Sehr geehrter Herr Rockel,
vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Bei den Entscheidungen zur Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG (DB AG) wurden sowohl die Ziele der Bahnreform als auch die Infrastrukturverantwortung des Bundes berücksichtigt. Entsprechend der im Koalitionsvertrag getroffenen Grundsatzentscheidung will die Bundesregierung die Beteiligung privaten Kapitals an der DB AG noch in diesem Jahr ermöglichen. Der Bundestag hat am 30.5.2008 dem Regierungsantrag zur Zukunft der Bahn zugestimmt.
Unter dem Dach der DB-Holding, deren Eigentümer der Bund bleibt, soll es künftig zwei Unternehmen geben. Die Bahninfrastruktur bleibt vollständig in Bundesbesitz. Privates Kapital wird mit 24,9 Prozent an den Bereichen Verkehr und Logistik der DB AG beteiligt. Der Güter-, Fern- und Regionalverkehr wird hierfür zu einer Gesellschaft zusammengefasst. Damit soll die Eigenkapitalbasis und die Investitionskraft der DB AG gestärkt werden, um sich den Herausforderungen des europäischen Schienenverkehrsmarktes erfolgreich stellen zu können und weiteres Wachstum des Schienenverkehrs zu ermöglichen. Eine gute Infrastruktur ist die Basis für einen funktionierenden Wettbewerb auf der Schiene.
Bei der Bewältigung der steigenden Güterverkehrsströme hat die Bahn eine Schlüsselrolle. Das Verkehrssystem Schiene muss wachsen, dies geht nicht ohne hohe Investitionen. Die notwendigen zusätzlichen Mittel können nur im Rahmen einer klar definierten Organisationsstruktur und durch Beteiligung Dritter gewonnen werden. Die Bundesregierung verbindet mit der Beteiligung Dritter an der DB AG und den damit geschaffenen finanziellen Handlungsmöglichkeiten die Erwartung einer Attraktivitätssteigerung der Bahn, die Voraussetzung ist für die angestrebte Verlagerung künftiger Verkehrszuwächse auf die Schiene. Die Gewinnung von zusätzlichem Kapital dient der Ertüchtigung des Schienennetzes, der Beseitigung von Kapazitätsengpässen, einer intensiven Lärmreduzierung und der Sanierung von Bahnhöfen. Die Attraktivität des Schienenverkehrs wird durch innovative Technik, neue Fahrzeuge und verbesserte Verkehrsangebote gesteigert.
Die Bahnreform war von Beginn an in Stufen angelegt. Die Ziele der Bahnreform von 1993, die 1994 in Kraft trat, sind bis heute gültig: „Mehr Verkehr auf die Schiene und nachhaltige Entlastung des Bundeshaushaltes.“ Wesentlich für die Reform 1993 war die Unterscheidung zwischen dem Erbringen von Einsenbahnverkehrsleistungen und dem Betreiben der Eisenbahninfrastruktur sowie die Öffnung der Streckennetze für andere privatwirtschaftliche Wettbewerber und die Regionalisierung des Personennahverkehrs.
Im Grundgesetz, Artikel 87e wurden 1993 die wesentlichen Kernpunkte festgeschrieben. Der Bund wird verpflichtet, die Mehrheit der Anteile am Schienennetz zu behalten. Die staatliche Infrastrukturverantwortung nimmt der Bund derzeit durch die Finanzierung der Netzinvestitionen in Höhe von bis zu 4 Milliarden Euro pro Haushaltsjahr wahr. Eine weitere Stufe der Bahnreform im Jahre 1999 führte zur heutigen Struktur der DB AG mit fünf eigenständigen Tochterunternehmen, die ebenfalls als Aktiengesellschaften organisiert sind. Ziel dieser Stufe war die Vorbereitung des Börsengangs der DB AG.
Aus wettbewerbs- wie aus europarechtlichen Gründen wird sichergestellt, dass der Bereich Verkehr und Logistik keine diskriminierenden Einflüsse auf die Infrastrukturunternehmen ausüben kann. Private Investoren erhalten keinen unternehmensbestimmenden Einfluss auf den Kernbereich der Unternehmenspolitik der DB AG.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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