Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Dana Thomas am 13. Juli 2012
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Sonstiges

Eine Bitte von Lieschen Müller

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

hier ist wieder Lieschen Müller. Ihre Antwort auf meine Frage vom 17.02.2012 habe ich dankend zur Kenntnis genommen und auch ein wenig Mut geschöpft, was die Zukunft unserer Region angeht. Immerhin macht sich tatsächlich ein spürbarer Fachkräftemangel bemerkbar. Aber das ist sicherlich nicht nur in Sonnewalde so. Auch die problematische Situation mit der hohen Schuldenlast als Mitglied eines Wasser- und Abwasser-Zweckverbandes teilt sich Sonnewalde mit vielen anderen Kommunen Brandenburgs. Die Fehler der Vergangenheit wurden längst erkannt, und es ist inzwischen keine Frage mehr, dass gerade die großen Abwasseranlagen mit hohem Erschließungs- und Instandhaltungsaufwand in dünn besiedelten Landstrichen keine beherrschbare Lösung darstellen.

Nun hat Sonnewalde ein relativ kleines Klärwerk, aber wie sollte es anders sein, gibt es im Zweckverband auch noch ein sehr sehr großes. Aktuell soll darüber entschieden werden, ob Sonnewalde besser an die große Kläranlage in Lindena angebaut werden soll.

Sonnewalde strebt nach Einrichtung einer dem heutigen Wissen über demografische Entwicklung, Energieeffizienz und Umweltbewußtsein entsprechend zukunftsfähigen Abwasserbeseitigungsstruktur.
In ihrer Antwort auf "Hin zur Dezentralisierung" vom 15.02.2012 versichern sie Herrn Lehmann,
"dass sich auch im Fall Ihrer Stadt mit einer gut aufgestellten kommunalen Selbstverwaltung und klug abgewogenen Entscheidungen die Probleme lösen lassen."
(gemeint ist auch hier Sonnewalde)

Aber damit hat Sonnewalde ein Problem, das wahrscheinlich keine andere Kommune in Brandenburg hat: Als kleineres von zwei Versorgungsgebieten muss sich das Sonnewalder Gebiet aufgrund der Stimmenverteilung im Zweckverband dem Willen des anderen Gebietes unterordnen. Alle Bemühungen um bessere Lösungen bei der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung für unsere Stadt und seine Ortsteile sind chancenlos. Unsere Vertreter resignieren fast nach Jahren in diesem unhaltbaren Zustand, die Bürger verlieren das Vertrauen in die Demokratie. Die gewählten Kommunalpolitiker können die Interessen ihrer Bürger nicht vertreten und haben Ihnen, sehr geehrter Herr Platzeck einen Brief geschrieben mit der Bitte, die Verhältnisse so zu klären, dass Sonnewalde das Recht eingeräumt wird, Entscheidungen nicht nur klug abzuwägen, sondern auch SELBST zu treffen.

Und dieser Bitte schließe ich mich in der Hoffnung an, dass Sie dieses Problem nicht einer anderen Zuständigkeit zuweisen, auch wenn es nur um eine kleine Stadt und ein paar Dörfer geht.

Zur Vervollständigung des Beitrages meine Frage:

Werden Sie meiner / unserer Bitte nachkommen?

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Lieschen Müller

+120

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Antwort
von Matthias Platzeck am 20. August 2012
Matthias Platzeck

Sehr geehrte Frau Thomas,

ich danke Ihnen sehr für Ihr Engagement vor Ort und Ihre Darstellung der Probleme von Interessensvertretung auf kommunaler Ebene, die Sie unter dem Pseudonym ´Lieschen Müller´ sozusagen als Volkes Stimme artikulieren. Schon aus Ihrer Wortmeldung wird deutlich, dass wir es hier mit einem klassischen Fall der kommunalen Selbstverwaltung zu tun haben. Für solche Angelegenheiten garantieren das Grundgesetz und die Landesverfassung eine eigenverantwortliche Erledigung der Aufgaben durch die Gemeinden.

Dass die Kommunen sich diesen Aufgaben stellen, zeigt auch Ihr Beispiel. Viele Kommunen arbeiten – wie auch die Stadt Sonnewalde – mit Nachbargemeinden zusammen, um Aufgaben gemeinsam zu erledigen. Insbesondere bei der Wasserver- und Abwasserentsorgung, wo hohe Investitionen zu tätigen sind, kann so effektiver und wirtschaftlicher gehandelt werden. Dies kommt den Bürgerinnen und Bürgern zugute. Aus diesem Grund hat Sonnewalde im Jahr 2007 mit anderen Gemeinden einen Zweckverband gebildet, der für alle Beteiligten die Wasserver- und Abwasserentsorgung übernimmt. Nach meinen Informationen wurde bei der Gründung des Zweckverbandes der weite Spielraum des Gesetzgebers genutzt, so dass einzelne oder alle Mitgliedsgemeinden mehrere Vertreter entsenden können oder mehr als nur eine Stimme haben.

Hier wird deutlich, was ich mit kluger Austarierung der Interessen aller Verbandsmitglieder meine. Schon bei der Verbandsbildung müssen sachliche und geografische Besonderheiten, aber auch die politischen Verhältnisse vor Ort innerhalb des Zweckverbandes angemessen und selbstbestimmt abgebildet werden. Die Mitgliedschaft in einem Zweckverband bedeutet für die einzelne Gemeinde stets, dass sie innerhalb der Verbandsversammlung für ihre Positionen werben, Überzeugungsarbeit leisten und auch Kompromisse eingehen muss. Das ist genauso wie auf anderen Feldern der Politik oder auch in anderen Bereichen der Gesellschaft. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass es dem Einzelnen nicht immer gelingt, seine Interessen in vollem Umfang durchzusetzen. Schließlich ist die Satzung von 2007 Ergebnis der vor Ort abgewogenen und getroffenen Entscheidungen im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung.

Sehr geehrte Frau Thomas, ich verstehe Ihre Sorgen gut. Dennoch: Aus all dem Gesagten folgt, dass ich Ihrer zum Schluss geäußerten Bitte einfach nicht nachkommen kann. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich diese durch die Kommunen getroffene Verbandsbildung respektieren muss. Ich weiß: es ist nicht immer einfach, Mehrheitsverhältnisse zu akzeptieren, wenn Sie dem eigenen Streben nicht entsprechen. Doch tun wir dies nicht, bricht der Wesenskern der Demokratie auseinander, der unser Land zusammenhält und seine Zukunft sichert. Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen gelingt nicht dadurch, demokratische Entscheidungen durch undemokratische Einmischung aufzuheben.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Platzeck