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Beantwortet
Autor Julius Lebert am 04. April 2011
11248 Leser · 0 Kommentare

Bildung

BaföG Leistungsbonus

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

vor kurzem habe ich erfahren, dass der im BaföG vorgesehene teilweise Erlass der Darlehensrückzahlung (§18b Abs. 2 BaföG) zum Jahr 2013 abgeschafft wird.

Im Gegenzug wurde das Deutschlandstipendienprogramm vom BMBF initiiert, das einigen wenigen zugute kommt, ohne dass solch strikte und regelmäßige Überprüfungen der Förderungswürdigkeit durchgeführt werden, wie es bei der Förderung nach dem BaföG der Fall ist. Zudem erfolgt die Förderung einkommensunabhängig.

An meiner Universität wurden bisher ganze 15 Stipendien für etwa 30.000 Studenten eingeworben, ein Drittel davon zweckgebunden. Es erweckt für mich den Anschein, als ginge hier Eliten- vor Breitenförderung.

Mir erscheint diese Streichung nicht nachvollziehbar. Der finanzielle Anreiz gem. §18b Abs. 2 BaföG fördert doch gerade die gewünschten Ziele, einer möglichst kurzen Studiendauer in Verbindung mit Leistungsorientierung. Es stärkt das Vertrauen in staatliche Förderung, die eine fundierte Ausbildung unabhängig von sozialer Herkunft ermöglicht.

Ohne diesen Leistungsanreiz sehe ich eine Ungleichbehandlung zwischen denen, die lediglich pro forma eingeschrieben sind, um von staatlichen Mitteln unberechtigt zu profitieren und denen, die ernsthaft und zielstrebig ihre Ausbildung verfolgen.

In diesem Zusammenhang habe ich daher folgende konkrete Fragen:

Inwiefern ist die Streichung des Leistungsanreizes vereinbar mit dem selbst formuliertem Anspruch Deutschlands als Bildungsrepublik?
Ist dieses Vorgehen womöglich haushaltspolitisch motiviert?

Wie sollen mögliche Mitnahmeeffekte verhindert werden, wenn die Förderung einkommensunabhängig ist?
Warum fand keine öffentliche Diskussion über diese Thematik statt?

Mit freundlichen Grüßen

Julius Lebert

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 06. Mai 2011
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Lebert,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Jeder soll Zugang zur der Bildung haben, die für ihn die beste ist. Dabei hilft beispielsweise das Bafög, das die Bundesregierung erst kürzlich erhöht hat. Es ermöglicht Kindern aus einkommensschwachen Familien ein Studium.

Der bisherige Leistungsanreiz, der sich vor allem auf die Studiendauer bezog, ist bei den neuen, gestuften Studiengänge nicht mehr zeitgemäß. Praxisphasen zwischen Bachelor-Abschluss und Beginn des Masterstudiums sind ausdrücklich gewünscht. Also kann sich der Studienabschluss verzögern. Zudem schwanken die Studienzeiten sehr viel weniger als früher.

Zum Deutschlandstipendium: Ganz bewusst ist keine Hürde eingebaut, die Kinder aus wohlhabenden Familien ausschließt. Wo sollte die Grenze liegen? Wäre es gerecht, nur Bafög-Berechtigte mit dem Stipendium zu fördern?

Wir befinden uns ganz am Anfang des Stipendienprogramms und brauchen noch viele Partner aus der Wirtschaft oder von Stiftungen. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis so viele junge Leute in den Genuss der Förderung kommen, wie wir das möchten.

Die BAföG-Novelle und das Deutschlandstipendium waren im Gesetzgebungsverfahren Gegenstand der öffentlichen Anhörung.

Die Streichung der Erlasse wirkt sich erst in etlichen Jahren auf die Haushalte von Bund und Ländern aus, die Ausgaben für das Deutschlandstipendium fallen sofort an. Haushaltspolitische Gründe haben also bei dieser Entscheidung keine Rolle gespielt.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung