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Abstimmungszeit beendet
Autor Brigitte S. am 25. Juni 2008
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Familienpolitik

Gleiche Pflichten und Rechte für Verheiratete/"Wilde Ehen"

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

vor einem Jahr verstarb eine sehr enge Freundin von mir in Alter von 36 Jahren unerwartet (vermutlich) an Herzversagen. Sie hinterliess ihren Lebensgefährten, mit dem sie siebzehn Jahre lang ununterbrochen zusammen lebte. Ohne Trauschein, ohne Registrierung. Weil sie der Meinung waren, ihre privaten Verhältnisse bedürfen keiner staatlichen "Genehmigung". Vor fünf Jahren kauften die beiden zusammen ein Haus und wollten kurz vor ihrem Tod eine Familie gründen.

Da meine Freundin kein Testament verfasst hatte, bleibt ihr Lebensgefährte völlig rechtlos zurück. Er erfuhr nicht einmal die genaue Todesursache der Frau, mit der er die Hälfte seines Lebens verbrachte. Ganz zu schweigen von der Situation, in der er sich befindet, da die Hälfte des Hauses, in dem er augenblicklich lebt, nicht ihm gehört und er was seine künftige Unterkunft betrifft vom guten Willen der Erben meiner Freundin abhängt, allesamt entfernte Verwandte, die weit weg wohnen und zu ihren Lebzeiten wenig Kontakt mit ihr hatten.

Meines Wissens müssen in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen lebende sich gegenseitig unterstützen, beispielsweise wenn einer der beiden arbeitslos wird. Sie zahlen den vollen Steuersatz und kommen auch sonst nicht in den Genuss derjenigen Vorteile, die der Staat Verheirateten bietet. Andererseits haben nicht verheiratete/nicht registrierte Partner aber nicht einmal ein Auskunftsrecht im Falle eines Unfalles, ganz zu schweigen von einem Erbrecht. Während der Staat also nicht Verheiratete wie Verheiratete behandelt solange es um die Pflichten geht, behandelt er sie wie Unverheiratete wenn es um ihre Rechte geht. Ich weiss, dass in anderen Ländern, selbst in den konservativen USA, formlos zusammenlebende Partner ab einer gewissen Dauer des Zusammenlebens entsprechende Rechte gewährt werden.

Wie vereinbart sich die Situation in Deutschland mit dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitsprinzip? Mit welchem Recht pickt sich der Staat die Rosinen heraus, läßt dann aber im Unglücksfall die Betroffenen völlig allein? Mit dem "Schutz der Familie" ist das m. E. nicht zu begründen, denn die Definition Familie = Mann + Frau verheiratet + Kind(er) ist längst überholt und hat mit der Realität im 21. Jahrhundert nichts mehr gemein.

Kann es gerecht sein, dass man nach siebzehn Jahren Partnerschaft - länger als die meisten Ehen dauern - keine Rechte, jeder der einen Tag verheiratet ist aber alle Recht hat?

Mit freundlichen Grüßen
B. Sautter