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Beantwortet
Autor D. Seul am 26. Februar 2010
9245 Leser · 63 Stimmen (-1 / +62)

Aktuelles

Afghanistan: Bundestag beschließt Aufstockung der Truppen

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,

Sie haben heute die Paragraphen 38 und 126 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sehr überzeugend und souverän eingesetzt, als die Partei "Die Linke" die Namen der afghanischen Zivilopfer im Bundestag auf Plakaten zeigten, die durch die von der Bundeswehr angeordneten Bombardierung der Tanklastwagen zu beklagen sind.

Wie hätten Sie sich aber verhalten, wenn nicht die Namen der afghanischen Opfer, sondern die Namen aller bisher getöteten Deutschen Soldaten plakatiert worden wären?

Vielleicht war es eine glückliche Fügung, dass es nich dazu gekommen ist.

Mit besten Grüßen
Dr. Hans-Dieter Seul

+61

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Antwort
aus dem Bundestag am 26. April 2010
Bundestagspräsident

Sehr geehrter Herr Dr. Seul,

der Plenarsaal ist der Ort, an dem über die wichtigsten Angelegenheiten unseres Landes debattiert, gestritten und per Mehrheitsbeschluss entschieden wird. Es ist grundlegend, dass für diesen demokratischen Streit „Spielregeln“ gelten, die von allen Beteiligten akzeptiert werden – gerade bei so umstrittenen Fragen wie dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, um den es in der Sitzung am 26. Februar 2010 ging.

Der Bundestagspräsident hat die betreffenden Abgeordneten während der Debatte von der Sitzung ausgeschlossen, weil sie mit ihrer Aktion bewusst gegen diese von allen vereinbarten Regeln verstoßen haben. Zu diesen Regeln gehört, dass Demonstrationen im Plenarsaal – gleich welcher Art und zu welchem Zweck – mit der Ordnung des Parlaments, über die der Bundestagspräsident zu wachen hat, unvereinbar sind. Im Plenum soll es nur ein Mittel der Auseinandersetzung geben: das gesprochene Wort. Darüber sind sich alle Fraktionen vollkommen einig – dies gilt auch für die Fraktion Die Linke. Dennoch haben Mitglieder der Linken-Fraktion diese Regel wiederholt verletzt. Aus diesem Grund hat der Bundestagspräsident im dafür zuständigen Ältestenrat schon vor einiger Zeit angekündigt, bei einer weiteren Regelverletzung demonstrierende Abgeordnete gemäß Paragraph 38 der Geschäftsordnung von der Sitzung auszuschließen. Auch im hypothetischen Fall, dass Abgeordnete – welcher Fraktion auch immer – Transparente mit den Namen der in Afghanistan getöteten deutschen Soldaten hochgehalten hätten, hätte der Bundestagspräsident daher einschreiten müssen. Der Bundestagspräsident hat seine Entscheidung noch in der Sitzung ausführlich begründet. Sie können das Plenarprotokoll vom 26. Februar abrufen unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17025.pdf.

Der Sitzungsausschluss der betreffenden Abgeordneten – der im Übrigen erst erfolgte, nachdem diese der Aufforderung, die Spruchbänder zu entfernen, nicht nachkamen – hatte mit der Position der Fraktion Die Linke zum deutschen Engagement in Afghanistan nichts zu tun und ist auch von der betroffenen Fraktion nicht beanstandet worden. Der Bundestagspräsident hält es vielmehr nicht nur für wünschenswert, sondern auch für nötig, dass über den deutschen Militäreinsatz in Afghanistan kontrovers diskutiert wird. Denn es ist das Parlament, das bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr das letzte Wort hat. Der Bundestag ist sich seiner besonderen Verantwortung für die Militäreinsätze bewusst, die bislang mit deutlichen parlamentarischen Mehrheiten beschlossen worden sind. Keinen Abgeordneten lassen die Opfer, die dieser Einsatz unter Soldaten und Zivilisten bislang gefordert hat, unberührt. Die Mitglieder des Bundestages treffen die Entscheidungen über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan nicht leichtfertig, sondern setzen sich damit ernsthaft und im Bewusstsein ihrer Verantwortung auseinander, wie die Debatten im Parlament zeigen, zuletzt am 22. April aus Anlass der Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin.

Mit freundlichen Grüßen
Abteilung Presse und Kommunikation