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Autor Beate Günthner am 09. Januar 2009
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Kinder und Jugend

Arbeitsbedingungen Jugendamtstagesmütter

Sehr geehrte Frau von der Leyen,

der Ausbau der Kinderbetreuung soll zu 30 % über Tagesmütter erfolgen. Sie werben für neue Tagesmütter und kündigen eine Aufwertung dieses Berufsbilds an. Ich möchte Ihnen gerne die realen Arbeitsbedingungen schildern, denen im besonderen Jugendamtstagesmütter seit 1.1.09 unterliegen:

Die bisher steuerfreien Bezüge werden nun besteuert und unterliegen der Sozialabgabenpflicht: Oftmals werden die schmalen Bezüge durch das Jugendamt aber nicht oder nur geringfügig erhöht, wir sind auch als "Selbstständige" vom Wohlwollen der Jugendämter abhängig.

Die Betriebskostenpauschale wurde seit 20 Jahren nicht erhöht und müsste nach Anpassung an die Inflation 347 statt 300 Euro betragen. Diese Betriebskostenpauschale wird in von Gemeinden günstig bereitgestellten Räumlichkeiten nicht anerkannt, so dass eine volle Besteuerung und Sozialabgabenpflicht droht. Von unseren niedrigen Bezügen soll nun deshalb Miete für diese Räumlichkeiten bezahlt werden - in diesen Fällen wird aus unserer Arbeit ein Ein-Euro-Job.

Viele Tagesmütter richten kindgerechte Betreuungsplätze in ihren Privaträumen ein - Investitionskosten werden von Jugendämtern oft nicht übernommen. Die Betreuung durch Tagesmütter ist die für den Staat billigste Betreuungsform: Wenig oder keine Investitionskosten für den Staat; der staatliche Zuschuss, der zusammen mit dem Elternbeitrag der Tagesmutter ausbezahlt wird, kommt durch die Einkommensteuer des arbeitenden Elternteils den öffentlichen Kassen wieder zugute.

Der Deutsche Verein für private und öffentliche Fürsorge bezeichnet in einem von Ihnen beauftragten Rechtsgutachten die einfache Addierung der Stundensätze nach Kinderzahl als "rechtswidrig", da der Faktor Arbeitszeit völlig außer Acht bleibt; er fordert einen Grundlohn und eine Aufsattelung nach Kinderzahl.
Ich selbst habe einen durchschnittlichen Nettostundenlohn von gesamt 3,86 Euro bei einer Wochenarbeitszeit von 28 Stunden - wegen Betreuung von Kindern zu unterschiedlichen Zeiten. Die Stärke von Tagespflege ist die Betreuung auch zu Randzeiten, am Abend, am Wochenende ... Wegen der Betreuung zu extrem niedrigen Einzelstundensätzen könnten wir die Betreuung zu diesen Zeiten ablehnen - aber wer betreut dann diese Kinder?

2 Euro netto pro Kind und Stunde - davon muss ggf. noch Miete bezahlt werden und die tatsächlich ausgegebenen Betriebskosten. Vorbereitungszeiten, Weiterbildung, Elterngespräche, Vorkochen, Reinigungsarbeiten, Bürokram ... das wird alles nicht bezahlt. Ständig wechselnde Betreuungszeiten und Ausfall von Tageskindern wird uns als unser Risiko aufgebürdet.

Kurze Ausbildungszeit - diese geringe Ausbildungszeit wird uns ständig als Unterqualifikation vorgeworfen gegenüber Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen. Dass wir oft schon 10, 15 Jahre lang unsere Familien gemanagt haben, viel Weiterbildung leisten müssen und oftmals als Fachpersonal ausgebildet sind - das wird nicht gesehen und als Begründung für die geringe Bezahlung herangezogen, wenn auch bei gleicher Betreuungstätigkeit. Wir selbst müssen uns rechtfertigen, zu einer solch geringen Bezahlung diese Arbeit zu machen - oder uns entschließen aufzuhören.

Wir leisten mit Liebe zu Kindern, mit Engagement und hohem persönlichen Einsatz eine verantwortungsvolle Tätigkeit in der für Kleinkinder prägendsten Entwicklungzeit - wir sehen diese Tätigkeit aber weder angemessen gewürdigt noch bezahlt. Wir fragen uns, ob auf solche Bedingungen wirklich die staatlich geförderte Kinderbetreuung aufgebaut werden soll.

Frau von der Leyen, wenn Sie dies alles bitte bedenken - was werden Sie tun, damit die Situation von Tagesmüttern und -vätern wirklich verbessert wird und damit von einer echten beruflichen Alternative die Rede sein kann?

Vielen Dank, ich freue mich sehr auf Ihre Antwort!

Beate Günthner, Tagesmutter aus Bayern
5 eigene Kinder, 5 Tageskinder

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