Sehr geehrter Herr Schuldt,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Die Bundesregierung ist sich der besonderen Sensibilität von Lieferungen an Kernkraftwerke im Ausland bewusst. Die Bundesregierung setzt sich sowohl in der EU als auch in der Gemeinschaft der G20-Staaten für einheitliche Standards auf hohem Niveau ein. So konnten wir zum Beispiel erfolgreich darauf Einfluss nehmen, dass entsprechende Lieferungen, für die ein Staat bürgt, zukünftig anhand der Standards der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zu prüfen sind. Denn bisher enthielten die Umweltleitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) keine besonderen Rahmenbedingungen für Exporte zu nukleartechnischen Anlagen im Ausland.
Für das Kernkraftwerk Angra 3, das Brasilien plant, gibt es zur Zeit noch keine abschließende Entscheidung über eine Exportbürgschaft (Hermesdeckung). Die Bundesregierung hat 2011 ein unabhängiges Gutachten zur nuklearen Sicherheit angefordert. Es liegt seit dem 12. April 2012 vor. Der Gutachter stellt darin fest, dass zu einigen wesentlichen Sicherheitsaspekten noch keine bewertbaren Unterlagen vorhanden sind. Insbesondere war der Stresstest, den der Betreiber geplant hatte, noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus lassen sich auch die Fragen eines Erdrutsches und der Evakuierung noch nicht ausreichend bewerten, so der Gutachter. Die Bundesregierung hat deshalb darauf hingewiesen, dass ein weiteres Gutachten erforderlich ist. Die endgültige Entscheidung über die Hermesdeckung wird die Bundesregierung deshalb erst zu einem späteren Zeitpunkt prüfen können.
Zum Atomausstieg in Deutschland: Die Entwicklung der Kosten für die Stilllegung und den Rückbau der deutschen Kernkraftwerke hängt von vielen Faktoren ab. Das gilt auch für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und weiterer radioaktiver Abfälle. So richtet sich zum Beispiel die Gesamtmenge der erwarteten Brennelemente nach der Laufzeit der Kraftwerke. Die finanziellen Rückstellungen bis 2020 sind deshalb gegenwärtig schwer abzuschätzen.
Um Stilllegung und Entsorgung zu finanzieren, wird häufig das Modell eines sogenannten externen Fonds diskutiert. Das heißt: eine Verwaltung der Mittel in einem Staatsfonds oder einem öffentlich-rechtlichen Fonds. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass eine Fondslösung gegenüber den derzeitigen Regelungen keinen entscheidenden Vorteil bietet. Das bestehende Modell der Rückstellungen entspricht dem Verursacherprinzip – der Eigentümer eines Kernkraftwerks muss auch für dessen Stilllegung und Rückbau aufkommen.
Zum Netzausbau: Der umweltfreundliche Strom aus erneuerbaren Energien muss transportiert werden – eben dorthin, wo er gebraucht wird. Deshalb müssen wir die Netze zügig ausbauen. Die Bundeskanzlerin hat dazu aufgefordert, sich diesen Veränderungen nicht zu verweigern. Wenn wir das Ziel einer klimafreundlichen und sicheren Energieversorgung ernsthaft erreichen wollen, muss jeder seinen Beitrag leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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