Sehr geehrter Herr F.,
die globale Wirtschafts- und Finanzkrise und insbesondere der Prozess ihrer Entstehung zeigen, dass Finanzmärkte mehr Transparenz und gut funktionierende Aufsichtsstrukturen brauchen. Neben ihrem Bemühen um wirksamere europäische und internationale Regulierungen prüft die deutsche Politik derzeit, welche Konsequenzen für die Banken-aufsicht in Deutschland aus der Krise gezogen werden müssen und wie das Zusammenspiel der beiden dafür verantwortlichen Institutionen – der Bundesanstalt für Finanzdienst-leistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank – im Sinne einer vorausschauenden Bankenaufsicht effizienter gestaltet werden kann. So gibt es unter anderem Überlegungen, die gesamte Bankenaufsicht bei der Bundesbank zu konzentrieren und diese schrittweise durch eine europäische Aufsicht für europaweit tätige Institute bei der Europäischen Zentralbank zu ergänzen. Ob und welche Änderungen erforderlich sind, wird in den Beratungen von Bundesregierung und schließlich auch im parlamentarischen Verfahren des Deutschen Bundestages gründlich geprüft.
Zu Ihrem Vorschlag, Manager zu einer öffentlichen Anhörung in den Bundestag einzuladen: Öffentliche Anhörungen gehören zur Routine der Parlamentsarbeit und finden in den Ausschüssen des Bundestages regelmäßig statt. Allerdings zielen diese Anhörungen darauf, die parlamentarischen Beratungen hinsichtlich des Regelungsbedarfes in einem bestimmten Bereich zu unterstützen. Sie wären kaum das geeignete Forum für eine nachträgliche Recht-fertigung von Managern bzw. für deren öffentliche Verurteilung, wie von Ihnen offenbar gemeint.
Im Übrigen können Manager und Aufsichtsräte schon heute aufgrund bestehender rechtlicher Regelungen, insbesondere im Aktiengesetz (Paragraphen 93 und 116), für Pflichtverletzungen persönlich haftbar gemacht werden. Darüber hinaus hat die Bundesregierung im Rahmen der geplanten Neuregelungen der Managervergütungen kürzlich vorgeschlagen, die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder auf die Vereinbarung einer überhöhten Vorstandsvergütung auszuweiten. Der Bundestag wird diese Vorschläge in Kürze beraten.
Jenseits des juristischen Umgangs mit dem Fehlverhalten einzelner Manager hat der Bundes-tagspräsident wiederholt auf ein grundsätzliches Problem hingewiesen: den dramatischen Ansehensverlust der Sozialen Marktwirtschaft, der nicht erst seit der jüngsten Krise mit bestimmten Entwicklungen auf Seiten der Wirtschaft einhergeht. Unternehmen haben eine gesellschaftliche Verantwortung, in einer globalisierten Wirtschaft mehr denn je. Wenn unser Modell einer sozialstaatlich verfassten Wettbewerbsordnung auch künftig Bestand haben soll, muss sich unternehmerisches Handeln an Werten orientieren, die über Gewinnmaximierung hinausgehen.
Lesen Sie dazu beispielsweise die Rede des Bundestagspräsidenten zum Thema „Knappe Ressource „Vertrauen“ – Was wird aus der Sozialen Marktwirtschaft?“, die er im November 2008 beim Bundesverband Deutscher Banken gehalten hat:
http://www.bankenverband.de/pic/artikelpic/012009/rede-la....
Mit freundlichen Grüßen
Abteilung Presse und Kommunikation