Sehr geehrter Herr Hanke,
das Läuten von Kirchturmglocken ist eine seit Jahrhunderten gepflegte Tradition, die von Bundestagspräsident Dr. Lammert ebenso wie von vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern als Bestandteil unseres religiösen und kulturellen Lebens geschätzt wird. Zuzugeben ist allerdings, dass das Läuten – zumal in unmittelbarer Nähe – auch als störend empfunden werden kann. Dann ist für die von Ihnen angesprochene rechtliche Bewertung eine Interessenabwägung erforderlich, bei der wiederum nach dem Zweck des Glockengeläuts unterschieden wird:
Zum einen gibt es das sogenannte liturgische oder sakrale Geläut. Dieses ist als Teil der Religionsausübung in Deutschland durch das Grundrecht der Religionsfreiheit (Artikel 4 Absatz 2 des Grundgesetzes) geschützt. Dazu gehört z.B. das Läuten der Kirchenglocken vor einem Gottesdienst, während des Gottesdienstes oder bei Taufen, Hochzeiten, Bestattungen und ähnlichen Ereignissen. Hier muss bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit zwischen dem Interesse der Kirche und der Gläubigen an einer ungestörten Religionsausübung auf der einen und dem Ruhebedürfnis der Anwohner auf der anderen Seite abgewogen werden. Unser Grundgesetz räumt der Religionsfreiheit einen hohen Rang ein. Das Glockengeläut als Ausprägung eines religiösen Glaubens ist daher in der Regel zu akzeptieren – auch wenn es als Lärm empfunden wird.
Nicht unter die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit fällt dagegen das Läuten zu weltlichen Zwecken wie zum Beispiel das Zeitschlagen, also das regelmäßige Glockengeläut etwa zur vollen Stunde. Hier muss sich das Geläut an den Grenzwerten des Immissionsschutzgesetzes messen lassen und gegebenenfalls unterbleiben.
Mit freundlichen Grüßen