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Autor L. Fernández Vidaud am 02. November 2009
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Deutscher Bundestag allgemein

Hat der Bundestag vor, sich selbst zu ermächtigen?

Sehr geehrter Herr Präsident,

angesichts Ihrer Rede in der 1. Plenarsitzung plädiere ich für eine Änderung der parlamentarischen Geschäftsordnung, die es den Abgeordneten erlaubt, ihr jeweiliges Mandat tatsächlich auszuüben. Das Parlament muß zuerst in seinem eigenen Haus das Hausrecht vor allem gegenüber der Regierung ausüben. Die Abgeordneten müssen in der Lage sein, Dialoge anstatt Monologe mit den Vertretern der Regierung zu führen. Diese Vertreter haben während der Frage- und Dialogstunde im Plenum sowie in den Ausschüssen zu bleiben, solange sie gefragt werden. Entgleist ein solcher Vertreter oder Minister, so muß man ihm einen Ordnungsruf erteilen – entweder „Zur Sache“ oder „Zur Ordnung“.

Seit dem III. Reich hat sich das Parlament m.E. selbst aufgelöst und entmächtigt. Diese „alte, gute Tradition“ gilt unentwegt fort. Das Parlament konnte sich bisher nicht wirklich neu konstituieren.

Da der Abgeordnete die Regierung nicht zur Rede stellen kann, weil er sich am Monolog halten muß, hält er eine Rede, in der er die Regierung kritisiert. Doch hier ist die Regierung nicht verpflichtet, auf seine Einlassungen Stellung zu nehmen, denn das wäre die Anbahnung eines Dialogs, dessen Führung den Bestand und Sicherheit des Staats gefährdet – wenigstens laut der parlamentarischen Geschäftsordnung.

Unter den obwaltenden Regeln ist der Abgeordnete außerstande, seine Mandanten und Wähler zu vertreten. Wie soll er das tun? Und wenn er ungestört sein Mandat nicht ausüben darf, welche Bedeutung haben dann die Wahlen für den Bürger?

In der 233. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 08.09.09 hat der gegenwärtige Vizekanzler und damaliger Fraktionsvorsitzende der FDP auf S. 26341 C folgendes erklärt:

„Ich appelliere an das Präsidium des Deutschen Bundestages, gegenüber dem Verfassungsorgan Bundesregierung kenntlich zu machen, daß das keine Art und Weise des Umgangs ist. Wir hier sind die Parlamentarier. Ein Minister redet hier, greift die Abgeordneten an – das ist völlig in Ordnung [wirklich?] –, und wenn dann geantwortet wird, haut er ab. So ist kein Dienstgeschäft zu machen.“

Offensichtlich verkannte Herr Dr. Westerwelle, daß das Hausrecht im Bundestag nicht das Parlament, sondern die Regierung ausübt und daß seine Geschäftsordnung des Bundestages geeignet ist, die Abgeordneten, d.h. die Hausmitglieder zu benachteiligen und die Regierungsmitglieder zu bevorzugen. Selbstentmächtigung prägt das Wesen des Bundestages. Nach diesen Bedingungen betreibt das Parlament gegenüber dem Bürger Partei- und Mandatsverrat.

Darum frage ich Sie: Welche Änderung in der Geschäftsordnung Sie und der Bundestag vorhaben, um diesen o.a. Mißstand zu beheben? Wann wird die Mißachtung des Bürgers durch die Abgeordneten ein Ende haben?

Mit freundlichen Grüßen

Luis Fernández Vidaud

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