Sehr geehrter Herr Mannesmann,
die Frage einer möglichen weiteren Vergrößerung der Europäischen Union ist äußerst komplex. Zu ihrer Beantwortung müssen viele Aspekte beachtet werden, wie etwa die Größe des Landes, das beitritt, aber auch die Verfasstheit der EU zum Zeitpunkt des Beitritts und weitere politische, ökonomische und vor allem auch kulturelle Fragen. Sowohl für als gegen einen Beitritt der Türkei in die EU werden starke Argumente angebracht. Es ist unter anderem zu überlegen, ob die EU einen gemeinsamen Kulturraum verbinden soll oder ob sie eher als Brücke in andere Kulturräume zu verstehen ist.
Nach Ansicht von Bundestagspräsident Dr. Lammert ist es wichtig, die Konsequenzen der jeweiligen Entscheidung sorgfältig gegeneinander abzuwägen. So bedeutet eine gezielte Ausweitung in einen anderen Kulturbereich erhebliche Folgen für die kulturelle Identität und folglich auch für die politische Geschlossenheit der Gemeinschaft. Herr Dr. Lammert versteht die EU in erster Linie als Idee und führt die Faszination und Motivation, die die Europäische Union ausübt, auf die gemeinsamen Werte und Überzeugungen ihrer Mitglieder zurück. Vor diesem Hintergrund ist er der Auffassung, dass der weitere Ausbau der besonderen Beziehung zur Türkei einem Beitritt vorzuziehen ist. Daraus ergibt sich für Deutschland die wichtige Aufgabe, gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten Wege zu finden, wie die Beziehungen zu wichtigen Nachbarländern der EU wie der Türkei zunehmend intensiviert und enger gestaltet werden können.
Mit freundlichen Grüßen