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Abstimmungszeit beendet
Autor Veit Mühling am 13. Oktober 2008
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Außenpolitik

Krieg in Afghanistan – Der Bundeswehreinsatz als Teil einer NATO-Mission

Sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin,

"Mein teurer Bruder, komme zurück in deine Heimat, komme und arbeite für den Frieden und höre auf, deine Brüder zu töten." Der das sagt heißt Hamid Karsai und ist Präsident der Islamischen Republik Afghanistan. Adressiert ist diese Botschaft an Mullah Omar, keinen Geringeren als den Chef der Taliban. Wie steht es wirklich um die Lage im Heimatland der Taliban?

Die Bürger Deutschlands stehen mehrheitlich eher nicht hinter dem militärischen Engagement der Bundeswehr in diesem relativ fernen Land. Könnte das auch an den offenkundigen Widersprüchen in der Lagebeurteilung des Politikers und Verteidigungsministers Jung gegenüber anders lautenden Berichten liegen? Bei allem Respekt vor dem hohen Amte, halten Sie die weichgespülten Formulierungen des Herrn Ministers, der immer noch von einem „Stabilisierungseinsatz“ spricht anstatt die harte Wirklichkeit anzuerkennen, für angebracht? Können noch mehr Soldaten, die aufgrund der immer instabiler werdenden Situation immer weniger Kontakt zur heimischen Bevölkerung aufnehmen, die Lage wirklich stabilisieren? Und ich möchte zumindest die Frage rhetorisch stellen, ob der Bundeswehr stets ausreichend gepanzerte Fahrzeuge, geschützte Unterkünfte etc. zur Verfügung stehen? Wie lange können wir uns diesen Einsatz, der nach damaligen Planungen längst hätte erfolgreich abgeschlossen sein sollen, noch leisten? Sollte die Bundesregierung vornehmlich von Militärs beraten werden, ist es nicht an der Zeit mehr zivile Experten hinzuzuziehen? Die in der Tat schwierige Entscheidung der Bundesregierung zur Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht grundsätzlich infrage stellen. Nur ist doch festzustellen, dass der Krieg in Afghanistan seit nunmehr bereits 30 Jahren andauert. Erlauben Sie mir deshalb noch einige möglicherweise provokante Fragen. Was spricht dagegen in den derzeit hart umkämpften südlichen Regionen einen gemäßigten „Gottesstaat“ zuzulassen? Der Süden wird vornehmlich von den Paschtunen, der eigentlichen Volksgruppe der Taliban, dominiert. Und selbst auf die Gefahr einer Spaltung, wie wäre es, den Norden Afghanistans mit einer Art Marshallplan schnell und nachhaltig zu zivilisieren? Kann es richtig sein, wenn breite Bevölkerungsschichten wieder Hunger leiden, der Bauern einzige Existenz, den Mohnanbau, zu vernichten. Was würde es kosten die „poppy fields“ den Taliban durch Aufkauf zu entziehen? So lange die Endkonsumenten des Schlafmohn vor allem auch aus den USA und Europa kommen, wird diese Finanzquelle der Taliban nicht zu stoppen sein. Könnte es nicht vielleicht sinnvoller sein, anstatt die Präsenz westlicher Streitkräfte zu erhöhen, die einheimische Armee und Polizei deutlich zahlreicher und besser auszurüsten und vor allem so zu besolden, dass ein Wechsel zum militärischen Gegner unattraktiv würde? Ohne stärkere Einbeziehung der eigentlichen Machthaber in den zahlreichen Stämmen und Volksgruppen UND erkennbare wirtschaftliche Erfolge scheint dieses Land nicht aus der Krise zu kommen. Die Taktik der Taliban geht auf mit jedem neuen „friendly fire“.

Spätestens seit Napoleon ist jedem Militär bekannt, ein Partisanenkrieg verhält sich asymmetrisch zu militärischer Stärke und ist oft nicht zu gewinnen. „We won't win Afghan war“ erklärte Mark Carleton-Smith, Brigadegeneral der britischen Luftwaffe in Afghanistan, am 05.10.2008 der "Sunday Times". Ist es nicht höchste Zeit für mehr Ehrlichkeit der Politik und einen radikalen Strategiewechsel?

Mit freundl. Grüßen, V. Mühling