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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor M. G. am 03. Januar 2013
9257 Leser · 1 Kommentar

Gesundheit

Wieso wird der Verkauf verhältnismäßig ungesunder Speisen und Getränke größtenteils gebilligt?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir Konsumenten sind der raffiniert werbenden Nahrungsmittelindustrie teilweise schutzlos ausgeliefert, da einige zweifelhafte Geschäftsgebahren in diesem Segment unverständlicherweise nicht als irreführende Werbung gelten.

Finden Sie nicht, dass fett- bzw. kalorienreduzierende Innovationen in diesem Segment auch dadurch verhindert werden, dass hierzulande der Lebensmittelindustrie zu wenig Fesseln angelegt werden und weiterhin mit blumig-paradoxen Formulierungen wie "nur 18 % Fett" (bei Käse) oder immer noch kalorienreicher "Diätschokolade" geworben werden oder "Nektar"(Getränk) verkauft werden darf?

Dabei gibt es doch viele zugelassene kalorienreduzierte Ersatzstoffe.

Auch ist der gesundheitliche Nutzen weiterer Lebensmittel wie z. B. von Milch und von künstlichen Vitamin-Ergänzungspräparaten in der Fachwelt seit Jahren sehr umstritten, um nur zwei bekannte Beispiele zu nennen. Falsch angewendet schaden sie dem Menschen teilweise eher als dass sie nützen.

Ist es volkswirtschaftlich überhaupt vertretbar, dass die Bevölkerung auch aufgrund versteckter Ernährungsfallen immer weiter erkrankt? Natürlich könnte man argumentieren, dass selbst Fehlernährung Arbeitsplätze schafft: Ärzte, Pfleger und Psychologen werden benötigt. Aber sehr wahrscheinlich müsste die Regel gelten: Je gesünder die Bevölkerung, desto höher der volkswirtschaftliche Gesamtnutzen.

Eine ideale Gesundheitspolitik reglementiert also am besten den Kaloriengehalt in den Lebensmitteln und zwingt die Lebensmittelbranche dazu, die aktuellen gesundheitsförderlichen Kenntnisse der Forschung in die eigenen Produkte einfließen zu lassen. Die staatliche Lenkung hätte also gleich zwei positive Effekte: Gesundheitsprävention und Gesundheitsinnovationen.

Fazit: Kann die Bundesregierung von sich behaupten, dass sie in dieser Hinsicht interessen- bzw. marktgerecht handelt?

Mit freundlichen Grüßen

M. G.

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 12. Februar 2013
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Gratzer,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Kanzlerin beantworten.

Sie sprechen verschiedene Aspekte des Verbraucherschutzes bei Lebens- mitteln an. Zunächst einmal ist es so: Das Lebensmittel- und Futtermittel- gesetzbuch verbietet, Lebensmittel unter irreführenden Angaben oder Aufmachungen auf den Markt zu bringen oder damit zu werben. Es ist EU-rechtlich geregelt, dass Werbung für Lebensmittel mit nährwertbezogenen Angaben wie „leicht“ oder „reduzierter Fettanteil“ nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist.

Viele Unternehmen nennen auf ihren Produkt-Verpackungen schon heute freiwillig die wichtigsten Nährwerte. Die Verbraucher können sich so leicht einen Überblick verschaffen, zum Beispiel über den Energie-, Fett- oder Zuckergehalt eines Lebensmittels. Ab dem 14. Dezember 2016 sind dann alle Unternehmen nach der EU-Lebensmittelinformations-Verordnung dazu verpflichtet, vorverpackte Lebensmittel zu kennzeichnen.

Auch Nahrungsergänzungsmittel müssen den lebensmittelrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Nahrungsergänzungsmittelverordnung, entsprechen. Sie legt zum Beispiel fest, welche Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden dürfen. Bei einer ausge- wogenen und abwechslungsreichen Ernährung sind sie grundsätzlich entbehrlich. In bestimmten Fällen, zum Beispiel in der Schwangerschaft und Stillzeit, können sie aber sinnvoll sein.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Milch und Milchprodukte für eine gesunde Lebensweise. Auch wenn es einzelne Wissenschaftler gibt, die einen hohen Milchkonsum kritisch sehen, sind die Bedenken bisher nicht ausreichend belegt.

Insgesamt sind über 170.000 verschiedene Lebensmittel auf dem Markt. Und jedes Jahr kommen mehr als 10.000 Produkte hinzu. Deshalb gibt es immer wieder Grauzonen, die rechtlich schwer fassbar sind.

Hier setzt die Initiative "Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln" des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz an. Die Initiative will die Verbraucher informieren und sie besser vor Täuschung schützen. Gleichzeitig werden die Unternehmen im Wettbewerb gestärkt, die ihre Produkte verbraucherfreundlich kennzeichnen.

Mit dem Nationalen Aktionsplan „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ fördert die Bundesregierung eine gesunde Lebensweise. Der Plan bündelt bundesweit Projekte für einen gesunden Lebensstil und bietet Infos rund um eine gesunde Ernährung.

Weitere Informationen zur Lebensmittel-Kennzeichnung: http://www.bmelv.de/DE/Ernaehrung/Kennzeichnung/kennzeich...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor M. G.
    am 27. Januar 2013
    1.

    Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

    eine bloße Begrenzung der möglichen Antwort auf die „Diätverordnung“, das „Bundesamt für Risikobewertung“ oder/und bisher erfolgter Reglementierungen hinsichtlich erlaubter Werbeaussagen und notwendiger Nährwertangaben reicht mir in diesem Fall nicht aus.

    Denn diese Informationen konnte ich mir in der Zwischenzeit bereits selbst relativ bequem zusammensuchen; auch den Hinweis, dass seit Oktober 2012 die „Diät“-Schokolade bestenfalls nur noch „Diabetiker“-Schokolade heißen darf.
    http://www.lebensmittelklarheit.de/cps/rde/xchg/lebensmit...
    http://www.lebensmittelklarheit.de/cps/rde/xchg/lebensmit...

    Ebenso möchte ich ausdrücklich betonen, dass ich diese Frage weitestgehend losgelöst von der „Bio“-Bewegung betrachtet wissen möchte.

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