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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Beantwortet
Autor Nicole M. Pfeffer am 11. Juni 2014
11304 Leser · 7 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Mindestlohn für Praktikanten

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

ich möchte heute die Chance nutzen, Ihnen die Auswirkungen des Mindestlohn bei Praktikanten darzulegen und zu hinterfragen, ob Sie hier den richtigen Weg mit Frau Nahles einschlagen:

Ich bin Dozentin an einer privaten Hochschule und ich versuche eine Brücke zwischen Studenten und Unternehmen zu schlagen. Studenten von mir stehen kurz vor dem Ende und möchten gerne zur Überbrückung von 6 Monaten bis zum Master ein Praktikum durchführen.
Leider erhalten diese Studenten bereits heute von den angeschriebenen Unternehmen die Rückmeldung:
ein 6-Wochen-Praktikum ja oder ein Pflichtpraktikum ja - doch darüber hinaus ist ein Praktikum bei uns nicht mehr möglich.
Die Studenten, die jetzt ihr Erststudium abschließen, haben so kaum noch eine Chance die Zeit bis zum Master zu überbrücken, da sie hier ein Pflichtpraktikum nicht anbringen können. Wie soll dies in Zukunft weitergehen? Sollen dann alle Studenten zum Arbeitsamt gehen?

Ich halte den Weg, den Sie und unsere CDU mit Frau Nahles einschlagen für grundverkehrt und bin erschrocken über die aktuellen Entwicklung der Regierung und insbesondere der CDU.

Mit freundlichem Gruß
Nicole M. Pfeffer

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 14. Juli 2014
Angela Merkel

Sehr geehrter Frau Pfeffer,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Jahrelang gab es berechtigte Klagen, dass sich Hochschulabsolventen auf der Suche nach einem Arbeitsplatz gering oder gar nicht bezahlt von Praktikum zu Praktikum hangelten. Für Praktikanten gab es keine hinreichend klaren Vertrags-Regeln für Ausbildungs- und Studienpraktika.

Jetzt gilt erstmals in Deutschland ab dem 1. Januar 2015 flächendeckend ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro. Und zwar in Ost und West gleichermaßen, ohne dass eine einzige Branche ausgenommen wird. Ziel des gesetzlichen Mindestlohns sind faire Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies gilt vor allem in Bereichen, in denen sie bisher durch die Tarifpartner nicht ausreichend geschützt waren.

Das Mindestlohngesetz schützt auch Praktikanten vor Missbrauch als billige Arbeitskräfte. Wer einen Abschluss hat ‑ ob nun Berufsabschluss oder Studium ‑ bekommt in Deutschland ab 1. Januar 2015 den Mindestlohn.

Nur während der Ausbildung oder während des Studiums sind weiterhin Praktika ohne Mindestlohn möglich. Dazu gehören Pflichtpraktika oder auch freiwillige Praktika. Sie müssen auf drei Monate begrenzt sein und ausschließlich dem Zweck der Ausbildung dienen. Für solche Praktika werden verbindliche Qualitätsregeln eingeführt: Ein Praktikumsvertrag hält Lern- und Ausbildungsziele sowie Zahlung und Höhe der Vergütung schriftlich fest. Der Vertrag muss auch Hinweise auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen enthalten, die auf das jeweilige Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.

Bundesregierung und Bundestag haben die Regelungen für Praktikantinnen und Praktikanten nach intensiven Beratungen auch mit den Arbeitgebern getroffen. Ziel ist es zu verhindern, dass jungen Menschen in der Ausbildung oder beim Start in das Berufsleben ausgenutzt werden. Die positiven Aspekte - das Sammeln von Berufserfahrung und Betriebskontakten – sollen hingegen nicht eingeschränkt werden.

Junge Menschen mit abgeschlossenen Studium sind gut ausgebildet und bringen neues Wissen und Kenntnisse in die Unternehmen ein. Dieses Wissen gilt es angemessen zu honorieren,

Mehr Informationen: Fakten zur Regierungspolitik: Bundestag beschließt Mindestlohn http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Infodienst/2014/...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (7)Schließen

  1. Autor Helmut Krüger
    am 12. Juni 2014
    1.

    Nach meinen Informationen sind Pflichtpraktika, die somit Bestandteil des Studiums sind und nur faktisch ergänzend eine Arbeitstätigkeit darstellen, nicht Bestandteil derjenigen Arbeiten, die unter den Mindestlohn fallen.

    Das würde auch gar keinen Sinn haben.

    Was allerdings nicht geht, das ist die Ausschreibung rein formal bloß so genannter Praktika, die sehr wohl eine vollwertige Arbeitsstelle darstellen, gleich des Hintergrunds dessen, der sie ausübt. Das ist und war schon immer Etikettenschwindel.

  2. Autor Ralf Schumann
    am 18. Juni 2014
    2.

    Es ist schon jetzt so, dass ehemalige Studenten zum Jobcenter gehen und ihr Praktikum mit Hartz 4 "aufbessern". Sie unterscheiden sich somit nicht von anderen Ex-Studenten, die kein weiterführendes Studium planen und sich einen regulären Job suchen müssen.
    Warum sollte die Arbeitskraft hier weniger wert sein? Ich finde es allgemein diskriminierend, dass Hartz4-Empfänger weniger bekommen sollen. Ja, sind Sie nicht Menschen dieser Gesellschaft?

  3. Autor Erhard Jakob
    am 19. Juni 2014
    3.

    Ralf,
    Sie, ich und viele andere wollen keine
    *Zwei-Klassen-Gesellschaft*.
    .
    Doch solche Leute wie wir, haben
    es schwer - sehr schwer!

  4. Autor Erhard Jakob
    am 19. Juni 2014
    4.

    Ja, wir sind alle Menschen dieser Gesellschaft.
    Allerdings ist diese Gesellschaftsform
    nicht menschlich.
    .
    Das hat auch vor wenigen Tagen Papst
    *Franziskus* stark angeprangert.

  5. Autor Erhard Jakob
    am 20. Juni 2014
    5.

    Der Mindestlohn von 8,50 € löst die Misere auch nicht!
    Es werden die Waren und Dienstleistungen teurer.
    Und ann stehen wir wieder dort, wo wir
    jetzt stehen.

  6. Autor Erhard Jakob
    am 20. Juni 2014
    6.

    Auch wir >die erfolglos eine Arbeit gesucht habe<
    sind Menschen in dieser Gesellschaft!
    .
    Nicht vor dem Gesetz aber vor Gott haben wir
    den gleichen Wert, wie Menschen, die Tag
    für Tag auf Arbeit gehen können und
    somit Arbeitskollegen haben.

  7. Autor Erhard Jakob
    am 21. Juni 2014
    7.

    Apropos *Recht und Gesetz*
    bzw. *Gerechtigkeit*.
    .
    Lest hierzu auch den *Vergewaltigungsfall
    bzw. die Lynchjustizsache* in BILD und
    meine Meinung dazu.

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