Sehr geehrter Herr Vidaud,
Prof. Dr. Lammert sieht in dem von Ihnen zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts keinerlei Anknüpfungspunkte für Wahlanfechtungen. Er hält es auch weder für redlich noch für überzeugend, dass im Vorfeld der Bundestagswahlen von mancher Seite der Anschein erweckt wurde, Überhangmandate seien verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2008 beanstandet, dass unter bestimmten Umständen im Zusammenhang mit den Überhangmandaten der Effekt des so genannten negativen Stimmgewichts auftreten kann. Das Gericht hat – wie Sie selbst anführen – dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2011 gesetzt, um diesen verfassungswidrigen Effekt unseres Wahlrechts auszuräumen. Für die diesjährige Bundestagswahl waren also nach Ansicht der Richter die bisherigen Regeln noch verfassungsgemäß. Es gibt somit keinen Anlass, wegen möglicher Auswirkungen des negativen Stimmgewichts an der Gültigkeit der Bundestagswahl vom 27. September 2009 zu zweifeln.
Sie haben aber Recht: Eine Neuregelung hätte früher erfolgen können. Prof. Dr. Lammert hatte sich dafür bereits unmittelbar nach dem Urteil im vergangenen Jahr auch persönlich mit Nachdruck eingesetzt. Er ist nach wie vor der Überzeugung, dass – bei gutem Willen aller Beteiligten – eine verfassungskonforme Änderung des Wahlrechts rechtzeitig zur Wahl des 17. Deutschen Bundestages möglich gewesen wäre.
Nun werden sich die Abgeordneten des neugewählten Parlaments über die gesetzlichen Änderungen verständigen müssen – die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag wird dann nach einem novellierten Wahlrecht erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Abteilung Presse und Kommunikation