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Beantwortet
Autor H. Förnzler am 28. Februar 2012
29530 Leser · 4 Kommentare

Wirtschaft

Der Deutsche hat höhere Schulden als der Grieche

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

folgende Frage:

Griechenland hat eine Gesamtverschuldung von 237 Mia.EUR bei einer Einwohnerzahl von 11 Mia. EUR, damit eine Prokopfverschuldung von 25.000 EUR.

100 Mia EUR Schuldenerlass bedeutet ein Finanzgeschenk von 92.500 EUR pro Kopf Griechenland; einer Familie mit 2 Kindern werden gut 350.000 EUR Staatsschulden erlassen.

Nach der Finanzhilfe von 130 Mia EUR hat Griechenland noch eine Prokopf-Verschuldung von 13.000 EUR.

Jeder Deutsche hat über 22.000 EUR Staatsschulden.

Die konkrete Fragestellung lautet:
Sind diese Zahlen so richtig?

Nachsatz:
Ich frage auch für meine Arbeitskollegen,
die mit mir zusammen diese Zahlen aus Wikipedia nachgeprüft haben.

Mit freundlichen Grüßen

H.F.

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 04. April 2012
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Förnzler,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Der öffentliche Schuldenstand Griechenlands betrug 2011 356 Milliarden Euro, 2012 reduziert er sich durch den Schuldenschnitt auf 327 Milliarden Euro. Gemessen an der Einwohnerzahl Griechenlands – 11,333 Millionen – ergibt sich eine Pro-Kopf-Verschuldung 2011 von 31.413 Euro, 2012 von 28.854 Euro.

Deutschland hatte 2011 übrigens einen Schuldenstand pro Kopf von rund 25.500 Euro. Ein Vergleich des Schuldenstandes pro Kopf in absoluten Zahlen ist jedoch nicht aussagefähig, um die finanzielle Lage des jeweiligen Landes zu beurteilen, da die Wirtschaftskraft der Länder nicht berücksichtigt ist. Aussagekräftiger ist der Schuldenstand eines Landes im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP). Griechenland hatte 2011 einen Schuldenstand von rund 165 Prozent des BIP. Deutschlands Schuldenstand betrug im vergangenen Jahr 81,1 Prozent des BIP.

Sicherlich erinnern Sie sich: Der Schuldenschnitt für Griechenland war Voraussetzung für das zweite Hilfsprogramm, das Griechenland bis 2014 Hilfskredite der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds in Höhe von 164,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Ein Großteil der Mittel wird bereits im ersten Programmjahr ausgezahlt. Dazu gehören Kredite zur Umsetzung des Schuldenschnitts. Durch den Schuldenschnitt reduziert sich der Schuldenstand Griechenlands deshalb nicht sofort um 100 Milliarden Euro.

Der Schuldenschnitt trägt dazu bei, die sogenannte Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern. Setzt Griechenland die vereinbarten Bedingungen – mit den notwendigen Reformen – vollständig um, lässt sich sein Schuldenstand von derzeit rund 165 Prozent des BIP auf unter 117 Prozent im Jahr 2020 senken.

Bei den Finanzhilfen für Griechenland geht es im übrigen nicht allein darum, Griechenland zu helfen. Es geht um die Stabilität unserer Währung. Griechenland kann sich nicht mehr hinreichend an den Kapitalmärkten finanzieren. Das gefährdet die Finanzstabilität der Währungsunion insgesamt – und würde letztlich erheblichen Schaden für Deutschland bedeuten.

>> Mehr Infos zur Griechenlandhilfe http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Magazine/02Magaz...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (4)Schließen

  1. Autor Hans-Jürgen Ahlers
    am 06. März 2012
    1.

    Entscheidend sind nicht die Staatsschulden pro Kopf, sondern wie viel Prozent der griechischen Geldersparnisse zu Staatsschulden wurden. In Deutschland wurden knapp 60 Prozent der Geldersparnisse zu Staatsschulden. 40 Prozent sind also noch übrig für Unternehmen und private Haushalte. Entscheidend ist auch, ob die Steuerzahler die Staatsschuldzinsen noch tragen können. Hauptfehler des Maastricht-Vertrages ist die Bindung der Staatsschulden an das Brutto-Inlands-Produkt (BIP). Welche Wähler wissen denn schon, was BIP ist?

    Besser wäre, die Staatsschulden an die nationalen Ersparnisse zu koppeln. Denn beim Geld hört die Freundschaft auf. Das gilt auch für die Griechen. Wenn die griechischen Wähler gewusst hätten, dass ihre Politiker über 100 Prozent ihrer Ersparnisse zu Staatsschulden gemacht haben, hätte sie andere Parteien gewählt.

  2. Autor H. Förnzler
    am 11. März 2012
    2.

    Sehr geehrter Herr Ahlers,

    gerade eben höre ich in den Nachrichten: Die KfW gibt keinen Kredit an Schlecker, die Firma ist damit insolvent.

    Diejenigen, die „wissen, was das BIP ist“,

    denen geht sofort mit dieser Nachricht auch auf,
    dass die KfW sehr viel weniger zögert, schlechte Staatsanleihen aufzukaufen (Griechenland 210 Millionen, beispielsweise), wie von dieser Bundesregierung dem deutschen Steuerzahler auch die FSM, die Bad Bank der HypoRealEstate untergeschoben wurde (9 Mia Griechenlandanleihen).

    Die Banken werden gerettet, die eigenen Firmen/Arbeitnehmer werden an die Wand gedrückt.

    Diejenigen, die „nicht wissen, was das BIP ist“,

    die sehen mit dem klaren gesunden Menschenverstand dessen, der tagtäglich seine Rechnungen zahlen muss, dass Deutschland nicht für die Schulden Europas einstehen kann.
    Mit anderen Worten: dass D von den Partei“spitzen“leuten an die Wand gefahren wird – wenn die Abgeordneten weiter mitmachen.

  3. Autor Hans-Jürgen Ahlers
    am 20. März 2012
    3.

    Sehr geehrte Frau Förnzler,

    Banken, die dem Staat Griechenland Kredite gegeben haben, mussten über 50 % davon abschreiben. Das ist eine gerechte Wirtschaftsstrafe für unverantwortliches Verschulden eines fremden Staates. Was kostet das uns Steuerzahler? Diese Banken haben entsprechend weniger Gewinne und müssen entsprechend weniger Steuern zahlen. Das ist der Verlust des deutschen Staates.

    Wenn nun Europa Griechenland einen preiswerten Kredit gibt, ist das kein Verlust für uns deutsche Steuerzahler, sondern ein Zinsgewinn. Natürlich ist es theoretisch denkbar, dass Griechenland in den totalen Bankrott schlittert. Die Weichen sind nun aber so von Europa gestellt worden, dass die griechische Regierung mit dem Sozialstaat auf Kredit aufhören muss,

    Und was machen wir in Deutschland? Haben die deutschen Sparer schon reagiert? Nein, sie sparen weiterhin doppelt so viel, als Unternehmen und private Haushalte bereit sind, sich zu verschulden. Wann warnt Frau Merkel uns endlich vor der zu hohen Sparsamkeit der privaten Haushalte, die sparen können?

    Das stand noch niemals in einer Zeitung: Die Staatsschuldzinsen kosten jedes Jahr doppelt so viele Steuergelder als alle Kindergelder.

    Und das auch nicht: Staatsschuldzinsen sind eine Subvention an die Verursacher von Millionen-Arbeitslosigkeit und -Armut.

    Und das auch nicht: Als Strafe müssen wir 3 Millionen Arbeitslose und 7 Millionen Hartz IV-Empfänger mitschleppen.

  4. Autor H. Förnzler
    am 22. März 2012
    4.

    Sehr geehrter Herr Ahlers,

    wir sehen an Ihren Ausführungen, dass die vergangenen Regierungen aller Farben ihrer Aufgabe nicht mehr nachkommen:
    Ordnung und Rahmen zu schaffen für freie Menschen;
    (Stichworte: Auftrags-Gesetzgebung - Pharmaindustrie - Finanzindustrien - EU)

    Mal kurz und bündig das Geschehen betrachtet:

    dem griechischen Staat werden Schulden erlassen damit er sich wieder neu verschulden kann.

    Nun soll mir keiner erzählen, die Großbanken hätten daraus nicht einen Vorteil.

    Welchen Vorteil?

    Diesen Vorteil: Zeitgewinn. Um nach der von mir oben angesprochenen Vorgehensweise ihre schlechten Papiere abzustoßen – die werden vom deutschen Steuerzahler übernommen, siehe oben.

    Eine Überschrift aus dem Handelsblatt:
    „Organisationen werfen der EU-Insolvenzverschleppung vor“

    und:

    "Koalitionspolitiker rebellieren gegen den Euro-Kurs".

    Morgendämmerung.

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