Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Theresia Fibig am 14. März 2013
10958 Leser · 1 Kommentar

Die Kanzlerin direkt

steuerliche Gleichbehandlung / Ungleichgewicht Lebensformen

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

Heißt es im Grundgesetz nicht: Vor dem Gesetz sind alle gleich? Gibt es nicht ein AGG und Antidiskriminierungsgesetz?
Familien stehen lt. Grundgesetz unter dem besonderen Schutz des Staates.
Unverständlich ist jedoch die Diskussion über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften hinsichtlich des Ehegattensplittings. Sollte nicht eher das Ehegattensplitting abgeschafft werden? Die Realität ist, dass Ehepaare - insbes. der oberen Gesellschaftsschichten - sich gegen Kinder entscheiden, wozu also dieser finanzielle Vorteil?
Dass die Familie unter dem besonderen Schutz gestellt wird, muss akzeptiert werden. Dass auch meist gut verdienende kinderlose Ehepaare/Doppelverdiener über das Ehegattensplitting ebenfalls subventioniert werden, jedoch nicht. Was spricht dagegen, diesen denselben steuerlichen Status abzuverlangen, wie kinderlosen Alleinstehenden?
Die vielen in Deutschland lebenden Singles, die sowieso schon mit weitaus höheren Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben, fallen vollkommen aus dem Raster! Sie sind ja leider auch nicht organisiert und haben keine Lobby. Still und ohne Widerspruch werden höhere Steuern, höhere Pflegeversicherung etc. bezahlt, ohne zu Murren.
Von Gleichbehandlung also keine Spur, im Gegenteil, Singles sind selten Egoisten, die keine Verantwortung übernehmen wollen, in den meisten Fällen haben die Lebensumstände dazu geführt und dafür werden sie von Staats wegen abgestraft.
Ich plädiere dafür, das Ehegattensplitting kinderloser Paare endlich abzuschaffen zugunsten der vielen alleinerziehenden Elternteile. Diese erfüllen eine herausragende Aufgabe und fallen genauso aus dem Raster wie Singles.
Die Gesellschaft befindet sich in einem steten Wandel, dem sollte auch Rechnung getragen werden.
Ich bin ganz sicher, dass viele Alleinstehende mir zustimmen.
Freundlichen Gruß

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 08. April 2013
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Fibig,

vielen Dank für Ihre Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Das Ehegattensplitting ist kein Steuervorteil für Ehepaare, sondern ergibt sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Das unbeschränkte Ehegattensplitting entspricht dem Leitbild der Ehe als umfassender Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Der geltende progressive Steuertarif richtet sich nach dem Leistungs- fähigkeitsprinzip, das heißt, dass jeder nach seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird. Ein Ehepaar (zwei Personen) befindet sich ganz offensichtlich nicht in der gleichen wirtschaftlichen Lage wie ein Alleinstehender mit insgesamt gleich hohem Einkommen. Daher ist eine unterschiedliche Besteuerung im Sinne der Steuergerechtigkeit zwingend erforderlich.

Eine Möglichkeit dafür ist das Splitting. Beim Splitting zahlen Ehegatten das Doppelte der Steuer, die nach dem Grundtarif auf die Hälfte des Gesamt- einkommens entfällt. Wenn eine Frau 4000 Euro verdient und ihr Mann nichts, dann zahlt dieses Paar gleich viel Steuern wie das Paar, bei dem beide 2000 Euro verdienen. Das ist genau so viel wie zwei Ledige mit identischem Einkommen. Dafür sorgt das Splitting, und das ist auch gerecht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt das Splitting eine sachgerechte Besteuerung von Ehepaaren dar und ist nicht beliebig veränderbar. Der Splittingtarif beruht auf der Überlegung, dass die Ehepartner das Haushaltseinkommen gemeinsam erwirtschaften und über die Verwendung des Einkommens auch gemeinsam entscheiden.

Die ersatzlose Abschaffung des Ehegatten-Splittings wäre daher rechtlich nicht möglich. Die Bundesregierung kann jedoch das Splittingverfahren im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen fortentwickeln. So könnte der Staat auch unverheiratete Paare mit Kindern unterstützen, etwa durch die stufenweise Weiterentwicklung des Ehegattensplittings zu einem Familiensplitting.

Mehr Informationen zum Ehegattensplitting:

http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles,did=188076.html

http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles,did=195978.html

http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles,did=196372.html

http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles,did=195940.html

Mit freundlichen Grüßen Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor Ralf Schumann
    am 25. März 2013
    1.

    Was soll Ihrer Meinung nach mit Ehepaaren geschehen, deren Kinder erwachsen sind? Eine Mutter, die Kinder großgezogen hat, soll demnach nun als "Kinderlose" voll für sich allein sorgen?

  2. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.