Sehr geehrte Frau Wolle,
zunächst einmal: Ich finde es bewundernswert, dass Sie es schaffen, zu studieren und gleichzeitig für Ihre Kinder da zu sein! Ich kenne die Schwierigkeiten, die Sie ansprechen und ich möchte Ihnen Mut machen. Denn (fast) alle haben inzwischen verstanden, dass sich in Deutschland einiges ändern muss, bis wir ein so familienfreundliches Land sind, wie Sie und ich uns das wünschen.
Sie haben die finanziellen Probleme studierender Eltern angesprochen. Auch Studierenden mit Kindern hilft in den ersten 12 oder 14 Monaten das Elterngeld, über die Runden zu kommen. Wenn die Eltern vor der Geburt kein Einkommen hatten, erhalten sie den Mindestbetrag von 300 Euro, eventuell den Geschwisterbonus von 75 Euro. Seit Anfang 2008 gibt es außerdem einen Kinderzuschlag im Bafög für alle studierenden Eltern mit einem Kind bis zum zehnten Lebensjahr. Der Zuschlag beträgt für das erste Kind monatlich 113 Euro und für jedes weitere Kind 85 Euro. Es gibt für Eltern auch die Möglichkeit, etwas nebenher zu verdienen, ohne dass gleich beim Bafög gekürzt wird: Wer Bafög bekommt und ein Kind hat, kann zusätzlich zu seinem eigenen Freibetrag anrechnungsfrei für das Kind bis zu 470 Euro im Monat hinzuverdienen. Darüber hinaus bekommen Studierende, die ein Kind erziehen, länger Bafög, sogar über die Regelstudienzeit hinaus.
Ich bin überzeugt, dass die Haupthürde für Studierende mit Kind immer noch der Spagat ist, den Uni-Alltag mit Kind und Vorlesung zu meistern. Unsere gesamte Arbeitswelt in Wirtschaft und Wissenschaft – und dazu zähle ich die Universitäten – muss Kinder viel stärker mitdenken. Warum müssen so viele Seminare und Vorlesungen zu Zeiten stattfinden, zu denen normale Kitas und Kindergärten garantiert geschlossen sind? Junge Väter und Mütter im Studium sind in besonderem Maße auf flexible Kinderbetreuungsangebote auch zu Randzeiten angewiesen. Mein Ministerium fördert mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds Hochschulen, die jetzt neue Betreuungsplätze einrichten.
Wenn Sie einen Nachteil für Studierende beim Elterngeld erkennen, kann ich dem nicht beipflichten. Das Elterngeld ist eine Familienleistung des Staates, die ein Erwerbseinkommen teilweise ersetzen soll, das wegen der Geburt eines Kindes plötzlich wegbricht. Es widerspricht dem Gebot der Fairness, Studierende dabei anders zu behandeln als andere Eltern, die kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen haben. Das Elterngeld darf keine Wertung vornehmen und unterscheidet daher nicht, aus welchen Gründen die Eltern kein Erwerbseinkommen haben.
Dass die Bearbeitung Ihres Antrags für die Unterstützungsleistungen für Ihre Kinder beim Jobcenter jetzt schon ein halbes Jahr dauert, ist aus meiner Sicht übrigens völlig unverständlich. Haken Sie beim Leistungszentrum nach, fordern Sie Auskunft ein! Diese Bearbeitungsdauer ist keinesfalls akzeptabel.
Ich drücke die Daumen, dass Sie Ihr Studium mit den zwei Kindern bald erfolgreich beenden. Ich bin mir sicher, dass die damit verbundene große Logistik- und Energieleistung aus Arbeitgebersicht ebensoviel wert ist, wie der Abschluss selbst.
Herzliche Grüße
Ihre