Sehr geehrter Herr Hansen,
Bundestagspräsident Dr. Lammert sieht eine Direktwahl des Staatsoberhauptes skeptisch. Die Verfassungs“väter“ und „-mütter“ haben aus guten Gründen bestimmt, den Bundes präsidenten durch die Bundesversammlung wählen zu lassen. Dies hat sich nach Ansicht von Bundestagspräsident Dr. Lammert zweifellos bewährt. Eine Direktwahl würde dagegen eine erhebliche Veränderung der Architektur des politischen Systems bedeuten.
Das Staatsoberhaupt ist im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes vor allem auf repräsentative Aufgaben beschränkt und verfügt über wenig politische Macht. Ein mit direkter Legitimation des Volkes ausgestattetes Staatsoberhaupt würde zu hohe politische Erwartungen an das Amt des Bundespräsidenten wecken. Zudem würde eine Neuausrichtung der verfassungs rechtlichen Stellung des Bundespräsidenten gegenüber Bundeskanzler und Bundestag eine verfassungsrechtliche Grundsatzdiskussion geradezu herausfordern. Auch angesichts der politisch-parlamentarischen Erfahrungen in der Weimarer Republik erscheint dem Bundestagspräsidenten ein Abweichen vom bewährten politischen System zugunsten eines verfassungsrechtlichen Experiments mit ungewissem Ausgang wenig sinnvoll.
Da der Bundespräsident mit seiner Amtsführung das gesamte Land repräsentiert, ist es gut, wenn die Kandidaten schon über einiges an Lebenserfahrung verfügen. Von daher erscheint die im Grundgesetz festgelegte Altersgrenze begründet und sinnvoll. Dass nach der ersten Amtszeit nur eine einmalige anschließende Wiederwahl zulässig ist, sorgt zudem dafür, dass eine zu starke Prägung des Amtes durch einen Bundespräsidenten verhindert wird. Allerdings hält Bundestagspräsident Dr. Lammert zur weiteren Stärkung der Unabhängigkeit des Amtes des Staatsoberhauptes den ebenfalls diskutierten Vorschlag für durchaus bedenkenswert, die Amtszeit des Bundespräsidenten auf sieben Jahre zu verlängern, allerdings dann ohne die Möglichkeit der Wiederwahl.
Mit freundlichen Grüßen