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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor S. Schwerdt am 24. November 2008
22976 Leser · 0 Kommentare

Kultur, Gesellschaft und Medien

Bild, BamS und Glotze

Sehr geehrtes Presse- und Informationsamt,

die Pressefreiheit ist ein hohes Gut, das man nicht leichtfertig einschränken sollte. Um groben Mißbrauch dieser Freiheit - die Freiheit des einen hört ja da auf, wo die Freiheit eines anderen beginnt - einzudämmen gibt es den Presserat, eine von den deutschen Verleger- und Journalistenverbänden gegründete Organisation, die die Arbeit der Printmedien überwacht.
Die Presse überwacht sich sozusagen also selbst und hat die Richtlinien, was redliches Handeln angeht selbst verfasst.
Sanktionsmöglichkeiten des Presserats gehen von Hinweisen an die Zeitungen bis zu öffentlichen Rügen, die jedoch, auch im wiederholten Falle, keine Konsequenzen nach sich ziehn und im übrigen nicht wirklich öffentlich sind, da das gerügte Medium die Rüge nicht veröffentlichen muss.

Besonders oft verstößt die Bild gegen Ziffer 8 des Pressekodex:

"Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz."

Der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder sagte einst, er brauche zum Regieren nur Bild, BamS und Glotze.
Wenn sogar ein Ex-Kanzler, wie viele andere auch, den Einfluss von Bild so hoch einschätzt, sollte es da nicht andere, schärfere Kontroll- und Sanktionsmechanismen als den zahnlosen Tiger Presserat geben, angesichts der Uneinsichtigkeit der Bildzeitung?

Ich glaube nicht, dass die Öffentlichkeit Verständnis dafür hätte, wenn jemand zigmal denselben vorsätzlichen Fehler begeht und nicht dafür belangt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Schwerdt

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 16. Januar 2009
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Schwerdt,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Wie Sie zu Recht anmerken, ist die Pressefreiheit ein besonders wertvolles und hohes Gut. Es ist als Grundpfeiler unserer demokratischen Ordnung unverzichtbar und im Grundgesetz (Art. 5) ausdrücklich geschützt.

Der Deutsche Presserat ist als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle in den 1950er Jahren mit dem politischen Ziel gegründet worden, staatliche Einflussnahme auf die Medien zu verhindern. Damit sollte - insbesondere angesichts der leidvollen Erfahrungen in der jüngeren deutschen Geschichte mit Zensur und Gleichschaltung der Medien – gerade eine Pressegesetzgebung überflüssig gemacht werden. Bis heute hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass die Selbstkontrolle der beste Mechanismus ist, die Pressefreiheit zu wahren und gleichzeitig ihre Grenzen effizient zu gewährleisten.

Die gegenwärtige Medienlandschaft ist von einem sehr vielfältigen, gleichzeitig aber auch zunehmend unüberschaubarer werdenden Angebot geprägt. Angesichts dieser Entwicklung ist es besonders wichtig, dass der Deutsche Presserat als einziges institutionalisiertes Selbstkontrollorgan deutscher Printmedien zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Beseitigung von Missständen im Pressewesen beiträgt. Seit seiner Entstehung hat sich der Presserat als eine wichtige und unverzichtbare Institution erwiesen.

Der von den ihm angehörenden Verleger- und Journalistenverbänden aufgestellte Pressekodex – insbesondere das Wahrheits- und das Trennungsgebot, der Schutz der Persönlichkeitsrechte sowie das Diskriminierungsverbot von Minderheiten und die Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellungen von Gewalt und Brutalität – trägt zur Erhaltung des Qualitätsjournalismus und einer pluralistischen Medienlandschaft bei.

Aus diesem Grund begrüßt die Bundesregierung ganz besonders, dass der Presserat die freiwillige Selbstkontrolle in diesem Jahr auch auf den gesamten Bereich des Internet ausgeweitet hat und der Pressekodex somit künftig auch für die Online-Presse gilt.

Die in den vergangenen Jahren beständig hohe Zahl an Beschwerden, die an den Presserat gerichtet werden, macht deutlich, dass die Arbeit dieses Gremiums in der Öffentlichkeit wie auch bei Journalisten und Verlegern anerkannt und respektiert wird und die Kontrollmechanismen in ihrer Wirkung entsprechend angenommen werden. Sollte dies im Einzelfall nicht genügen, ist unabhängig von einer Befassung des Presserats allen, die sich durch eine Presseveröffentlichung in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sehen, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, die weitere Veröffentlichungen untersagen und auch Schadensersatzansprüche zusprechen können.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung