Sehr geehrter Herr Mayer,
das Wahlgeheimnis gehört zum Kern des demokratischen Wahlrechts. Deshalb sind nicht nur die Wahlen zu allen Volksvertretungen geheim, auch über die Kandidaten der Parteien muss in geheimer Abstimmung entschieden werden. Werden diese durch Delegierte gewählt, müssen auch diese selbst in geheimer Wahl bestimmt werden. So sehen es das Parteiengesetz und das Bundeswahlgesetz vor. Die Parteien sind also nicht nur aufgerufen, dem Folge zu leisten, sondern sie sind daran gebunden. Sie müssen eidesstattlich gegenüber dem Kreiswahlleiter versichern, dass bei der parteiinternen Abstimmung diesen Vorgaben Genüge getan wurde.
Zweifel an der Rechtsmäßigkeit einer Bewerberaufstellung können Sie gegenüber dem zuständigen Kreis- oder Landeswahlleiter anzeigen. Jeder Wahlberechtigte kann zudem gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl Einspruch beim Bundestag zu erheben, die dann durch den Bundeswahlausschuss geprüft werden.
Einwände wie der Ihre waren bereits Gegenstand solcher Einsprüche, so zum Beispiel auch nach der letzten Bundestagswahl. Sie wurden vom Wahlprüfungsausschuss des Bundestages abgelehnt. Denn für die Aufstellung der Parteibewerber gelten weniger strenge Vorgaben als bei der Wahl der Abgeordneten. Die Erfordernisse der geheimen Abstimmung gelten demnach als erfüllt, wenn über die Kandidaten schriftlich mit Stimmzetteln abgestimmt wird und diese verdeckt gekennzeichnet und ohne Einsichtnahme anderer abgegeben werden können. Diesen unterschiedlichen strengen Anforderungen an das Wahlgeheimnis liegt Folgendes zugrunde: Einerseits müssen im Vorfeld der eigentlichen Wahl demokratische Mindestregeln durch Parteien eingehalten werden, auch wenn sie keine amtlichen Wahlorgane sind. Andererseits ist die Autonomie von Parteien zu wahren und die Erheblichkeit von möglichen Wahlfehlern, die durch Parteien bei der Kandidatenaufstellung begangen werden können, von vornherein strikt zu begrenzen. Damit werden die aus Wahlen hervorgegangenen Volksvertretungen auch davor geschützt, dass durch etwa bewusste Verstöße gegen wahlrechtliche Regelungen bei der Kandidatenaufstellung Einfluss auf die Gültigkeit einer Wahl genommen werden kann.
Näheres dazu können Sie in der Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschuss nachlesen (Bundestagsdrucksache 16/3600, ab Seite 65). Einsicht in die Drucksache erhalten Sie schnell und kostenfrei über den Dokumentenserver des Bundestages: http://drucksachen.bundestag.de/drucksachen/index.php.
Mit freundlichen Grüßen
Abteilung Presse und Kommunikation