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Autor Wolfgang Moser am 25. Februar 2013
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Energie

Die wahren Kosten aller Energieträger gerecht verteilen

Sehr geehrte Damen und Herren,

zurzeit läuft eine hitzige Diskussion über die hohen Strompreissteigerungen. Es ist richtig, daß die Strompreise unter anderem durch die EEG-Umlage stark gestiegen sind und für einkommensschwache Familien eine nicht unerhebliche Belastung darstellen. Die Diskussion wird aber meines Erachtens zur Zeit sehr unfair geführt und es wird Stimmung gegen das EEG gemacht, ohne die wirklichen Zusammenhänge aufzuzeigen. Diese Stimmungsmache wird derzeit politisch auch noch unterstützt, was dazu führt, daß die Energiewende stark behindert wird und alte Energiestrukturen längerfristig zementiert werden sollen. Dabei wären deutlich geringere politische Eingriffe in die Energiepolitik erforderlich, wenn die tatsächlichen Kosten der einzelnen Energieträger auch wirklich auf der Stromrechnung zu finden wären.
Hier werden nur die Kosten durch erneuerbare Energien ausgewiesen, die der Stromkunde zu bezahlen hat. Daß aber die Kosten der anderen Energieträger durch den Steuerzahler aufzubringen sind, wird in der Stromrechnung nicht ersichtlich und in der Diskussion gerne ausgeblendet.
Als Beispiele möchte ich nur einige Aspekte nennen:
1. Die Betreiber von Atomkraftwerken müssen keine Haftpflichtversicherung für Ihre Anlagen haben. Was im Ernstfall mit Schadenersatzansprüchen passiert, kann derzeit in Japan betrachtet werden. Müssten die Betreiber, wie allgemein üblich, für mögliche Schäden vollumfänglich haften, würden die AKW Betreiber wohl selbst daran interessiert sein, die Anlagen so schnell wie möglich los zu werden.
2. Die Kosten für Endlagerung, Rückbau, Sicherung der Atommülltransporte und Subventionen zum Ausbau der Kernenergie hat überwiegend der Steuerzahler getragen und dies scheint auch so zu bleiben.
3. Die Kosten für die Sicherung des Zugangs zu fossilen Energieträgern (Erdöl, Erdgas, Kohle) sowie Uran trägt ebenfalls der Steuerzahler. Diese bestehen zu erheblichen Teilen in Militärausgaben und werden im Zuge knapper werdender Resourcen ganz sicher noch erheblich steigen.
4. Die Umweltkosten werden gar nicht bilanziert und meist auf dem Rücken der armen Bevölkerung in Entwicklungsländern abgeladen. Der zaghafte Versuch mit CO2 Zertifikaten wurde mittlerweile so stark unterlaufen, daß die Wirkung nahezu gänzlich verpufft.
Wenn alle die Kosten, die jetzt beim Steuerzahler oder in Drittweltländern landen bzw. bequem in die Zukunft verschoben werden, auf der Stromrechnung auftauchen würden, wäre ein Strompreisanstieg um Faktor 2 oder mehr keine Überraschung.

Wie wäre die erforderliche Kostentransparenz zu bewerkstelligen und die Preisverzerrungen zu beenden ?

Ein guter Anfang wäre, die Befreiungen von der EEG-Umlage streng zu prüfen und die Kosten der anderen Energieträger zumindest als Information auf der Stromrechnung auszuweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl. Ing. (FH) Wolfgang Moser
(Unternehmer)

+3

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Antwort
Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 08. März 2013
Lucia Puttrich

Sehr geehrter Herr Moser,

vielen Dank für Ihren Beitrag auf unserer Bürgerdialogplattform in dem Sie zu Recht auf die derzeit sehr emotional geführte Diskussion um die Strompreissteigerung verweisen.

Nicht erst seit Fukushima werden die Verbraucher Jahr für Jahr von Erhöhungen der Strompreise durch ihre Versorger belastet. Allein in den vergangenen drei Jahren sind z.B. die Energiekosten für eine vierköpfige Durchschnittsfamilie mit einer Ölheizung um etwa 2.300 Euro angestiegen.

Die Kosten für Heizöl haben sich fast verdoppelt, hinzu kommt noch der gestiegene und weiter steigende Kraftstoffpreis.

Unter dem Strich machen die Stromkosten (bei einem Bezug von gut 4.400 kWh/a) gerade einmal 987 von heute 6.150 Euro Energiekosten aus. Vor drei Jahren waren es 972 von 3.826 Euro.

Sicher darf Strom kein Luxusgut werden!

Deshalb muss eine Novelle des EEG sicherstellen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt wird, aber ohne unverhältnismäßige Umlagesteigerungen. Bei der Novellierung muss auf die erforderliche Kostentransparenz geachtet werden. Unverhältnismäßige Privilegierungen und überzogene Renditen müssen beseitigt werden.

Deshalb setzt sich die Hessische Landesregierung bei den derzeit auf Bundesebene stattfindenden Abstimmungsgesprächen dafür ein, Änderungen im EEG zu erreichen, die die nachteilige Kostenentwicklung für den Endverbraucher begrenzt.

Die Bilanzierung und Berücksichtigung der Umweltkosten ist ein wichtiges aber auch schwieriges Thema. Zu solchen volkswirtschaftlichen Kostenbetrachtungen liegen bereits unterschiedlichste Studien vor. In Teilbereichen erfolgt eine entsprechende Umweltkostenberücksichtigung bereits, z. B. beim Emissionshandel. Kraftwerksbetreiber, die durch die Stromerzeugung Kohlendioxid emittieren, müssen entsprechende Zertifikate erwerben.

Allerdings bedingen solche Strategien einen gesellschaftlichen Prozess, der im Kontext der internationalen Energiemärkte nicht isoliert für ein Land vorangetrieben werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Lucia Puttrich
Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz