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Beantwortet
Autor C. Dornecker am 04. Juli 2008
16831 Leser · 0 Kommentare

Wirtschaft

Förderung der Abzockmentalität durch Zeitarbeitsfirmen

Förderung der Abzockmentalität durch Zeitarbeitsunternehmen
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

ich habe eine Frage zum Thema Förderung "der Abzockmentalität" durch Zeitarbeitsfirmen.
Die Bundesregierung hat das besondere Anliegen, die Arbeitslosenquote zu senken und nutzt dafür diverse Instrumente.
So fördert man die Einstellung von Arbeitslosen durch entsprechende Fördermittel.
Umgekehrt verhindert man mit dieser Praxis aber auch, dass Arbeitnehmer, die ihre Kündigung in der Tasche haben, oder frisch ausgebildete junge Leute, die von ihrem Lehrbetrieb nicht übernommen werden, eine Anschlussbeschäftigung finden.
Qualifizierte Arbeitnehmer, die bei einer Zeitarbeitsfirma um einen
Beschäftigung nachsuchen, erhalten dort die Information, dass man sie gerne einstellen würde, wenn sie erst 8 Wochen arbeitslos gemeldet sind, da man sich die Fördergelder der Arbeitsagentur nicht entgehen lassen möchte.
Mein Fazit: Hier wird Arbeitslosigkeit durch Fördergelder erst geschaffen.
Genauer betrachtet, werden unsere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verschwendet und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören, dass man kontraproduktive Subventionen, wie diese Form der Förderung, in den Fokus der Betrachtung ziehen würde.
Persönlich möchte ich mit meinen Beiträgen zur Sozialversicherung, den Abbau der Arbeitslosikkeit, sowie die Unterstützung beschäftigungloser Mitbürger finanzieren, fassungslos macht mich die Praxis einiger halb-seriöser Firmen, die ihr Geschäftsmodell überwiegend auf das Erlangen von Fördermitteln aus der Sozialversicherungskasse, ausrichten.
Es wäre nett, von Ihnen zu erfahren, welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um unsere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung vor unseriösem Zugriff zu schützen.

Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Dornecker

P.S.: Auf Nachfrage bin ich gerne bereit entsprechende Namen von Firmen, die dieses Geschäftsmodell praktizieren, zu nennen.

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 02. August 2008
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Dornecker,

vielen Dank für Ihr Schreiben, das wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Bundesregierung will Arbeitslosigkeit weiter verringern. Dafür hat sie die bestehenden Regelungen den aktuellen Anforderungen stets entsprechend weiterentwickelt. Hierzu gehört auch, dass sich Arbeitnehmer arbeitsuchend melden müssen, sobald sie von ihrer Kündigung erfahren. Als Anreiz zu diesem Handeln dient die anderenfalls mögliche Kürzung des Arbeitslosengeldes.

Die frühzeitige Meldung soll schließlich dazu beitragen, dass Arbeitsuchende schnellstmöglich vermittelt werden können. Dies gelingt bei denen gut, deren Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt auch nachfragt werden. Die Arbeitsagentur wird deswegen nachgefragte qualifizierte Arbeitsuchende stets vorrangig vermitteln. Ein Eingliederungszuschuss kommt für nachgefragte qualifizierte Arbeitsuchende hingegen nicht in Betracht. Eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt wird hingegen somit nur gewährt, wenn die Vermittlung gescheitert ist. Zum Beispiel, wenn die angebotenen Qualifikationen nicht mit den nachgefragten Qualifikationen zusammenpassen. Dieses Instrument steht grundsätzlich Unternehmen aus allen Branchen zur Verfügung.

Nur bei Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen können Arbeitgeber also Eingliederungszuschüsse erhalten. Dauer und Höhe der Förderung richten sich nach dem Umfang der Minderleistung des jeweiligen Arbeitnehmenden und den jeweiligen Anforderungen des Arbeitsplatzes. Grundsätzlich darf der Eingliederungszuschuss 50 Prozent des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts nicht übersteigen und für längstens zwölf Monate gezahlt werden. Im Falle von behinderten Arbeitnehmern kann der Zuschuss prozentual höher und länger gewährt werden. Eine besondere Förderung erhalten auch Arbeitnehmer unter 25 Jahren, die trotz Berufsabschlusses mindestens sechs Monate arbeitslos waren: Für deren berufliche Eingliederung erhalten die jeweiligen Arbeitgeber Zuschüsse von mindestens 25 bis zu 50 Prozent des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts.

Um Missbrauch zu verhindern, wird nicht gefördert, wenn der Arbeitnehmer bereits in den letzten vier bzw. im Falle des jugendlichen Arbeitnehmers in den letzten zwei Jahren für mehr als drei Monate bei dem neuen Arbeitgeber versicherungspflichtig tätig war. Ebenso, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis beendet hat, nur um den Zuschuss zu erhalten. Die Förderung muss sogar zurückgezahlt werden, wenn des Beschäftigungsverhältnis während des Förderzeitraums beendet wird. Hiervon ausgenommen sind Jüngere und Ältere, um diesen Personengruppen die Beschäftigungsaufnahme nicht zusätzlich zu erschweren. Außerdem gilt es nicht, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt oder der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis beendet hat, ohne dass der Arbeitgeber den Grund dafür zu vertreten hat.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung