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Beantwortet
Autor Joachim Zielke am 25. März 2011
17627 Leser · 7 Kommentare

Gesundheit

Verbot der Beschneidung an männlichen Kindern und Jugendlichen

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

Hintergrund dieser Thematik ist die immer mehr zunehmende Zahl von Todesopfern auf der Welt, welche an diesem nicht medizinisch notwendigen Eingriff sterben oder immense, psychische Schäden dadurch erleiden. Lange Zeit galt der Mythos rund um HIV-Prävention und Gebärmutterkrebs als das Argument schlechthin, um derartige Eingriffe zu rechtfertigen. Ebenso wurde oft das Krankheitsbild der sog. Phimose als Grund genannt, welcher für einen derartigen Eingriff spricht. Mittlerweile zeigen Statistiken ganz klar, dass dies weder der HIV-Prävention dient (in Afrika z.B. ist die Übertragung bei unbeschnittenen Männern deutlich geringer als bei beschnittenen), noch als Maßnahme gegen eine im Kindesalter nicht zurückziehbare Vorhaut aus medizinischer Sicht vertretbar ist. Die Beschneidungsrate in den USA ist 2010 von knapp 50% auf 30% gesunken. Ein deutliches Zeichen dafür, dass viele Ärzte und Eltern sich immer häufiger gegen diesen Eingriff aussprechen.

Aus diesen Gründen fordere ich:

- Abschaffung bzw. Verbot, Beschneidungen an Kindern und Jugendlichen vorzunehmen

- Abschaffung der Anerkennung von Phimose-Diagnosen im Kindesalter durch Kassen und sonstige, ärztliche Vereinigungen

- Freiheitsstrafen für aus religiösen Gründen durchgeführte Beschneidungen gegenüber den Verantwortlichen (schwere Körperverletzung, sexuelle Vergewaltigung)

Ich möchte an dieser Stelle noch auf Artikel 2 Abs. 2 GG sowie Artikel 3 Abs. 2,3 GG verweisen. Aus dem Bundestag wurde mir bereits schriftlich mitgeteilt, dass zu dieser Thematik eine Gesetzesanpassung diskutiert wird. Leider bisher ohne Resultate. Werden Sie, Frau Bundeskanzlerin, bald durchgreifen und einen Gesetzesentwurf über o.g. Forderungen vorlegen und hoffentlich auch umsetzen?

Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Zielke

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 03. Mai 2011
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Zielke,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Beschneidung ist grundsätzlich eine Körperverletzung im Sinne des Strafgesetzbuches.

Abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann ein solcher körperlicher Eingriff jedoch gerechtfertigt und damit straflos sein – etwa dann, wenn der Betroffene der Beschneidung eingewilligt hat. Wenn Kinder betroffen sind, ist zu prüfen, ob die Einwilligung der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten wirksam ist und dazu führt, dass die Strafbarkeit ausgeschlossen wird.

Letztendlich hängt die Antwort auf die Frage also vom Einzelfall ab und kann nur von den zuständigen Gerichten gegeben werden, so sie angerufen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (7)Schließen

  1. Autor Bea Schmidt
    am 26. März 2011
    1.

    Da auch Kinder als Erwachsene ein Recht auf Selbstbestimmung haben, ist es nicht einzusehen, daß Eltern ihren Jungs, die als komplette Wesen auf die Welt kommen, einfach ungefragt Operationen am empfindlichsten Körperteil zumuten - weder aus religiösen noch aus "medizinischen" Gründen. "Phimosen" wachsen sich fast immer in der Jugend aus. Ebenso gehört es verboten, Kindern, bei welchen das Geschlecht bei Geburt nicht eindeutig zuzuordnen ist, operativ zu "korrigieren" nach eigenem Gutdünken. Dies widerspricht meiner Meinung nach dem Recht auf Selbstbestimmung, welches einem Kind nicht abgesprochen werden sollte und darf - erst recht nicht bei solchen gravierenden, das ganze Leben begleitenden Folgen! Die Welt ist nicht nur schwarz oder weiß, es gibt unzählige Schattierungen. Ein Kind sollte später selbst entscheiden, ob es sich in Richtung männlich oder weiblich "korrigieren" lassen möchte - oder so bleiben möchte, wie es ist. Sämtliche Schneidereien an den Genitalien haben zu unterbleiben - das ist meine Meinung.

  2. Autor Erhard Jakob
    am 26. März 2011
    2.

    Joachim,
    ich wußte gar nicht, dass in Deutschland solche
    gesundheitsschädlichen >Beschneidungen<
    erlaubt sind.

    Doch, wir wissen auch, dass im Rahmen der
    >freien Selbsbestimmung< bzw. im Rahmen
    der >freien Selbsverstümmelung<
    viel schlimmere Operationen
    durchgeführt werden.

    Hier werden sogar ganz Penisse abgeschnitten
    und eine Vagina angenäht. Das ist doch viel
    schlimmer als eine Vorhaut zu kürzen.

    Selbstverständlich spreche ich mich hier gegen
    >Beschneidungen< aus. Aber nicht nur bei
    Jungs sondern auch bei Mädchen.

  3. Autor Önder Ö.
    am 27. März 2011
    3.

    Stimme dem hundertprozentig zu...Auch ich trage schwere seelische sowie körperliche Schäden mit mir. Es ist ein Verbrechen an meiner Person begangen worden als ich in einem Alter war, in dem ich nicht mündig war. Das verstößt gegen das Recht der Selbstbestimmung und der körperlichen Unversehrtheit...

    Seinem Kind eine Ohrfeige zu geben ist strikt verboten, jedoch die Amputation von gesundem Gewebe und wilkürlicher sexueller Missbrauch und ein irreversibler chirurgischer Eingriff nicht..

    Es ist ein Tabuthema. Ich dachte in Deutschland steht das Recht über der Religion. Warum steht also das Recht der Kinder über ihre Selbstbestimmung nicht über der Religion der Eltern?

    Hinzu kommt das weibliche Kinder geschützt sind vor Eingriffen, männliche jedoch nicht. Das kann nicht angehen, da es sexistisch ist. Die deutsche Justiz hat mich nicht geschützt.

  4. Autor Joachim Zielke
    am 28. März 2011
    4.

    Herr Jakob,

    sicher sind die genannten Operationen auch mit großen Risiken verbunden. Wer sich jedoch freiwillig im Erwachsenenalter einer solchen OP unterziehen möchte, hätte meiner Ansicht nach das Recht dazu - der- oder diejenige entscheidet über den eigenen Körper. Das ist ein gutes und unabdingbares Recht. Was ihre Verwunderung über die OPs betrifft: Ja, leider wird heutzutage immer noch sehr oft "Phimose" diagnostiziert, nur weil die Vorhaut im Baby- oder Kindesalter nicht beweglich ist. Dabei wird von vielen Ärzten aus Ignoranz und finanzieller Habgier sowie bei den Eltern aus mangel an Informationsbeschaffung verdrängt, dass dies ein natürlicher Prozess ist. Bei einem jungen Mädchen sieht die Natur im jungen Alter ebenso wenig sexuellen Verkehr vor, wie bei einem Jungen. Deshalb auch die o.g. und korrekte Aussage, dass diese "Phimose" nur ein temporärer Zustand der Vorhaut ist, welcher sich mit beginn der Teenagerzeit langsam löst und alles normal funktioniert. Ebenso finde ich das Argument von Prävention einer HPV-Infektion abscheulich. Wo leben wir denn, dass Männer verstümmelt werden damit es Frauen gesundheitlich gut geht? Ist das etwa gerecht bzw. mit unserem Grundgesetz "alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich" vereinbar? Ich denke nicht... Darüber hinaus ist es eine Schande, dass in Deutschland immer noch Beschneidungen aus religiösen Gründen vorgenommen werden. Das mag zwar rechtswidrig sein, aber wo kein Kläger da kein Richter und viele Kinder und Jugendliche, welche durch derartige Eingriffe ein leben lang traumatisiert sind, haben oftmals weder die Kraft noch den Mut, darüber zu sprechen und dejenigen zur rechenschaft zu ziehen. Bei weiblicher Beschneidung dauert es nicht lange, bis Frau Schwarzer wieder irgendwo ihren Kommentar abgibt. Wo sind die Rechte der Männer bzw. männlichen Kinder? Hier fehlt es nicht nur an Gerechtigkeit sondern auch an den notwendigen Organisationen, welche gegen diese operativen Verstümmelungspraktiken vorgehen bzw. darüber aufklären.

  5. Autor Erhard Jakob
    am 08. April 2011
    5.

    Joachim, ich stimme Ihnen nur zum Teil zu. Wenn Erwachsene eine Geschlechtsumwandlung durchführen lassen wollen, dann ist das
    in unserem Staat möglich. Wenn dies medizinisch notwendig ist, dann
    finde ich das auch ok. Doch es gibt auch Operrationen, die aus medi-
    zinischer Sicht nich ok sind. Dagegen spreche ich mich ja aus. Insbesondere, wenn sie von unseren Geldern bezahlt wird. Die Vorhaut-und auch die Kloritisbeschneidungen sind aus medizinischer Sicht nicht in Ordnung. Hier spielt eine Religion eine Rolle, die in Deutschland nicht das Sagen hat. Entsprechende Gesetze verbieten sogar solche Beschneidungen. Deshalb können wir in diesem Fall nicht auf unseren Staat und unsere Politiker schimpfen. Sondern, auf solche Eltern, die das mit ihren Kindern anstellen und Ärzten, die sich für viel Geld dazu her geben. Wir dürfen, wenn wir so etwas sehen, die Kinder bzw. Opfer nicht allein lassen und weg schauen. Wir müssen hinsehen und notfalls auch Anzeige erstatten.

