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Beantwortet
Autor Heiner Kastens am 08. März 2013
8484 Leser · 0 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

EU Betritt der Türkei verhindern

Sehr geehrte Frau Kanzlerin, danke zunächst dafür dass Sie den Beitritt der Türkei in die EU skeptisch betrachten und das Sie den Mut haben dies auch in der Türkei anzusprechen. Ich möchte Sie bitten diese Haltung weiter zu verfestigen und einem Beitritt der Türkei auf jeden Fall zu verhindern, denn aus meiner Sicht sind unsere Werte einer hart erarbeiteten und erkämpften pluralistisch dynamischen freiheitlichen Gesellschaft nicht mit den Werten einer Türkei vereinbar wo deren Ministerpräsident noch vor kurzen auf dem Parteitag seiner AKP die islamischen Führerkollegen zu einer islamischen Weltherschaft unter türkischer Führung einlud. Mich erinnert vor diesem Hintergrund das Verhalten vieler Westler zu einem pro türkischen EU Kurs eher an die Appeasementpolitik der 30er Jahre. Wie sagte Herr Erdogan noch vor kurzem:"Demokratie ist ein Bus in den man einsteigt bis man am Ziel ist und dann aussteigt." An dem Ziel einer ähnlichen demokratischen Wertevorstellung wie in Deutschland wird dabei sicherlich nicht gearbeitet wie u.a. auch die aktuellen Informationen zur Pressefreiheit in der Türkei und der zunehmenden Auffösung der Laszivität der türkischen Gesellschaft belegen. Wer kann denn einer Person vertrauen, deren Frau öffentlich durch das Tragen eines Kopftuches gegen Urprinzipien des Gründungsvater einer modernen Türkei verstößt? Wir sollten unsere Werte auch nicht für wirtschaftliche Interessen verkaufen, denn dazu ist kein Preis langfristig lohnenswert.

Daher die Frage wie wollen Sie konkret die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stoppen, Frau Bundeskanzlerin?

Beste Grüße.

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 08. April 2013
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Kastens,

vielen Dank für Ihre Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Europäische Union und die Türkei haben 2005 die Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei zur EU aufgenommen. Das Ergebnis dieser Verhandlungen ist offen. Es gibt keinen Automatismus zum Beitritt. Es besteht aber auch weder auf Seiten der EU noch auf Seiten Deutschlands die Absicht, die Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt „zu stoppen“.

Darauf hat Bundeskanzlerin Merkel zuletzt bei ihrem Türkei-Besuch Ende Februar dieses Jahres hingewiesen. Sie habe eine „skeptische Haltung“ zur Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU. Sie stehe aber dazu, dass die Beitrittsverhandlungen ergebnisoffen geführt werden.

Ein möglicher EU-Beitritt der Türkei ist von vielen Kriterien abhängig. Dazu gehört die vollständige Übernahme der Rechts- und Werteordnung der EU durch den Beitrittskandidaten. Bei den Verhandlungen zeigt sich, dass in der Türkei noch erhebliche Reformen durchzuführen sind, z.B. im sozialen Bereich und bei der Beachtung von Grundrechten und Freiheiten.

Ganz zentral ist die Haltung der Türkei zum Nachbarn Zypern. Die EU wartet weiterhin auf die Umsetzung des sogenannten Ankara-Protokolls durch die Türkei. Nach diesem Anpassungsprotokoll zum Assoziationsabkommen EU-Türkei ist die Türkei verpflichtet, die Zollunion mit der EU auf alle Mitgliedstaaten anzuwenden. Sie müsste deshalb Häfen und Flughäfen auch für zypriotische Waren öffnen. Das ist bislang allerdings nicht geschehen. Dies hat zu einer Blockade der Beitrittsverhandlungen in einer Reihe von Bereichen geführt.

Die Bundesregierung begleitet die Verhandlungen der Türkei mit der EU intensiv. Sie setzt sich sowohl in bilateralen Gesprächen mit der türkischen Regierung wie im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen für die notwendigen weiteren Verbesserungen der Situation religiöser Minderheiten in der Türkei, für Meinungs- und Pressefreiheit und für weitere vielfältige Reformen ein.

Deutschland hat – wie die Bundeskanzlerin mehrfach betont hat - ein besonderes Interesse an einer Anbindung der Türkei an die EU. Ein Reformprozess in der Türkei würde helfen, dass politische Freiheiten wie Meinungs- und Minderheitenrechte eingehalten werden. Die Bundesregierung würde eine solche Entwicklung begrüßen.

Mehr Informationen: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Europa/Erweiterung/Erw-...

Mit freundlichen Grüßen Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung