Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Gunther G. am 03. Februar 2011
13129 Leser · 1 Kommentar

Wirtschaft

Mit dem Debakel der Landesbanken hatten wir ein erfolgreiches Jahr 2010?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wieso war das Jahr 2010 ein erfolgreiches Jahr, wenn die Bundesbürger alleine für das Landesbankdebakel in Bayern mit mehr als 3 Milliarden Euro geradestehen muss und das Land Sachsen mit der Pleite ihrer Landesbank eine Bürgschaft von 2,75 Milliarden Euro übernommen hat?

Der sächsische Steuerzahler zahlte seit Juni 2009 bis Ende Dezember 2010 bereits knapp 132 Millionen Euro. Das ist für Sie, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, ein erfolgreiches Jahr!

Die Landesregierung Sachsen rechnet inzwischen damit, dass die gesamte Bürgschaft fällig wird. Nach Angaben des Finanzministeriums muss der Freistaat noch über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren für die riskanten Geschäfte der ehemaligen Landesbank einstehen.

Diese Bürgschaft, so posaunten unsere klugen und sachverständigen sächsischen Politiker damals, sei ja nur theoretisch. Es waren diejenigen, die damals im Aufsichts- und Verwaltungsrat saßen und auf breiter Front versagten.

Versagt haben die damals Zuständigen im Finanzministerium und im Kreditausschuss. Versagt haben der ehemalige Ministerpräsident Georg Milbradt und Ex-Finanzminister Horst Metz, die im Kontrollgremium der Sachsen Landesbank saßen.

Haben wir Bürger jemals eine Entschuldigung von den Verantwortlichen gehört, die die Rahmenbedingungen für diese spekulativen Geschäfte schafften! Verantwortliche, wie der ehemaliger Finanzminister Eichel und der ehemalige Finanzminister von Sachsen Milbradt, schweigen und leugnen. Stellung beziehen sie nicht. Nein, denn da zu gehören Mut und Ehrlichkeit und das sucht der Bürger bei den politisch Verantwortlichen immer wieder vergebens.

Am Montag, dem 20. Dezember 2010, hatte die Bayern-LB vermeldet, dass sie auf Schadensersatzklagen gegen frühere Verwaltungsräte verzichtet.
Der Vorstand der Bayern-LB geht davon aus, dass Haftungsansprüche gegen keines der damaligen Mitglieder des Verwaltungsrates Aussicht auf Erfolg haben, weil aufseiten des Verwaltungsrates keine Pflichtverletzung und schon gar nicht Verschulden vorliegt.

Im Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 28. August 2009 haben die Richter deutlich gemacht, dass die Risiken auch für Verwaltungsratsmitglieder vorhersehbar waren. Die Verantwortung des Verwaltungsrates für die Geschäftspolitik und die Wahrung der Sorgfaltspflichten, sind nicht von der Hand zu weisen. Auch die Mitglieder hätten sich über Haftungszusammenhänge informieren und danach handeln müssen. Es war das Zusammenspiel von Vorstand und Verwaltungsrat, das zur Krise der Bank führte. Die Risiken waren somit vorhersehbar.

Die sächsische Grünen Politikerin Hermenau sagte wörtlich: “Auch gegen jene Verwaltungsräte ist Klage einzulegen, die für die Milliardenverluste der Sachsen LB Verantwortung tragen. Das erfordert allein schon die politische Hygiene. Die kollektive Flucht aus der Verantwortung muss Folgen haben."

Eine Anklage wurde von der Landesregierung Sachsen verworfen. Eine Gerechtigkeit wird es somit nicht geben.

Vielen Dank für die Beantwortung dieser Frage

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Gräfe

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 07. März 2011
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Gräfe,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

2010 war in der Tat ein gutes Jahr: für unsere Wirtschaft und vor allem für die Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit herausgekommen sind. Innerhalb eines Jahres sind fast eine halbe Million zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland entstanden. Das ist eine hervorragende Bilanz. Und viele Firmen wollen weiter einstellen. Die Zahl der Arbeitslosen könnte sogar bald unter die drei Millionen sinken.

Mehr dazu: http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/...

Sie dürfen nicht vergessen: 2009 hat Deutschland die stärkste Rezession der Nachkriegszeit erlebt. Jetzt sind wir Konjunkturlokomotive von ganz Europa. Wir haben Ende 2010 und auch im Januar 2011den höchsten Beschäftigungsstand seit der Wiedervereinigung erreicht. Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Überbrückung der Krise haben ihre Wirkung voll entfaltet.

Gestärkt aus der Krise: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Magazine/02Magaz...

Die Staatshilfen - auch für die Landesbanken - dienten nicht nur dazu, einzelne Banken vor der Pleite zu retten. Es galt, insbesondere einen Zusammenbruch des gesamten Finanzsektors und damit noch schlimmere Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zu verhindern. Die Bundesregierung will die Beteiligung des Staates an Banken zeitlich so eng wie möglich begrenzen.

Die Konsolidierung der Landesbanken muss weiter fortschreiten. Hierbei sind in erster Linie die Bundesländer gefragt. Denn sie und die Sparkassenverbände sind Träger der Landesbanken. Der Bundesfinanzminister begleitet den Prozess der Neuordnung der Landesbanken als Moderator.

Ausführliche Informationen zu den Finanzmarkt-Stabilisierungsmaßnahmen finden Sie hier: http://www.soffin.de/de/

National und international haben wir bereits einige Gesetzesinitiativen umgesetzt und eingebracht, um ein stabileres internationales Finanzsystem zu schaffen. Wir sind aber noch nicht am Ende der Reformen. Die Banken müssen künftig als Risikopuffer deutlich mehr Eigenkapital vorhalten. Und in Deutschland werden sie quasi als Vorsorge für künftige Krisensituationen ab diesem Jahr eine Bankenabgabe leisten.

Die Frage der Haftung von Vorständen oder Aufsichtsräten bei den Banken müssen die Gerichte klären.

Mit dem Restrukturierungsgesetz gelten seit dem 1. Januar 2011 längere Verjährungsfristen für die Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Aktiengesellschaften. Denn die Durchsetzung von Ersatzansprüchen bei Managementfehlern darf in Zukunft nicht scheitern, nur weil die Verjährungsfristen zu kurz waren.

Mehr zur Bankenabgabe finden Sie hier: http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/...

Neue Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte (Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen, Februar 2011): http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_122914/DE/BMF__S...

Gutachten über Ausstiegsstrategien aus krisenbedingten Beteiligungen an Banken: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_54/DE/Wirtschaft...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor Bernd Pfeiffer
    am 14. Februar 2011
    1.

    Belobigung der Unbeteiligten und Prämierung der Versager ,oder Abstandszahlung in traumhaften Höhen.............kommt mir irgendwie bekannt vor.Sicher ein Traum vor 25 Jahren.B.P.

  2. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.