Sehr geehrte Frau Kirsch,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich möchte ganz offen bekennen, dass ich Ihre Kritik und Ihre Argumente gut nachvollziehen kann. Auch wenn der Fall im Gesetz nicht eindeutig geregelt ist, scheint es mir schwer vorstellbar, dass unsere Rechtsordnung (werdende) arbeitslose Mütter anders behandeln will als (werdende) erwerbstätige Mütter. Alle Mütter haben nach Artikel 6 Absatz 4 Grundgesetz im besonderen Maße Anspruch auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft. Die Mutterschutzfristen vor und nach der Geburt sollen Mutter und Kind vor Überforderung und Überbeanspruchung im Arbeitsverhältnis schützen. Wenn es der Gesundheitszustand der werdenden Mutter zulässt, besteht für sie während der sechswöchigen Mutterschutzfrist vor der Entbindung allerdings die Möglichkeit, weiter beschäftigt zu werden. Allerdings muss sie sich hierzu ausdrücklich bereit erklären. Daher kann die werdende Mutter gegenüber der Bundesagentur für Arbeit ausdrücklich erklären, für Vermittlungsbemühungen verfügbar zu sein. In diesem Fall hat sie - trotz der eigentlichen Mutterschutzfrist - Anspruch auf Arbeitslosengeld nach SGB III, sofern auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Ihre Erklärung zur Bereitschaft kann die werdende Mutter jederzeit widerrufen. In diesem Fall hat sie als gesetzlich Krankenversicherte für die Dauer der Mutterschutzfristen vor und nach der Geburt sowie für den Entbindungstag Anspruch auf das Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes. Die Höhe des Krankengeldes entspricht hierbei der Höhe des Arbeitslosengeldes.
Ich habe mich auf Ihre Nachricht hin erkundigt und erfahren, dass das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 20.Juli 2007 (Az.: L 9 AL 35/04)bei einer arbeitslosen Schwangeren mit einem Beschäftigungsverbot auf Grund eines ärztlichen Attests entschieden hat, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Das Gesetz ist im Sinne der Verfassung wohl so auszulegen, dass der Anspruch bei einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Absatz 1 des Mutterschutzgesetz nicht an der fehlenden Verfügbarkeit scheitern muss. Mir ist auch bekannt, dass die Bundesagentur für Arbeit in vergleichbaren Fällen durchaus freiwillig gezahlt hat, ohne jedoch eine entsprechende Pflicht anzuerkennen.
Ich bitte um Verständnis, dass ich die missliche Lage nicht mit einem Federstrich ändern kann, obwohl sicher auch andere Frauen in unserem Land betroffen sind. Zuständig für die Praxis der Arbeitsagenturen ist die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Ich werde Ihren Fall zum Anlass nehmen, sowohl meinen Kollegen, Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, sowie Herrn Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, einen Brief zu schreiben und auf eine einheitliche Verwaltungspraxis zugunsten der schwangeren Frauen zu drängen. Ich halte es für geboten, die schwangeren Frauen in diesem Zusammenhang umfassend zu informieren. Meine Mitarbeiter werden Sie auf dem Laufenden halten.
Mit freundlichen Grüßen