  6. Autor Joachim Zielke
    Kommentar zu Kommentar 5 am 08. April 2011
    6.

    Ich sehe in Ihrer Antwort keine Differenz zu meinen Ansichten. Im Gegenteil - ich stimme Ihren Aussagen voll und ganz zu. Vielleicht haben Sie meinen Kommentar auch nur falsch aufgefasst. Wie dem auch sei, ich bin erfreut zu hören, dass sie voll und ganz hinter dem Schutz der Kinder stehen, jedoch bin ich der Ansicht, dass man unseren Politikern durchaus eine bisher versagte Gesetzesanpassung vorwerfen kann. Immerhin wurde in Bezug auf das weibliche Geschlecht bereits vor langer Zeit ein entsprechender Gesetzestext verfasst, welcher Eingriffe dieser Art verbietet und unter Strafe stellt. Dass jedoch in Bezug auf das männliche Geschlecht keinerlei Handlungsbedarf für nötig gehalten wurde, ist in meinen Augen nicht nur fahrlässig sondern auch unvertretbar mit unserem Grundgesetz. Aber das sagte ich ja bereits. Sicher sind die Eltern bzw. Ärzte letzten Endes die "ausführende Gewalt", doch wurde ihnen ja auch bis dato Handlungsfreiheit gewährt, wenn alles unter dem Deckmantel der Phimose ablief. Religioöse Beschneidungen sind zwar bereits verboten, werden jedoch viel zu wenig verfolgt, als wie es bei Kindesmißbrauch der Fall ist, wo ganzer Sonderkommisionen das Internet Tag für Tag scannen und Straftaten dieser Art auf Schritt und Tritt verfolgen. Ich sehe die Problematik daher schlichtweg darin, dass man beim Gesetzesentwurf die religiöse Seite verboten, die falschen und unnötigen Diagnosen der Ärzte und dessen fatale Folgen jedoch schlichtweg ignoriert hat. Ein Schelm der hier an Lobbypolitik denkt...

  7. Autor Önder Ö.
    am 15. April 2011
    7.

    Das Problem ist aber dass, viele dieser Menschen ihr eigenes Traume einfach ungestraft an ihren Nachwuchs weitergeben dürfen. Die Welt hat sich hierbei so lange an eine Unmenschlichkeit gewöhnt, dass sie es gar nich mehr ans Unmenschlichkeit sieht. Es ist genauso wie wenn wir heute historische Filme schauen und denken: Oh mein Gott waren das Barbaren damals, die zeitgenössischen Menschen es aber als normalen Alttag empfanden. Beschneidung IST Barbarei. Die Tatsache dass alle Moslems, Juden und viele Amerikaner beschnitten sind und der Wahrheit nicht ins Auge sehen können dass sie missbraucht worden sind ändert daran nichts..Mich persönlich stört auch, dass Beschneidungen nicht genug schockieren. Will damit sagen, dass immernoch debattiert wird und abgewogen wird. Pro und Contra heisst es. Ich möchte dass man bei diesem Thema, so wie es sich gehört, an Missbrauch denkt, an Verstümmelung und Vergewaltigung. ICH selbst als Erwachsener hätte über meinen Körper entscheiden können, jedoch wurde mir diese Chance genommen. Es ist unglaublich, unbeschreiblich traumatisierend in die Pubertät zu kommen und seine Verstümmelung zu bemerken. Wenn ich meinem dreijährigen Sohn einen Klaps gebe und ihm Ohrlöcher stechen lasse werde ich von der Gesellschaft verurteilt jedoch darf ich ihn hinter verschlossen Türen verstümmeln. Menschen die Ungerechtigkeiten zulassen sind so schlimm wie die Täter. Wir haben ein Grundgesetz und Basta. Es darf keinem interessieren ob sich danach Juden oder Moslems beschweren. Es geht nicht um Religionsfreiheit es geht um Menschenrechte. Denn: ES GIBT keine muslimischen Kinder, jüdischen Kinder, katholischen Kinder etc. Es gibt nur KINDER. Bevor sie sich ein Bild von der Welt machen können wird ihnen ein barbarischer Stempel aufgedrückt. Ein jeder der nicht indoktriniert ist, kulturell oder religiös MUSS mir Recht geben. Ich entschuldige mich falls mein Beitrag zu lang ausgefallen ist und ich mich das eine oder andere Mal wiederholt habe

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