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Beantwortet
Autor Anton Garner am 22. Oktober 2013
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Glauben und Leben

Wie alt war Maria bei Jesu` Geburt?

Sehr geehrter Herr Kardinal Meisner,

Johannes Paul II gilt als großer Marienverehrer. Nun habe ich ein Buch von ihm und ein Buch über ihn gelesen und kann zwei Textstellen über die Mutter Gottes nicht begreifen.

Im Buch "Johannes Paul II - Der Große" von Michael Hesemann heißt es, der Papst hat das Jahr 1987/88 als Marianisches Jahr angesetzt, als Zweitausenjahrfeier der Geburt der Gottesmutter. Wenn man davon ausgeht, dass kein Fehler vorliegt und Jesus wirklich im Jahre 0 geboren wurde, wäre Maria bei der Geburt 12 oder 13 Jahre alt gewesen, also evtl. schon mit 11 Jahren schwanger gewesen.

Kann das wirklich sein? Hat man überhaupt Hinweise wie alt Maria überhaupt war? Weshalb hat der Papst genau dieses Jahr festgelegt? Und hat man Hinweise wie alt der heilige Josef damals etwa war? Solch eine Jugendschwangerschaft würde ja heute moralisch als verwerflich gelten. Und dass dies bei der Gottesmutter so gewesen sein soll ist für mich schwer zu fassen.

Im Buch "Die Schwelle der Hoffnung überschreiten" schreibt Johannes Paul II über die Gottesmutter: "Bei ihrer Herrin und Königin sucht die polnische Nation seit jeher Hilfe" (S.226). Auch Maria von Agreda erzählt bei ihren Visionen über den Engelsturz, dass die Engel geprüft wurden, ob sie Maria als Herrin anerkennen.

Zumindest für uns Menschen habe ich Maria immer als Mutter und Königin, im gewissen Sinne auch als Schwester wie Sie die Mutter Gottes glaube ich einmal in einer Predigt bezeichneten, angesehen. Sie als Herrin anzusehen, widerspricht meinem bisherigen Verständnis jedoch völlig. Es gibt doch nur einen Herren. Für mein Verständnis übt ein Herr doch Gerechtigkeit, während Maria ganz und gar Gnade und Barmherzigkeit, aufgrund ihrer Demut der größte Mensch, aber nicht Herrin ist.

Wie soll man diese Bezeichnung Herrin vom Papst für Maria verstehen?

Vielen Dank für Ihre Mühen,

beste Grüße,

Anton Garner

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Antwort
von Joachim Kardinal Meisner am 02. Januar 2014
Joachim Kardinal Meisner

Sehr geehrter Herr Garner!

Ihr Thema fügt sich ausgezeichnet ein in die gegenwärtige Adventszeit, in der wir uns auf das Fest der Menschwerdung des Gottessohnes vorbereiten. Allerdings: Schon die Datierung der Geburt Jesu ist schwierig, über exakte Angaben verfügen wir nicht. Von der Geburt seiner Mutter Maria schweigt die biblische Offenbarung. Wir wissen, dass Mädchen im orientalischen Kulturkreis schon früh verheiratet wurden (und oft auch heute noch werden), sodass ein Hochzeitsalter von etwa 14 Jahren als durchaus realistisch erscheint. Aber wie gesagt: Über Marias Alter bei der Geburt Jesu ist uns nichts Verbindliches gesagt. Dasselbe gilt für den heiligen Josef, dessen Alter hier aber ohnehin nichts zur Sache tut, da Maria gemäß biblischer und kirchlicher Glaubens- überzeugung ihren Sohn als Jungfrau empfing, also nicht von ihrem Verlobten, sondern durch das Wirken des Heiligen Geistes.

Ich habe die Publikation von Herrn Hesemann nicht vor Augen, nehme aber stark an, dass es sich bei diesem Ihrem ersten Punkt schlicht um ein Missverständnis handelt. Papst Johannes Paul II. selbst schreibt in seiner Enzyklika "Redemptoris Mater" von 1987 über den Sinn des Marianischen Jahres: "Gerade die besondere Verbindung der Menschheit mit dieser Mutter hat mich veranlasst, in der Zeit vor dem Abschluss des zweiten Jahrtausends seit der Geburt Christi in der Kirche ein Marianisches Jahr auszurufen" (n. 48; Hervorhebung durch mich). Nicht Marias, sondern Christi Geburt und deren damals bevorstehende 2000-Jahr-Feier bildeten also den Hintergrund des marianischen Jahres.

Dass Sie für Maria den Titel "Königin" akzeptieren, nicht aber "Herrin", überrascht mich ein wenig. Eine Königin ist doch nichts anders als die Herrin über ein Königreich! Und wenn "Herr" auch in der bedeutendsten griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, der sogenannten "Septuaginta", gerne als Umschreibung des Gottesnamens herangezogen wird, so erhebt dieser Ehrentitel gleichwohl keinen Monopolanspruch. Der Apostel und frühere Pharisäerschüler Paulus beispielsweise bekennt sich ohne Umschweife zu dem einen Gott und Herrn im Himmel und scheut sich dennoch nicht, die Existenz "sogenannte[r] Götter" einzuräumen: "... und solche Götter und Herren gibt es viele" (1. Korintherbrief 8, insbesondere Vers 5).

Insbesondere in der Geheimen Offenbarung des Johannes trägt Christus den Ehrennamen "König der Könige und Herr der Herren" (19,16, vgl. 17,14; 1. Timotheusbrief 6,15). Das weist uns darauf hin, dass das Königtum Christi irdische Herrschaft(en) nicht ausschließt, sondern in gewissem Sinne "normiert": Solange irdische Könige und Herren im Sinne Gottes handeln, stehen sie geradezu in dessen Diensten. So schreibt schon der heilige Paulus den Römern: "Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen" (13,1-2). Wenn allerdings ein Mensch - sei er nun König oder ein sonstiger Herr - sich gegen Gott stellt, ist dies in der Tat Anlass für jeden Christen, sein Bekenntnis abzulegen; dafür geben die Märtyrer aller Zeiten ein eindrucksvolles Zeugnis. Bei Maria, die als einziger Mensch ohne Sünde ist und sich Gottes Willen ganz zu eigen gemacht hat, brauchen wir solche Befürchtungen jedoch nicht zu hegen.

Ihnen und allen Lesern dieser Serie wünsche ich zur verbleibenden Adventszeit und zum bevorstehenden Weihnachtsfest Gottes reichen Segen!

Mit freundlichen Grüßen