Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Andrea D. Jach am 14. Juni 2008
18268 Leser · 0 Kommentare

Soziales

Langzeitkranke schlechter gestellt als Arbeitslose

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

ich würde Ihnen gern eine Frage stellen.

2007 wurde bei mir eine Krebserkrankung diagnostiziert. Ich bekomme z.Zt. Krankengeld.

Nun habe ich erfahren, dass ich nach Ablauf von 78 Wochen von der Krankenkasse 'aus- gesteuert' werde. Um weiterhin Geld zu erhalten muss ich mich bei der Agentur für Arbeit melden. Dieses ist insofern befremdlich, als dass ich a) krank und somit nicht vermittelbar bin, und b) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehe und aus diesem Grund eben- falls nicht vermittelbar bin. Was mich aber am meisten aufbringt, ist die Tatsache, dass ich ALG I erhalten soll. Dieses bedeutet unterm Strich, dass ich als kranke Arbeitnehmerin 10% weniger erhalte, als jeder 'normale' Arbeitssuchende. Dieser erhält die 60% auf Grund- lage seines letzten Gehalts, ich vom Krankengeld! Jedem dürfte bekannt sein, dass das Krankengeld in einer Höhe von 90% des letzten Gehaltes gezahlt wird. Somit steht für mich ein erneuter Einkommensverlust an. Wieso werden Chronisch- oder Langzeitkranke so behandelt?

Der Staat hat meine Steuern, welche ich 27 Jahre lang gezahlt habe, gern entgegenge-nommen. Ebenso meine Sozialversicherungsbeiträge. Heute stehe ich vor dem Nichts.

Abschließend möchte ich allen Politikern mit auf den Weg geben: "Solange ich nicht weiß, wie ich mich morgen ernähren soll, sollten Sie über Diätenerhöhungen noch nicht einmal laut nachdenken. Dieses Verhalten disqualifiziert Sie nicht nur in Ihrer politischen Tätigkeit, mit der ich Sie als Bürgerin beauftragt habe, es disqualifiziert Sie in erheblicherem Maße als Menschen! Jeden Diäten-Euro, den Sie sich gutgelaunt 'in die Tasche stecken' nehmen Sie Menschen wie mir weg!"

Liebe Frau Dr. Merkel, Sie werden diese Zustände sicherlich nicht ändern, trotzdem würde ich mich über Ihre baldige Antwort freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea D. Jach aus Hamburg

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 19. Juli 2008
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Jach,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Sozialversicherungen gewähren schwer und langwierig Erkrankten wie Ihnen für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit eine finanzielle Absicherung. Je nach Dauer der Erkrankung kann das gegenüber dem Arbeitseinkommen mit finanziellen Einbußen verbunden sein. Dabei gelten folgende Grundsätze: Bei Arbeitsunfähigkeit erhalten Versicherte zunächst vom Arbeitgeber in der Regel sechs Wochen Lohn oder Gehalt weiter (Lohnfortzahlung im Krankheitsfall). Im Anschluss an die Lohnfortzahlung zahlt die Krankenkasse Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des letzten Bruttoarbeitsentgeltes (begrenzt auf max. 90 Prozent des letzten Nettoarbeitsentgeltes). Krankengeld hat die Funktion, im Krankheitsfalle den Lohn angemessen zu ersetzen. Das Krankengeld für dieselbe Krankheit ist einschließlich Lohn oder Gehaltsfortzahlung auf 78 Wochen, also anderthalb Jahre - innerhalb von drei Jahren - beschränkt.

Es stimmt, dass danach die örtliche Arbeitsagentur für Sie zuständig wird. Nach Paragraph 125 des dritten Buches Sozialgesetzbuch (§ 125 SGB III) kann Arbeitslosengeld auch Personen gezahlt werden, die wegen einer mindestens sechsmonatigen Minderung der Leistungsfähigkeit (beispielsweise aus Krankheitsgründen) nicht unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbsfähig sein können. Im Rahmen dieses Arbeitslosengeldes werden Sie aufgefordert werden, medizinische Rehabilitationsmaßnahmen zu beantragen. Der Rententräger hat zu prüfen, ob diese Maßnahme sinnvoll ist. Unter Umständen kann es auch zu einer Verrentung auf Zeit oder auf Dauer, je nach Art der Erkrankung, kommen.

Da Sie in diesem Zusammenhang Diätenerhöhungen der Abgeordneten angesprochen haben, möchten wir darauf hinweisen, dass die Bundestagsabgeordneten vor wenigen Wochen auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichtet haben.

Wir wünschen Ihnen eine baldige Genesung und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung