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Beantwortet
Autor Peter Steiner am 05. November 2007
18421 Leser · 4 Kommentare

Innenpolitik

Eine Frage als Satire

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

vor einigen Monaten hatte ich eine Frage als Satire verpackt diversen Bundestagsfraktionen, Medien und Organisationen zukommen lassen. Leider erhielt ich keine Antwort darauf, außer die für mich erstaunliche Frage nach der Nachrichtenquelle. Darauf hin ergänzte ich meine "Satire". Vielleicht verstehen Sie meine Frage und werden sie beantworten:

Aufgrund von Anfragen nach der „Nachrichtenquelle“ und Seriosität dieser sah ich mich veranlasst meinen Text entsprechend zu ergänzen. Die Reaktionen kamen für mich sehr überraschend. Zeigen sie allerdings, dass in Bezug auf Politik offensichtlich nichts mehr für unmöglich gehalten wird. Dies sollte für uns alle ein Zeitpunkt des Nachdenkens sein.

Was haben Radrennen und der Bundestag gemeinsam? Nichts, aber....

"der Radsport hat seine Glaubwürdigkeit verloren",
so begründete ZDF Chefredakteur Nikolaus Brender kürzlich den Ausstieg aus der live Berichterstattung von der tour de france.
Unbestätigten Berichten zufolge jedoch sollen weitere Entscheidungen durch die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten getroffen werden: Die Absetzung von Liveübertragungen aus dem Bundestag.

Politische Liveübertragungen im Bundestag sollen nicht abgesetzt werden, weil Bundestagsabgeordnete eventuell gedopt sein könnten (damit würden die sich strafbar machen), sondern weil sich kaum noch Akteure zu Debatten im Plenum einfinden. Da die Bundestagsabgeordneten ihren diversen Nebenbeschäftigungen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen nachkommen m ü s s e n und somit nicht erscheinen k ö n n e n, macht eine Liveübertragung verständlicherweise keinen Sinn mehr.
Wie bekannt geworden, sollen die politischen Debatten in Zukunft via moderner Kommunikationstechnologie in Konferenzschaltung aus den jeweiligen Nebenbeschäftigungsbüros geführt werden. Eventuell noch im Bundestag erscheinende Abgeordnete sollen per Videoleinwand und Freisprechanlagen zugeschaltet werden. Man beziffert das Projekt auf ca. 370 Millionen Euro. Kritiker schätzen die Kosten auf fast das Doppelte.

Anwesenheitspflicht im Plenum besteht ausschließlich zu Abstimmungen. Lediglich eine "Unabkömmlichkeitsbescheinigung" des/der Nebenbeschäftigungsarbeitgeber erlaubt ein Fernbleiben des Abgeordneten. Eine entsprechende Beratungsvorlage soll angeblich vom Abgeordneten Merz formuliert und eingereicht worden sein.

Die rechtlich öffentlichen Rundfunksender beraten derzeit über lediglich Liveübertragungen zu Abstimmungen im Plenum. Die Entscheidung hängt allerdings von der Höhe der von den Abgeordneten veranschlagten Tantiemen für die Übertragungsrechte ab. Diese Kosten sollen die zu diesem Zeitpunkt entgangenen Einnahmen aus Nebentätigkeiten der Abgeordneten ausgleichen.

Dieser Bericht (außer das Zitat des ZDF Chefredakteurs) ist frei erfunden und stellt eine Satire dar.

Sollte diese Satire dennoch realen Überlegungen von Politik und Medien nahekommen, so weise ich vorsichtshalber darauf hin (bevor es zu Hausdurchsuchungen kommt), dass dieser Bericht ausschließlich meiner Phantasie entsprang, ich keinerlei Kontakte zu irgendwelchen Geheimnisträger habe, der Inhalt rein zufällig Ähnlichkeiten aufweisen könnte und auch der Zeitpunkt des Erscheinens dem Zufall unterliegt.

Ich erkläre hiermit feierlich, dass ich weder den deutschen Staat, die deutschen Medien, die INSM noch sonstwede staats- und wirtschaftstragende HonoratiorInnen in irgendeiner Weise verunglimpfen wollte. Sollte dies dennoch unbeabsichtigt der Fall sein, oder sich einer der genannten Kreise verunglimpft fühlen, so bitte ich um Entschuldigung.

Ich hoffe, Herr Schäuble befindet diesen Text nicht als verfolgungswürdig.

Sehr geehrte Frau Merkel,

die Frage ist ganz einfach: wie erklären Sie die Glaubwürdigkeit eines Parlamentes, dessen Mitglieder in großer Zahl diverse "Nebentätigkeiten" in Wirtschaftsunternehmen wahrnehmen (http://www.nebeneinkuenfte-bundestag.de/ ) und in großer Zahl ein Mehrfaches an "Nebentätigkeitseinkommen" verglichen mit den Bundestagstantiemen beziehen? Ferner ist ein mittlerweile exsessiver Fraktionszwang zu erkennen (aus der Sicht eines gemeinen Staatsbürger), welcher demokratisches Handeln und Entscheiden der Abgeordneten nicht mehr zu lässt.
Und nun zur einfachsten Frage. Es heißt: "Alle Macht geht vom Volke aus...". Nun bitte ich um Ihre Definition von "Volk".

