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Autor Dr.Conrad Nolte am 24. Februar 2009
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Kinder und Jugend

TV-Sendung Joh.B.Kerner

Dr.Conrad Nolte Kinderarzt

Sehr geehrte Frau von der Leyen,

Zunächst möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin über dreiunddreißig Jahre als Kinderarzt tätig gewesen, davon, nach deren Kinderpause von elf Jahren, achtundzwanzig Jahre in enger Zusammenarbeit mit meiner Frau, einer Kinderpsychologin; wir haben drei Kinder aufgezogen und haben bisher sechs EnkelInnen zwischen drei und dreiundzwanzig Jahren.

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Auftritt bei Johannes B.Kerner. Sie konnten, unterstützt von dem von den Problemen der frühen Mutterentbehrung völlig unbeleckten Johannes B. und den späten Eltern Bednarz wunderbar darstellen, wie schön sich die Erwachsenen ihre Welt eingerichtet haben und welchen Stellenwert die Kinder in diesem Arrangement haben. Diese wurden repräsentiert von den Fünflingen, die die Szene auf das Niedlichste belebten. Die völlig fertige Mutter der Kinder mit ihrem Sechsten auf dem Schoß und unter dem Damoklesschwert über dem Haupt, dass sie unbedingt noch mindestens einen weiteren Sohn zu gebären habe, stand für die überforderten Mütter, aber auch für die überlasteten Kita-Erzieherinnen, die ja zur Zeit außer in den Bundesländern Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland so vielen Kindern unter drei Jahren, wie in der Sendung zu sehen, gleichzeitig gerecht werden sollen. Wann da außer Füttern, Windeln und Bettenmachen noch Zeit für Bildungsaufgaben eingeschoben werden kann, bleibt mir zumindest rätselhaft.

Unbeabsichtigt war sicherlich, dass die lieben Kleinen mit ihrem Verhalten auch die Schattenseiten des Krippenunwesens auf die Bühne brachten, indem sie einige Verhaltensstörungen vorführten. Sie stürzten sich auf das bereitgestellte Spielzeug und brachten es zu ihnen völlig wildfremden Menschen, und das in einem Alter, in dem Kinder gerade gelernt haben, Bekannte von Fremden zu unterscheiden und normalerweise fremdeln. Kinder in Ihrem Alter sollten feste Bindungen haben, um zu lernen, was Gebundensein bedeutet. Die Beliebigkeit der Kontaktpersonen durch den ständigen Wechsel zwischen Elternhaus und Kita und dort wieder durch Schichtdienst und Personalfluktuation prägt sich ein und führt im späteren Leben zur Partnerfluktuation, sprich hohen Scheidungsraten.
Mehrere der Kinder trugen die als Schnuller bekannten Mutter-Prothesen als Zeichen dafür, dass sie statt verbaler Tröstung und Auf-den-Arm-genommen-Werden eher mit oralen Ersatzbefriedigungen abgespeist und damit auf orale Fehlverhaltensweisen (Rauchen, Alkohol, Esssucht) vorprogrammiert werden. Ein kindgerecht aufgezogenes Kind nuckelt weder am Daumen noch an einem Schnuller, sondern hat andere Möglichkeiten der Stressbewältigung erlernt.

Die von der Bundesregierung den Eltern gewährte Elternzeit endet just in einem Entwicklungsstadium, in dem das Kleinkind fremde von bekannten Personen zu unterscheiden lernt. Das erste Jahr nach der Geburt gehört ja streng genommen noch zur Schwangerschaft hinzu. Im ersten Lebensjahr verläuft die körperliche Entwicklung fast mit der selben Geschwindigkeit wie während der Schwangerschaft, weshalb der Baseler Zoologe Adolf Portmann es als extrauterines Erstjahr bezeichnete>A.Portmann, Besonderheit und Bedeutung der menschlichen Brutpflege,Ciba-Zeitschrift 59,1953<; Das Kind wird schon nach der halben Tragzeit aus der Abgeschiedenheit der Gebärmutterhöhle zur Welt gebracht, die zweite Hälfte der Schwangerschaft findet beim Menschen sozusagen außerhalb des Mutterleibes statt und eröffnet ihm die Möglichkeit, in dieser Zeit bereits intensiv mit der Umwelt zu kommunizieren und aus ihr zu lernen. Kluge Eltern tun gut daran, diese einmalige Förderungschance auch voll wahrzunehmen. Die Dauerpräsenz der Mutter aber unmittelbar nach diesem ersten Jahr abrupt zu kappen, bedeutet für die seelische Entwicklung des Kindes genau so viel, wenn nicht sehr viel mehr, wie etwa der Verzicht auf den Mutterschutz in den acht Wochen nach der Geburt. Kinder haben vor Ablauf des dritten Lebensjahres in einer Krippe nichts zu suchen, sie stehen dort unter Dauerstress, ihre Hirnentwicklung wird gehemmt und in falsche Richtungen programmiert. Diese drei Jahre sollte die Gesellschaft eine jede Mutter von finanziellen Zwängen freihalten (ich erinnere an Art.6,Abs.4 GG).

Mit freundlichem Gruß Dr. Conrad Nolte

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