Sehr geehrter Herr Huber,
vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Digitale Unterhaltungsmedien wie Computerspiele sind in den letzten Jahren zu einem wesentlichen Bestandteil unseres Alltags geworden. Zunehmend haben sie etwa bei Kindern und Jugendlichen andere Medien und anderes Freizeitverhalten abgelöst. Die Ereignisse in Winnenden haben die Diskussion über Computerspiele und Jugendschutz wieder angefacht. Wir stimmen Ihnen zu, dass der vereinzelte Ruf nach verschärften Verboten gewalthaltiger Spiele an den rechtlichen Gegebenheiten vorbeigeht und die vorrangigen Ursachen für Taten wie jetzt in Winnenden nicht angemessen berücksichtigt.
So besteht schon jetzt im Rahmen eines abgestuften Systems ein umfassendes Herstellungs- und Verbreitungsverbot für gewaltverherrlichende oder -verharmlosende Spiele. Auch wenn man davon ausgeht, dass es nicht ohne Auswirkung auf Kinder und Jugendliche bleiben kann, wenn ihnen Gewalt ständig als ein normales und gesellschaftlich akzeptiertes Konfliktlösungsmuster vorgeführt wird, spricht viel dafür, dass übertriebener Spielekonsum nicht die beherrschende Ursache für solche Übergriffe wie in Winnenden, sondern vielmehr Symptom und Verstärker für andere Defizite ist. Die Gründe für solche Taten dürften maßgeblich in sozialer Isolation, Orientierungslosigkeit und Frustration liegen. Allein mit dem Instrument des Jugendschutzrechts und des Strafrechts lassen sich diese Probleme nicht lösen. Hier müssen alle gesellschaftlichen Gruppen ihre Verantwortung wahrnehmen, allen voran die Eltern.
Eine Liberalisierung des § 131 StGB lässt sich dadurch jedoch nicht rechtfertigen. Das Gewaltdarstellungsverbot soll die Wahrung des öffentlichen Friedens gewährleisten und zielt darauf ab, die Risiken exzessiver Gewaltdarstellung zu verdeutlichen. Denn es lässt sich nicht ausschließen, dass von Gewaltdarstellungen Gefahren ausgehen. Aufgrund der gewichtigen Schutzgüter rechtfertigt schon die Möglichkeit sozialschädlicher Wirkungen das Gewaltdarstellungsverbot des § 131 StGB. Die damit vorgenommene Einschränkung der Grundrechte aus Art. 5 GG ist daher verhältnismäßig.
Dem Gesetzgeber steht insoweit eine sogenannte Einschätzungsprärogative zu – also das Vorrecht, Gesetze entsprechend der eigenen Einschätzung im Hinblick auf tatsächliche Gegebenheiten zu fassen. Er kann zur Wahrung des öffentlichen Friedens Schutzmaßnahmen ergreifen, ohne abwarten zu müssen, welche Wirkungen tatsächlich von Gewaltdarstellungen ausgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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