Viele Grüße aus dem Odenwald
Peter Steiner

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 29. November 2007
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Steiner,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind nach unserer Verfassung in der Wahrnehmung ihres Mandats frei. Sie sind also nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz). Das Abgeordnetengesetz regelt, dass Nebeneinkünfte von Abgeordneten veröffentlicht werden.

Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter <http://www.bundestag.de/mdb/nebentaetigkeit/rueckbl.html>;

Hinsichtlich einer Definition des Begriffes “Volk“ verweisen wir ebenfalls auf das Grundgesetz. Das Volk setzt sich zusammen aus den Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland; es übt die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung aus (Artikel 20 Absatz 2 Grundesgesetz).

Weitere Informationen dazu, wie die Bundestagsabgeordneten ihr Mandat ausüben, erhalten Sie beim Deutschen Bundestag beziehungsweise von Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert. Hier verweisen wir gern auf http://www.direktzu.de/bundestagspraesident

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (4)Schließen

  1. Autor Andreas G.
    am 11. November 2007
    1.

    Hallo Peter Steiner,

    das hätte ich mir ja denken können. Wie wäre es, wenn wir uns einmal auf ein Bier treffen? Bin auch aus dem Odenwald, ... Grasellenbach

    Schade, Ihre Satire hätte ich gerne einmal in voller Länge gelesen, liege jetzt schon unter dem Tisch. Können Sie Hellsehen? So abwegig ist das doch gar nicht! Dass da noch keiner drauf kam :-)))

    Aber eine solche Entwicklung birgt ja auch Chancen für uns als Zuschauer. Vielleicht entfällt dann die GEZ Gebühr, da diese dann nicht mehr erforderlich wäre, da die Unternehmen, die die Bandenwerbung buchen, die Zeche komplett bezahlen würden :-)))

    Schönen Gruß

    A.G.

  2. Autor Peter Steiner
    am 11. November 2007
    2.

    Hallo Herr Guthier,

    gerne können wir ein Bier zusammen trinken. Wir wohnen etwa 30 Km voneinander entfernt. Grasselenbachbach ist ein Ort, den ich gut kenne: meine Tochter wohnte dort eine Zeit lang und ich kurvte auf dem Motorrad durch diesen Ort..

    Wie kommen wir zusammen? Nun, Herr Schäuble kriegt´s ja eh raus: p.u.steiner@t-online.de

    Gruß
    Peter steiner

  3. Autor marcus vix
    am 27. November 2007
    3.

    Und neben ihrer immensen Arbeit zum Wohle des Volkes und diverser Arbeitgeber bleibt dann noch immer Zeit, ein kluges Buch zu schreiben und dieses auf der Buchmesse zu präsentieren. Aber wir werden ja nicht von den Abgeordneten regiert, die sich für die Öffentlichkeit im Bundestag gegenseitig angreifen und so tun, als ob sie sich gegen irgendjemanden behaupten müssen. Denn eigentlich sollte jeder wissen, dass der Weg dorthin durch dunkle, schlecht riechende Kanäle führt und man am Ende als Statist in einer vom Kapital inszenierten, jedoch sehr gut bezahlten soap opera mitwirkt. Oder man könnte sagen, der Bundestag ist die am besten bezahlteste talkshow.

  4. Autor Marii Schmidt
    am 03. Dezember 2007
    4.

    Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

    Erwartungsgemäß ließen Sie von Ihrem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung die sehr einfache Frage: "wie erklären Sie die Glaubwürdigkeit eines Parlamentes, dessen Mitglieder in großer Zahl diverse "Nebentätigkeiten" in Wirtschaftsunternehmen wahrnehmen" kurz – und überwältigend präzise – wie folgt beantworten: "Die Abgeordneten sind nur ihrem Gewissen unterworfen!" Das Gewissen (lateinisch conscientia, wörtlich "Mit-Wissen") wird im Allgemeinen als eine spezielle Instanz im menschlichen Bewusstsein angesehen, die einem Menschen sagt, wie er "sein eigenes Handeln" beurteilen soll. Dies geschieht offensichtlich nach dem "subjektiven Maßstab des Nützlichkeitsprinzips". Der "objektive Maßstab" wäre die Logik. Nach Kant fragt die Logik, wie wir denken sollen. Ich frage Sie, wie oder was sollen wir – die Bürger – jetzt über das „menschlichen Bewusstsein“ (Gewissen) der Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes (Art. 38 Abs. 1 S. 2) denken?

    Viel Freude beim Mit-Wissen wünscht Ihnen weiterhin
    eine nachdenkliche Bürgerin

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