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Beantwortet
Autor Jessika Brinkmann am 22. August 2012
10875 Leser · 0 Kommentare

Arbeitsmarkt

Frauenfeindlichkeit durch Zeitverträge

Sehr geehrte Frau Merkel,

kürzlich war ein Urteil über eine Frau veröffentlicht worden, die über 11 Jahre lang Ketten-Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber hatte. Mir geht das auch so.

Ich finde das sehr frauenfeindlich, weil man bei Schwangerschaft sofort aus der Firma fliegt. Zwei meiner Kolleginnen ist das passiert. Bei der einen lief der dritte Vertrag nach insgesamt zweieinhalb Jahren aus als sie kurz vor der Entbindung war. Bei einer anderen war die Schwangerschaft nicht zu sehen, aber dummerweise sagte sie es als die mündliche Zusage für eine weitere Verlängerung kam. Mein Arbeitgeber hatte sich daraufhin für eine andere Mitarbeiterin entschieden. Der Anwalt konnte nichts machen. Es handelte sich hier jeweils um Elternzeitvertretungen als Sachgrund und das im öffentlichen Dienst.

Warum ist es nicht möglich, dass schwangere Frauen keinen Kündigungsschutz eingeräumt werden kann? Während der Elternzeit muss doch der Arbeitgeber sowieso nicht zahlen, aber danach braucht die Mutter wenigstens noch ein halbes Jahr Praxis, damit sie sich in Ruhe aus einem Job heraus bewerben kann.

Ich möchte nicht wissen, wie viele Frauen abtreiben, nur weil sie sonst ihren Job verlieren. Daran muss ich immer denken, wenn wieder einmal eine Babyleiche gefunden wird.

Eine Frau mit Kleinkind will sowieso kaum ein Arbeitgeber einstellen. Warum helfen Sie uns jungen Frauen nicht auf diese Weise? Sind wir ein Arbeitgeberrisiko und werden deshalb so benachteiligt?

Mit freundlichen Grüßen
Jessika

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 01. Oktober 2012
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Brinkmann,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Bundesregierung setzt sich für eine familienfreundliche Politik ein. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein. Mit zahlreichen Projekten und Kampagnen trägt die Bundesregierung dazu bei, dass die Fälle, die Sie schildern, nicht zum Alltag werden.

Schwangere Frauen sind besonders schutzbedürftig und haben deshalb einen besonderen Kündigungsschutz. Haben sie ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis, dann sind Frauen nach dem Mutterschutzgesetz bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung geschützt. In diesem Zeitraum dürfen sie nicht entlassen werden. Diese Regelung gilt auch für Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden.

Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitsverhältnis auf unterschiedliche Weise beendet werden kann: wenn ein befristeter Arbeitsvertrag ausläuft oder wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufheben. Damit dem Arbeitnehmer nicht übereilt oder sozial ungerechtfertigt gekündigt werden kann, gibt es das Kündigungsschutzgesetz.

Kettenarbeitsverträge, wie Sie sie ansprechen, sind künftig nicht mehr so einfach möglich. Bei häufigen Kettenbefristungen müssen Arbeitgeber begründen, weshalb sie das Arbeitsverhältnis nicht in ein dauerhaftes umwandeln. So hat es das Bundesarbeitsgericht im Juli 2012 entschieden.

Soweit zu den rechtlichen Grundlage. In Einzelfällen können wir keine Rechtsauskunft erteilen und empfehlen Ihnen, sich gegebenenfalls an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung