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Autor Sylvia Meißner am 24. April 2009
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Gleichstellung

Mutterwerden = sozialer Abstieg?!

Sehr geehrte Frau von der Leyen!

"Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied." heisst es. -
Darum, und weil ich den Eindruck hatte, manche Mitmenschen beneiden Leute, die Verantwortung übernehmen und die Gesellschaft bewusst mitgestalten wollen, um ihren vermeintlich besseren Platz im Leben,
habe ich lange mit diesem Beitrag gezögert.
Vielleicht ist mein Anliegen zu persönlich, vielleicht gibt es aber auch ähnliche Biografien ehemaliger DDR- Leute oder bei Akademikerinnen, die für die Familie auf Ihre Laufbahn verzichtet haben.
Ich denke, jeder kann nur dann gut für andere, die Allgemeinheit, da sein, wenn es ihm auch gut geht, die Person mit Ihrem Leben zufrieden ist. - Daher halte ich ganz Persönliches durchaus dafür, von gesellschaftlichem Interesse zu sein.

Ich habe in der DDR 1989 mein Studium (heute FH) als Ingenieurin für Automatisierung der Verfahrenstechnik abgeschlossen.

Abitur habe ich nicht gemacht, denn ich hatte mich im 9. Schuljahr für die Kirche entschieden und merkte, dass Abiturienten da nicht erwünscht sind. Die wurden massiv für die Partei geworben. Diese Werbung hatte ich freudestrahlend abgelehnt, denn ich hatte meine Freunde woanders gefunden.

Die 10. Klasse hatte ich mit "Auszeichnung" beendet.

Meinen Berufswunsch "Grafikerin" wagte ich in Gegenwart des strengen Vaters nie richtig auszuspechen...

So lernte ich einen einfachen Beruf in der ansässigen Textilindustrie. Nach 1,5 Jahren konnte ich gut verdienen und zuhause Kostgeld zahlen.

Danach ging es um mein Studium.
Mein Vater setzte das Ingenieurstudium für mich durch. (Gegen meinen Wunsch damals.)
Ein Hochschulstudium war nicht möglich. Dafür hätte ich mich intensiv in der richtigen politischen Richtung engagieren müssen.

So war ich sehr glücklich über die "Wende", denn es gab nun eine Möglichkeit, mich von dem aufgezwungenen Beruf zu befreien.

Es folgten mehrere Jahre des Suchens und Zeit, in der ich die Angst vor meinem Vater überwinden musste.
Langsam konnte ich meinen Weg Richtung Gestaltung lenken und zunehmend Kreatives ausdrücken. Ich begann wieder zu zeichnen.
Nebenbei arbeitete ich weiter ehrenamtlich bei Kirchenvereinen.

1997 bestand ich die künstlerische Eignungsprüfung an einer FH.
Ich durfte nun ein Studium Innenarchitektur aufnehmen.
Darüber war ich sehr glücklich!, hatte aber durch Anfrage bei einem Studentenwerk erfahren, dass ich niemals eine Chance auf BAFöG habe wegen meiner abgeschlossenen Ausbildung.

1998 habe ich mich trotz des finanziellen Risikos zum Studium eingeschrieben. Dafür musste ich den Hausrat zurücklassen und einen Wohnplatz in einem Dreier-Zimmer nehmen.
- Es war die glücklichste Zeit meines Lebens!
Endlich durfte ich DAS tun, was ich gerne wollte: Farbgestaltung! Fotografieren! Zeichenunterricht... auch Technisches dabei, Statik usw.

Im Frühjahr 2000 wurde ich schwanger.
Trotzdem wollte ich nicht aufgeben und blieb bis kurz vor der Entbindung eingeschriebene Studentin.
Fast meine gesamten Ersparnisse steckten in diesem Studium!
Schliesslich musste ich mich exmatrikulieren lassen, denn im Studentenstatus durfte ich keine Sozialhilfe beantragen.
...
Ich hatte gedacht: wir leben doch in Deutschland! Wir haben ein gutes Sozialsystem und Alleinerziehende bekommen Unterstützung.

Es war aber nie möglich, meinen Hausrat zu mir zu holen. Ich bekam kein Darlehen(!) dafür. So konnte ich das weitere Studium nicht vorbereiten. Eine Kinderbetreuung für meine Tocher bekam ich die ersten zwei Jahre nicht, obwohl ich allein mit ihr in einer fremden Stadt war. Das zuständige DRK fragte wohl nur nach meinem Status und stellte fest, dass mir ohne Arbeit keine Tagesmutter zusteht.
...
Ich hatte mich für mein Kind UND mein Studium entschieden.

Sehr geehrte Frau von der Leyen:
Welche Möglichkeiten gibt es, Kind und Studium zu vereinbaren, wenn man kein Anrecht auf BAFöG hat?

Ich möchte so gern Familie UND niveauvollen Beruf.
- Wie soll ich für mein Kind/ andere da sein, was ihm vorleben, wenn ich selbst gesellschaftlich nicht existieren darf?!

Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Meissner

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