Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Mario Lehmann am 16. Januar 2012
13983 Leser · 174 Stimmen (-4 / +170) · 1 Kommentar

Vorhaben, Vorschläge und Ideen

Hin zur Dezentralisierung

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich möchte Ihnen gern eine Frage stellen.

Die Bürger der Stadt Sonnewalde und der Gemeinde Frankena der Stadt Doberlug-Kirchhain werden seit Jahren mit sehr hohen Trinkwasser- und Abwassergebühren belangt.
2010 wurden Anschlussbeitragsbescheide für Altanschließer von Trinkwasseranschlüsse jedem Eigentümer eines Grundstückes zugesandt. Viele von ihnen hatten ihren Wasseranschluss schon vor 1990 und diesen oft in Eigeninitiative mit errichtet, samt Wasserwerk.
Aber damit nicht genug, durch Überdimensionierung der Anlagen und Fehler im Verwaltungsbereich des Zweckverbandes TAZ Sonnewalde geriet der Verband in die finanzielle Schieflage. Seit der Übernahme in den Schuldenmanagement 2000, zahlen die Bürger den Höchstbetrag für Wasser/Abwasser, zurzeit 8,80€ pro m³.
Im Januar 2012 wird der Verband möglicherweise höheren Gebühren zustimmen, dann kostet der m³ = 9,80€
Ein Statusbericht der ILB folgt im März 2012, dieser wird neue Botschaften beinhalten und die Bürger bangen, was nun auf sie zukommt.
Internet:
„In Brandenburg regelt das Landesgesetz, dass der Zweckverband kein Gemeindeverband ist, dass aber die entsprechenden Vorschriften auf ihn anwendbar sind.“ (wikipedia: Zweckverband)

Sehr geehrter Herr Platzeck, nun meine Frage.

Warum können nicht Alternativen zum heutigen Abwasserkonzept den Kommunen angeboten werden, die mit weniger finanziellem Aufwand zukunftssicher gestaltet werden können?
Sprich: Weg von der Zentralisierung im ländlichen Gebiet – Hin zur Dezentralisierung mit kleinen, finanziell tragfähigen Kläranlagen, keine übermächtigen Leitungssystemen und Pumpstationen.

Ich bin zuversichtlich von Ihren Unterstützung zu bekommen.

Mit freundlichen Grüßen
Mario Lehmann

+166

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Antwort
von Matthias Platzeck am 15. Februar 2012
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Lehmann,

viel Geld ist in den vergangenen Jahren in Brandenburg investiert worden, damit Bürgerinnen und Bürger jederzeit sauberes, hygienisch einwandfreies Wasser nutzen können und damit die Abwässer umweltverträglich geklärt werden. Auf der anderen Seite weiß ich um den mancherorts anzutreffenden Unmut über zu hohe Wasser- und Abwasserpreise. Insofern bin ich Ihnen sehr dankbar für Ihre Anregungen und Ihre Frage. Sie gibt mir die Möglichkeit, anhand Ihres konkret geschilderten Falles Hintergründe zu beleuchten. Denn oftmals ist es für Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar, wie die Gebühren für Wasser und Abwasser zustande kommen.

Zunächst einmal gilt, dass für die Abwasserbeseitigung gesetzlich die Kommunen zuständig sind. Die Anlagen können sie selbst betreiben oder auch durch Dritte betreiben lassen. In den regelmäßig zu aktualisierenden Abwasserbeseitigungskonzepten sind nach unserem Wassergesetz Kriterien der Nachhaltigkeit sowie die demografische Entwicklung zu berücksichtigen. Es ist klar, dass der verantwortliche Aufgabenträger bei der Frage, für welches System er sich entscheidet, auch auf Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz achten muss.

Die von Ihnen erwähnte Beitragspflicht für Altanschließer sagt aus, dass all jene, die von den seit Anfang der 1990er Jahre durchgeführten Investitionen profitieren, sich auch an deren Finanzierung beteiligen müssen. Einzelne davon auszunehmen und ihren Anteil auf die Übrigen zu verteilen, wäre nicht gerecht. Diese Position habe ich auf meinem Portal auch schon geäußert, etwa zur der Frage von Helmut Grosse vom 14. April 2010.

Sie sprechen die finanzielle Schieflage von Zweckverbänden an. Das Land hat für solche Fälle einen Schuldenmanagementfonds eingerichtet. Die ehemaligen Zweckverbände TAZ Sonnewalde und ZVTA Doberlug-Kirchhain haben daraus jeweils mehrere Millionen Euro Zuwendungen erhalten. Das Trinkwasserversorgungsgebiet befindet sich noch immer in der Betreuung des Fonds. Sie werden verstehen, dass dies keine Dauerlösung sein kann. Denn Ziel des Fonds ist die dauerhafte wirtschaftliche Stabilisierung des Verbandes und damit auch eine langfristig zumutbare Abgabenbelastung der Bürgerinnen und Bürger.

Zu Ihrer Anregung, kleine, dezentrale Strukturen zu schaffen: In Gebieten, in denen der zentrale Anschluss an eine Kläranlage unwirtschaftlich ist, kann die Abwasserentsorgung grundsätzlich auch mit dezentralen Lösungen in Form abflussloser Sammelgruben oder Grundstücks-Kleinkläranlagen sichergestellt werden. Das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat dazu als Entscheidungshilfe einen „Wegweiser Kleinkläranlagen und Sammelgruben“ herausgegeben.

Bitte haben Sie jedoch Verständnis dafür, dass das Land keine pauschale Antwort zur wirtschaftlichsten Variante geben kann. Dafür müssen in jedem Einzelfall örtliche und regionale Gegebenheiten wie die Infrastruktur, die Siedlungsdichte oder die demografische Entwicklung berücksichtigt werden. Und das kann nun mal die jeweilige Kommune am besten. Ich bin überzeugt, sehr geehrter Herr Lehmann, dass sich auch im Fall Ihrer Stadt mit einer gut aufgestellten kommunalen Selbstverwaltung und klug abgewogenen Entscheidungen die Probleme lösen lassen.

Mit freundlichem Gruß

Matthias Platzeck


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