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Beantwortet
Autor Jörg D. am 06. Oktober 2009
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Verbraucherschutz und Verbraucherrechte

Bankenkrise und Wucherzinsen

Sehr verehrte Frau Bundesministerin Aigner,

im Juni d. J. hat die Europäische Zentralbank rd. 1.100 Banken 442,24 Mrd. Euro mit einem Festzins i. H. von 1 % (ein Prozent!) für ein Jahr zugeteilt resp. "geliehen"! Damit sollte dem Geldmarkt Liquidität zur Verfügung gestellt werden und auch Unternehmen aus der Kreditklemme geholfen werden!

Von meinem EDV Fachmann hörte ich heute, dass er bei seiner Sparkasse für einen kurzfristigen Kredit über 20 % Zinsen pro Jahr bezahlen sollte! Mir liegt ein aktueller Preisaushang einer dt. Geschäftsbank vor, die für "geduldete Überziehungskredite" 18,74 % Zinsen pro Jahr verlangt!

Meine Frage:

Die Banken zahlen 1 % Zinsen, auch auf Kosten aller Sparer, die kaum noch Zinsen für ihr Geld erhalten und verleihen es zum 18 bis 20 fachen Preis an uns Bürger, die mit Steuergeldern etliche Banken gerade erst vor dem sicheren Untergang bewahrt haben!

M. E. liegt hier der Tatbestand des § 138 unseres Bürgerlichen Gesetzbuches vor:

"Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher.

Wie lange müssen wir Bürger diesen Umstand noch hinnehmen? Was denken Sie genau zu tun, damit dieses Geschäftsgebahren der Banken ein Ende findet? Muss ich als Bürger Klage gegen diese Wuchergeschäfte einlegen, oder werden Sie, sehr verehrte Frau Bundesministerin Aigner, in dieser Angelegenheit tätig?

Vielen Dank für eine baldige Antwort!

Mit freundlichen Grüssen

Jörg Dudel

+77

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Antwort
von Ilse Aigner am 09. Dezember 2009
Ilse Aigner

Sehr geehrter Herr Dudel,

vielen Dank für Ihre Frage, Ihre Verärgerung über die Höhe der Sollzinssätze der Kreditwirtschaft gegenüber ihren Kunden ist absolut verständlich.

Mein Ministerium hat bereits vor einiger Zeit die Sollzinssätze mit der Entwicklung der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank verglichen und hierbei festgestellt, dass die Kreditwirtschaft Dispozinsen nur unzureichend und zeitlich verzögert an die gesunkenen Leitzinsen angepasst hat.

Sie nennen das Stichwort "Wucher": Ein Fall des Wuchers im juristischen Sinne liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung um 100 Prozent oder mehr über dem Marktpreis liegt.

Nach den Statistiken der Bundesbank liegt der Effektivzinssatz der Banken für Überziehungskredite durchschnittlich bei rund 10,6 Prozent (Stand: August 2009). An diesem Maßstab ist also der Sollzinssatz der einzelnen Bank oder Sparkasse zu messen.

Aber die Zinspolitik vieler Banken und Sparkassen ist aus einem weiteren Grunde problematisch:

Der Bundesgerichtshof hat am 21. April 2009 entschieden, dass die Banken zu einer spiegelbildlichen Weitergabe von Kostenminderungen an die Kunden verpflichtet sind, wenn sie sich eine Preiserhöhung im Falle von Kostensteigerungen vorbehalten haben.

Die Zinsanpassung darf nach meiner Überzeugung also keine Einbahnstraße sein: Wenn die Banken das Recht in Anspruch nehmen, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, trifft sie auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken.

Ich habe die Kreditwirtschaft dazu aufgefordert, dieses Urteil zu berücksichtigen und die erforderlichen Zinsanpassungen unverzüglich vorzunehmen.

In einem Spitzentreffen des Bundesfinanz- und des Bundeswirtschaftsministeriums mit den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft und der Wirtschaft am 1. September 2009 hat sich die deutsche Kreditwirtschaft bereit erklärt, "die Verbesserungen ihrer Refinanzierungssituation auch bei den Konditionen ihrer Finanzierungsangebote für Privatkunden (Baufinanzierung, Konsumentenkredite, Dispo-Kredite) einfließen [zu] lassen; dies natürlich in Abhängigkeit von deren Bonität und einer üblichen Risikoprüfung."

Und ich verspreche Ihnen, auch weiterhin gut zu beobachten, ob die Kreditwirtschaft sich an die rechtlichen Vorgaben und die gegebenen Zusagen hält.

Mit freundlichen Grüßen