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Beantwortet
Autor lorenz igelhaut am 22. April 2010
10367 Leser · 103 Stimmen (-3 / +100)

Unterricht und Kultus, Wissenschaft, Forschung und Kunst

berufliche bildung/ akademische bildung

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
derzeit wird eine Förderung der Studenten angedacht-
mein Beruf ist Landschaftsgärtnermeister bei einer Kommune. Teil meiner Aufgaben ist die Ausbildung der Azubis.
Öfters passiert es, daß Defizite im Leistungsvermögen dieser auftreten- und es kann passieren- da ich auch nur ein Mensch bin- daß es etwas dauert, bis ich erkenne, woran es liegt- und ich dtelle verblüfft fest: es stellt sich dann heraus, daß z.B. die Grundrechenarten nicht beherscht werden- diese sind für viele Handwerksberufe unerlässlich- wenn es um Materialbedarf, Flächenberechnungen. Rauminhalte. Gewicht etc. geht.
Namentlich : Prozentrechnen, Dezimalrechnen, Flächenberechnungen, Rauminhalte, Umrechnung von Volumen auf Gewicht.
Das hat zur Folge, daß nicht wenig Zeit der Ausbildung für die Behebung dieser Mängel aufgebracht werden muß.
Auch das geringe Interesse für Sozialkunde ist problematisch, da die Auffassung besteht: wozu brauche ich das überhaupt ?? In diesem Berufschulfach werden Fragen des Tarifrechts, des Föderalismus, Arbeitsrecht, betriebswirtschaftliche Grundlagen und der beruflichen Bildung vermittelt- Themen, die uns lebenslang im Beruf betreffen.
Ich verwende auch hierfür nicht wenig Zeit- die Defizite zu verringern, ein Problem ist, daß den jungen Menschen offenbar weder Schule noch Eltern ein Interesse daran vermittelt hat. Die bayerische Redewendung " da musst schon was von daheim mitbringen " trifft hier wohl nicht auf Materielles zu, sonder eben auf Interesse und Wissen.
Meine Vorgesetzten- Studiosuse- sehen es nicht so gerne, wenn ich mich derart bemühe-
sie haben auch noch nie einen Lehrling ausgebildet- und sehen das ganze elitär.
Mein Ziel ist es- die Azubis in einen Stand zu versetzen- daß sie später in Ihrem Beruf ein Gehalt verdienen können-
das macht sich nicht von selbst.
NUN ZU MEINEM KONKRETEN ANLIEGEN:
wird in der aktuellen Diskussion nicht der Blick zu sehr auf das Studium gerichtet, und der Hauptschüler völlig vernachlässigt? Immerhin ist ein Gesellenbrief eine berufliche Bildung, und nicht nur eine Arbeitsbescheinigung-ferner ist er Voraussetzung für die Qualifizierung zum Meister-
dies ist auch eine berufliche Bildung- die Erfahrung auf dem Beruf vorraussetzt.
Ich finde diese berufliche Bildung wird zu Unrecht so stiefmütterlich behandelt, und in der öffentlichen Meinung abgewertet- es ist Zeit, Eltern und Hauptschulen dazu zu bringen, den jungen Menschen dies bewusst zu machen.
Nicht jeder Studierte ist das Geld wert, daß in ihn gesteckt wurde.

über ein paar Worte hierzu würde ich mich freuen-
mit den freundlichesten Grüssen
Lorenz Igelhaut

+97

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Antwort
von Horst Seehofer am 02. Juni 2010
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Igelhaut,

es ist ein zentrales Anliegen der Bayerischen Staatsregierung, dass die jungen Menschen in unserem Land bestmöglich auf die steigenden Anforderungen in Gesellschaft und Wirtschaft vorbereitet werden. Daher wird Bayern auch weiterhin auf eine starke Hauptschule setzen. Ohne Haupt- und Realschule, ohne duale Bildung hätten wir nur Akademiker, die zwar wissen, wie es geht, aber niemanden mehr, der weiß, wie man es macht.

Berufliche und akademische Bildung sind für uns gleichwertig und wir werden sie auch gleichwertig fördern! Unser Ziel ist es, die Hauptschule durch neue Angebote zur Bayerischen Mittelschule weiterzuentwickeln. Wir bauen die Stärken der Hauptschule aus und erweitern gleichzeitig das Bildungsangebot sowohl für besonders gute als auch für schwächere Schülerinnen und Schüler. Ich gebe Ihnen Recht, dass gesicherte Kenntnisse in den Kernfächern wie Mathematik sowie eine gute Allgemeinbildung Grundvoraussetzungen dafür sind, um in der heutigen Arbeitswelt bestehen zu können.

In der neuen bayerischen Mittelschule wird auf eine begabungsgerechte individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler Wert gelegt. Um die Schüler in Mathematik, Deutsch und Englisch noch besser fördern zu können, werden ab dem Schuljahr 2010/11 in der Jahrgangsstufe 5 Förderstunden zu Intensivierungsstunden ausgebaut. Durch zusätzliche Lehrer wird die Zahl der Schüler in den einzelnen Lerngruppen reduziert. Dadurch sollen leistungsstarke und motivierte Schülerinnen und Schüler auch auf die Anforderungen des neuen mittleren Bildungsabschlusses vorbereitet werden. Dieser neue Mittelschulabschluss ist dem Niveau von Wirtschafts- oder Realschule vergleichbar. Er steht Schülerinnen und Schülern offen, die ab dem Schuljahr 2010/11 in die fünfte Jahrgangsstufe kommen. Wie bisher kann weiterhin der erfolgreiche und der qualifizierende Hauptschulabschluss erworben werden.

Wir wollen junge Menschen gut auf ihr zukünftiges Berufsleben vorbereiten. Das besondere Merkmal der weiterentwickelten Hauptschule ist eine vertiefte Berufsorientierung. Gewährleistet wird sie insbesondere durch die drei berufsorientierenden Zweige Technik, Wirtschaft und Soziales und vor allem auch durch Kooperationen mit Berufsschule, regionaler Wirtschaft und der Agentur für Arbeit. Für die vertiefte Berufsorientierung investiert der Freistaat Bayern zusätzlich rund 6 Millionen Euro pro Jahr. Die ausgeprägte Berufsorientierung der Mittelschule bildet eine sehr gute Basis für die Aufnahme einer Berufsausbildung.

Beste Bildungschancen für die jungen Menschen sind mir ein Herzensanliegen. Die Bildungspolitik zählt deshalb auch in den kommenden Jahren zu den Schwerpunkten unserer Politik. Die Staatsregierung wird die Weiterentwicklung der Hauptschule zur neuen Bayerischen Mittelschule sehr aufmerksam begleiten. Gemeinsam mit unseren Partnern in der Arbeitswelt werden wir alles tun, um unsere Schülerinnen und Schüler stark zu machen für die Anforderungen und Herausforderungen der Zukunft.

Und noch ein ganz persönliches Wort: Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihr besonderes Engagement bei der Lehrlingsausbildung. Wir können von Seiten des Staates durch unsere Bildungspolitik die Startchancen für unsere jungen Menschen ins Berufsleben verbessern. Ganz entscheidend für den weiteren Berufsweg ist für Berufseinsteiger aber auch, dass es Menschen wie Sie gibt, denen die praktische Berufsausbildung ein Herzensanliegen ist.

Mit freundlichen Grüßen