Martina Gregor-Hess und Ingo Senftleben festgestellt und Beide waren voll des Lobes und Beide haben Besserung in Aussicht gestellt! Nur es passiert nichts!

Es ist ja ein Kuriosum, dass rote Brandenburg, die SPD und Linke Hochburg, zahlt die niedrigsten Tagespflege Sätze der Bundesrepublik und der Landkreis OSL im Land Brandenburg das absolute Minimum!
Herr Ministerpräsident wie sooll das angehen? Was gedenken Sie da gegen zu tun?

Ein Anregung, noch, ein Gedanke, ein Vorschlag.
Mein Lebensgefährtin, ist seit 37 Jahren Erzieherin ( Kita und jetzt Tagespflege )! Fragen Sie hier in Schwarzheide und Umgebung, nach " Tante Geli ", ein Urgestein mit einem Ruf, der einzigartig ist. Mütter von damals bringen jetzt schon die Urenkel! Junge Mütter die bei ihr in der Krippe oder im Kindergarten waren bringen ihre Kinder. Mütter die schon ein Kind bei ihr in der Tagespflege hatten, richten ihre zweite Schwangerschaft danach aus, wann ein Platz frei wird bei " Tante Geli "!

Wir sind jetzt nach dem tragischen Tod ihres Mannes 12 Jahre zusammen! Aber so eine Beliebtheits- und Bekanntheitsgrad habe ich noch nicht erlebt. Wenn wir durch Schwarzheide gehen, gibt es immer Kinder die nach Tante Geli rufen und winken!

Genauso wie ihre Erziehung und Tagespflege! Sie lebt für diese kleinen Geister und würde für Jedes alles geben!
So eine liebe " Tante Geli " sollten den höchsten Orden der Bundesrepublik erhalten! So ein Engagement ist wirklich außerordentlich!

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Schilling

+36

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Antwort
von Matthias Platzeck am 13. September 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Schilling,

vielen Dank für ihren sehr emotionalen Eintrag auf meinem Portal. Als Vater dreier Kinder kann ich nachvollziehen, wie wichtig es ist, den Nachwuchs gut aufgehoben und liebevoll betreut zu wissen. Nicht selten sind aufgrund der Berufstätigkeit der Eltern auch lange Betreuungszeiten notwendig. Insofern sehe auch ich die Tagespflege als alternative Betreuungsform zur Kindertageseinrichtung und als festen Bestandteil im Alltag vieler Familien. Sie hat sich aus Elternsicht etabliert. Weit über 1000 Tagesmütter betreuen in Brandenburg fast 5000 Kinder. Ich gehe davon aus, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Vor diesem Hintergrund hat Ihre Frage nach der Stellung der Tagesmütter im System der Kinderbetreuung und ihrer angemessenen Entlohnung auch jenseits Ihrer persönlichen Betroffenheit eine gesellschaftliche Dimension.

Tagespflege hat sich aus einer ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfe entwickelt. Erst seit wenigen Jahren finanziert die öffentliche Jugendhilfe überhaupt dieses Angebot. Zuvor war es den privaten Absprachen zwischen Eltern und Tagespflegern überlassen. Tatsächlich gibt es heute in der Tagespflege – so haben mir Experten berichtet - erkennbare „Professionalisierungstendenzen“. Das heißt: Es gibt Qualifizierungsangebote und es gibt Sozial- und Unfallversicherungen für die Tagespflegepersonen. Das alles verändert diese Tätigkeit von der zuweilen honorierten, in der Regel aber ehrenamtlichen Kinderbetreuung zu einer Art freiberuflichen Tätigkeit. Deshalb wird es immer wichtiger, über die Anerkennung der Erziehungsleistung und die Aufwandsentschädigung nachzudenken. Einige Jugendämter sind hier bereits deutlich aktiv geworden und haben die Vergütung der Qualifikation der Tagespflegepersonen und der Dauer der Betreuung angepasst.

Sie haben es bereits angedeutet, dass für die vertragliche Vergütung der Leistungen selbständig arbeitender Tagespflegerinnen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig sind. Die kommunale Ebene und nicht das Land ist für die Kindertagesbetreuung zuständig. Deshalb auch variiert die Vergütung in den Landkreisen, zudem hängt sie auch von den verschiedenen Einkommenssituationen im Land, vom sehr unterschiedlichen Platzbedarf in den Regionen und dem sehr speziellen Tagespflegebedarf ab. Ich möchte Ihnen deshalb empfehlen, sich mit dem örtlichen Jugendamt in Verbindung zu setzen und in einem Gespräch zu klären, ob Sie bereits alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen. Denn neben einem Entgelt für den Betreuungsaufwand stehen Ihnen finanzielle Mittel für die Erstattung des Sachaufwandes zu. Zusätzlich können Tagespflegerinnen einen Zuschuss zur Altersvorsorge beziehungsweise die Hälfte der Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung beantragen, sofern sie Ausgaben dafür nachweisen können. Außerdem werden die Hälfte der Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung erstattet. Ich weiß, das klingt kompliziert. Aber Ihre Lebensgefährtin ist vom Status her nun einmal selbständig und muss sich deshalb auch um all diese Fragen selbst kümmern.

Lassen Sie mich noch einen sehr persönlichen Gedanken anfügen. Ich vermute, Sie haben von Zeit zu Zeit überlegt, ob sich Ihre Frau mit 37 Jahren Berufserfahrung nicht bei einer Kindertagesstätte in ihrer Region bewerben sollte. Ich könnte mir vorstellen, dass sie bei den geschilderten Fähigkeiten und ihrem Engagement eine wertvolle Stütze in einem Kita-Team sein könnte. Sicher haben Sie Gründe für Ihre gemeinsame Entscheidung anders zu verfahren, aber ich wollte die Überlegung nicht zurückstellen, gerade weil sie auch anderen Lesern meines Portals ein Signal des sich abzeichnenden Fachkräftemangels gibt.

Sehr geehrter Herr Schilling,

seien Sie versichert, der Tätigkeit Ihrer Lebenspartnerin zolle ich allerhöchste Anerkennung. Wie aufopferungsvoll und mit welcher Hingabe Tagesmütter und Erzieherinnen unsere Kinder betreuen, ist beispielhaft für viele andere Berufsgruppen.

Mit freundlichen Grüßen


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