Sehr geehrter Herr Ruoff,
die gleichzeitige Mitgliedschaft in Bundestag und Bundesregierung ist nicht nur erlaubt und gängige politische Praxis. Diese „Ämterverquickung“ ist ein Kernelement parlamentarischer Regierungssysteme. In ihr drückt sich die enge Verflechtung von Regierung und Parlamentsmehrheit aus, die parlamentarische Demokratien wie unsere charakterisiert: Die Regierung regiert gestützt auf eine parlamentarische Mehrheit, von der sie abhängig ist. Nicht
Exekutive und Legislative stehen einander gegenüber, sondern Regierungsmehrheit und Opposition. Die Kontrolle der Regierung obliegt im Parlament vorrangig der Opposition. Nicht nur das Parlament insgesamt, sondern gerade die parlamentarische Minderheit verfügt deshalb über wichtige Kontrollrechte.
Parlamentarische Regierungssysteme entsprechen insofern nicht dem Muster klassischer Gewaltenteilung, sondern beruhen auf Gewaltenverschränkung. „Nicht absolute Trennung, sondern gegenseitige Kontrolle, Hemmung und Mäßigung der Gewalten ist dem Verfassungsaufbau des Grundgesetzes zu entnehmen“, hat auch das Bundesverfassungsgericht wiederholt bekräftigt. Ein typisches Beispiel für diese gegenseitige Kontrolle der Gewalten ist das konstruktive Misstrauensvotum, durch das der Bundestag den Bundeskanzler abwählen kann. Mehr über unser politisches System erfahren Sie zum Beispiel auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung unter www.bpb.de.
Dass Regierungsmitglieder gleichzeitig Bundestagsabgeordnete sind, ist also die Regel und nicht die Ausnahme. So waren von den insgesamt 204 Regierungsmitgliedern – seit der ersten Bundesregierung 1949 bis heute – 160 gleichzeitig auch Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Das entspricht einem Anteil von fast 80 Prozent. Im Übrigen haben Bundeskanzler, Bundesminister und Staatssekretäre, die zugleich Parlamentarier sind, die gleichen Rechte und Pflichten wie andere Abgeordnete und üben ihre Regierungstätigkeit neben ihrem Bundestagsmandat aus.
Mit freundlichen Grüßen
Abteilung Presse und Kommunikation