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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor David Bewernick am 14. Oktober 2008
18178 Leser · 0 Kommentare

Wirtschaft

470 Milliarden Euro für Bankenkrise

Sehr geehrte Bundeskanzlerin,

vielen Dank, dass Sie den Bürgern durch dieses Portal die Möglichkeit geben direkte Fragen an die Politik zu stellen.

Ich habe eben die Informationen erhalten, dass 470 Milliarden Euro staatliche Garantien den Banken zur Verfügung gestellt werden. Ich denke es ist positiv zu bemerken wie schnell eine solche Möglichkeit bereitgestellt wurde.

Die deutsche Befölkerung bürgt jedoch indirekt mit Steuergeldern von ca. 6000 Euro pro Kopf durch dieses Vorhaben und ich denke, dass gerade aus diesem Grund viele eine solche Kriese zukünftig nicht noch einmal erleben möchten. Daher nun die Frage in welche Richtung die Planungen der Zukunft gehen?

Die derzeitigen Führungspersonen in vielen Unternehmen scheinen doch immer mehr einen Verlust der Realitäten in Bezug auf Vergütungen haben und müssen daher doch eigentlich gesetzlich eingeschränkt werden.

Als Beispiel wäre meiner Meinung nach z.B. eine Regelung nötig, dass "Erfolgsvergütungen" in gewissen Höhen erst nach einem längeren Zeitraum ausgezahlt werden. Dies scheint mitlerweile leider notwendig zu sein, da es zum Sport wird zwei Jahre in einer Führungsposition zu sitzen, reichlich Stellen abzubauen um die Aktienkurse höher zu treiben und dann respektlos der Allgemeinheit gegenüber auch noch mit hohen Abfindungen abzudanken nachdem eh schon die "Erfolge" übertrieben honoriert wurden.

Ich denke, dass viele Bürger durch die Vorfälle der letzten Wochen ähnliche Gedanken haben. Nicht aufgrund von Neid des Geldes wegen, sondern dem unverantwortlichen Verhalten der Vorstände und der geleichzeitigen Machtlosigkeit der Normalbürger.

Somit noch mal die Frage: Wird die Bundesregierung zukünftig gesetzlich versuchen solche Kriesen zu vermeiden und dann ggf. Führungspositionen zur Rechenschaft ziehen?

Über eine baldige Antwort würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
David Bewernick aus Hamburg

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 20. November 2008
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Bewernick,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Auf dem Weltfinanzgipfel in Washington am 15. November haben die Vertreter der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer ("G20") einen Aktionsplan für eine wirksamere Überwachung der Finanzwelt beschlossen. Das Ziel ist, Finanzkrisen wie die derzeitige in Zukunft zu vermeiden. Die globalen Finanzmärkte sollen berechenbarer und damit stabiler werden.

In den kommenden 100 Tagen, also bis Ende April 2009, sollen die Finanzminister der G20-Staaten an die 50 Sofortmaßnahmen umsetzen. Das Ziel: Es darf keine unkontrollierbaren Märkte, Marktteilnehmer und Produkte mehr auf der Welt geben. So soll es künftig beispielsweise für Verbriefungsprodukte - so genannte Derivate - Bilanzierungsregelungen und Eigenkapitalregeln geben. Diese Produkte wurden bisher außerhalb der Bilanzen geführt. Ihr Risiko war daher für die Marktteilnehmer nicht berechenbar – eine Hauptursache der Krise und den Vertrauensverlust.

Die Staaten müssen weltweit gemeinsam die richtigen Konsequenzen aus den Fehlentwicklungen der Märkte ziehen. Die Bundeskanzlerin hatte sich bereits im vergangenen Jahr beim G8-Gipfel in Heiligendamm für mehr Transparenz und Kontrolle der Finanzmärkte und ihrer Produkte eingesetzt. Die G20 haben nun wichtige Schritte hin zu einer globalen Wirtschaftsordnung und zu einer globalen Aufsicht über die Märkte gemacht.

Weitere Informationen zum Thema Finanzmarkt finden sie hier:

http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/...

Sonderheft des Bundeswirtschaftsministeriums „Finanzkrise“:

http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/publikationen,...

Der zweite Aspekt, den Sie ansprechen, ist die Managerhaftung. Die Vorstellung, dass Schadensersatzansprüche gegen Manager gesetzlich nicht hinreichend ausgestaltet seien, verkennt die tatsächliche Rechtslage. Halten die Geschäftsleiter nicht die Gesetze, Satzungen oder sonstige Regeln ein, für die für ihre Tätigkeit maßgeblich sind, oder treffen sie wirtschaftliche Fehlentscheidungen, können Ihnen einschneidende Konsequenzen drohen.

So sieht Paragraph 36 des Kreditwesengesetzes beispielsweise für Geschäftsleiter von Banken eine Verwarnung oder Abberufung vor. Verschiedene Normen begründen in einem solchen Falle aber auch eine Schadensersatzpflicht. Für Aktiengesellschaften ist zum Beispiel eine Haftungsgrundlage insbesondere in Paragraph 93 des Aktiengesetzes geregelt. Hiernach sind Vorstandsmitglieder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie ihre Pflichten verletzen. Dazu gehört, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung