Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Abstimmungszeit beendet
Autor Helmut Krüger am 04. März 2013
13089 Leser · 8 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Statt künstlich heruntergerechnete, vielmehr ehrliche Kosten benennen; betr. Ausschreibungspraxis

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel,

meine Frage bzw. Eingabe betrifft einen empfundenen Zielkonflikt, zwischen

a) dem Gebot sparsamer Haushaltsführung und

b) dass die diesem Gebot folgende Ausschreibung, dass derjenige mit den geringsten Kosten zu nehmen sei, dazu führt, dass in aller Regel bei Ausschreibungen die genannten Kosten irreal und weitaus zu niedrig angesetzt sind, um den Bau tatsächlich zu verwirklichen.

Unabhängig der Sinnhaftigkeit des einzelnen Projektes wird damit m. E. eine ungute Gemengelage heraufbeschworen.

Dies wie folgt:

1. Um überhaupt die Chance auf den Auftrag zu bekommen, wird grundsätzlich unter Preis angeboten. Das Hochschrauben auf die realen Kosten erfolgt dann über Nachforderungen bei den weiteren Arbeiten. - Einer seriösen Kalkulation wird angesichts dieser Praxis von vornherein der Boden entzogen.

2. Ich empfinde darin eine Gefahr für die Demokratie dergestalt, dass dieser aus dem Ruder gelaufene Mechanismus mit der Demokratie schlechthin gleichgesetzt wird.

Kurzum: Mir scheinen viele Investitionssummen aus politischen Gründen zu niedrig angesetzt und es braucht Mut, sie realistischerweise höher zu beziffern. Selbst mit der Folge, dass sie dann im Zweifelsfall eben nicht finanziert werden können.

Ich weiß nicht, ob diese wunderschöne Eisenbahnbrücke im Vogtland, die Gölzschtalbrücke, heutzutage unter demokratischen Verhältnissen eine Chance hätte. Entmutigt bin ich dennoch nicht, dass wirkliche Schönheit und nicht nur bloße Zweckmäßigkeit seine Fürsprecher und ggf. auch seine Mehrheit findet.

Meine Frage an Sie geht dahin, ob sie den bezeichneten Zielkonflikt ggf. genauso oder ähnlich sehen und wenn ja, welche Impulse zu einer Änderung Sie ins Auge fassen .

Kommentare (8)Schließen

  1. Autor Helmut Krüger
    am 04. März 2013
    1.

    Eine kurze Bemerkung zu meiner Äußerung zur Gölzschtal-Eisenbahnbrücke. Für mich ist diese und einige andere Brücken gerade in ihrem überliefert Schönen Gradmesser, wohin es auch heute gehen könnte und woran es angesichts weitestgehend bloß zweckmäßiger Projekte mangelt.

    Es ist m. E. sehr die Frage, ob offen und ehrlich kalkuliert wird, eine halbe Milliarde, 1 oder 2 Mrd. für etwas Langlebiges auszugeben,

    - die Kosten hier auch klipp und klar und ohne Umschweife angegeben werden -

    ... etwas, was Jahrhunderte hält oder ob kostenmäßig etwas schlicht zu niedrig beziffert wird bei etwas, was in 30, 40 oder 50 Jahren Schnee von gestern sein wird.

  2. Autor Peter H.
    am 02. April 2013
    2.

    Sehr geehrter Herr Krüger,

    Sie haben vollkommen Recht mit dem was sie schreiben: Denn letztendlich sind das doch alles Steuergelder die hier ausgegeben werden und die Bürger sollten schon im voraus wissen, welche Kosten da noch alle auf sie zukommen und ob sie mit Steuererhöhungen rechnen müssen oder nicht. Aktuell betrifft das natürlich v.a. die Kosten für die Energiewende, die noch niemand so richtig beziffern kann (oder will). Diese ganzen Großprojekte wie Eisenbahnbrücke, neue Stromtrassen oder auch Stuttgart 21 sind ja alles Planfeststellungsbeschlüsse, die ein Planfeststellungsverfahren nach VwVfG oder den bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Spezialregelungen durchlaufen müssen. In diesen Verfahren sollte man mehr Transparenz für den Bürger einführen: Nicht nur, dass er bei der Gemeinde z.B. die ausgelegten Pläne sehen kann, wo jetzt das neue Projekt auf der Landkarte hinkommt (das gibt es bereits jetzt), sondern auch eine detaillierte Kostenaufstellung, aus der ganz klar ersichtlich wird, wieviel Geld wofür ausgegeben wird.

  3. Autor Helmut Krüger
    am 06. April 2013
    3.

    Sehr geehrter Herr Hansen,

    ich denke auch, niemanden ist damit geholfen, wenn es bei nahezu jedem Projekt zu Nachforderungen der Gewerke kommt und dies einfach deshalb, weil um an Aufträge heran zu kommen, die Firmen sich praktisch auf dieses "Spiel" mit den zu gering angesetzten Kosten beteiligen müssen.

    Von daher betrifft Transparenz immer Beides: Die Planungsunterlagen offen zu legen und Menschen schon frühzeitig daran beteiligen UND Kostentransparenz.

    Gewiss werden viele Rechnungen und viele Abwägungen anders aussehen als bislang, doch der politische Nachgeschmack "Die können nicht wirtschaften" wäre dann nicht mehr (in diesem Maße) da. Ich will nicht auf einzelne Projekte eingehen, sie werden in einer Demokratie, so denke ich, immer strittig bleiben, vielmehr geht es um gesamtgesellschaftliche Fragestellungen.

    Mein Geschriebenes ist (und jetzt beim Abgelaufenen: war) ein Appell, diese Dinge etwas gründlicher zu durchdenken.

    1. Was ist uns zu welchen Kosten an so behaupteter Fahrzeiteinsparung wert,
    a) wenn wir wissen, dass die angesetzte eingesparte Zeit flugs wieder durch neue Nutzungen belegt und faktisch an freier Zeit nichts gewonnen ist?
    b) wenn sich zeigt, dass bei sehr hohen Geschwindigkeitsbereichen die Gestehungskosten tendenziell in´s Astronomische gehen, der Zyklus der Abnutzung wiederum tendenziell ins Bodenlose, die Schere also immer stärker auseinander klafft?
    2. Ein anderes Beispiel: Was ist wiederum gewonnen, wenn nicht nur Haltestellenstile und ab und zu ein pfiffig designtes Fahrzeug vom öffentlichen Personnahverkehr kündet, sondern Schienen und Oberleitung von dessen Existenz künden? Dass es nicht nur um die Benutzung eines großen Autos (Busses) geht, wo man doch selbst ein kleines fährt, in dem man sich unter sich weiß, sondern um die Benutzung eines gänzlich ANDEREN Fahrzeuges geht, was genau dudurch und sichtbar durch Schienen und Oberleitung seine Attraktivität und seinen Zuspruch bezieht?

  4. Autor H. Förnzler
    am 28. Juli 2013
    4.

    Hallo Herr Krüger,
    ich will mal hier antworten auf einen Ihrer Kommentare der Vergangenheit

    >>zwischen Phantom und Betonkopf (bspw. derjenige mit dem Rücken zur Hochhauswand in Chemnitz) liegt der Mensch mit Fleisch und Blut.
    Die Schneekoppe bspw. hat´s noch nie interessiert, welche Fahne auf ihrem Gipfel wehte, allerdings kann die Schneekoppe unabhängig aller Fahnen den dort Wohnenden - vor Jahrzehnten oder Jahrhundert Zogezogenen - Heimat sein<<

    Ganz wie Sie zweifle ich nicht daran,
    dass Menschen untereinander gedeihlich verkehren, wenn es gewisse unveränderliche Rahmengesetze gibt, die für alle gleich gelten - jeder lebt von seiner Hände Arbeit, keiner wird bevorzugt aus den Gesetzen dieser Gemeinschaft heraus, keiner banachteiligt.
    Was einer, der es vermag, gibt, aus sozialen Gründen, das gibt er aus eigenem Antrieb, und nach eigenem Gutdünken.
    =
    ich spreche von der Freiheit;
    die nur in kleinen Gemeinschaften möglich ist - jedermanns Stimme wird gehört, jedermanns Beitrag zur Gemeinschaft ist wichtig und wird abverlangt wie auch anerkannt gleichermaßen.
    Achtung und Wertschätzung in freier Eigenverantwortung - die Gebote des Urchristentums.
    aber:
    ein weiter Weg dahin, da wir Seelenlose unsere Herren nennen, die sich aufwerfen durch seelenlose Gesetze uns zu schinden und entrechten.
    Sozialismus, als verordnete unfreie Herrschafts- und Staatsform, wird immer eine Diktatur sein, ein Parteien-Kaderapparat wie in der EU, ein Parteienoligarchat wie die BRD.

  5. Autor H. Förnzler
    am 28. Juli 2013
    5.

    Gölzschtalbrücke

    Ich danke von Herzen für den Hinweis auf die Gölzschtalbrücke.

    in wikipedia finde ich:
    "Der Leiter der Prüfungskommission, Professor Johann Andreas Schubert, entwarf unter Berücksichtigung seiner eigenen Erfahrungen mit statischen Berechnungen selbst eine Lösungsmöglichkeit und verwendete dabei einzelne Anregungen aus den eingegangenen Vorschlägen und das bereits im Sommer 1845 fertiggestellte Viadukt in Leubnitz.. Damit wurde die Brücke die erste statisch berechnete der Welt. Der Planer sah – damals sehr außergewöhnlich – als hauptsächlichen Baustoff Ziegel vor, weil in der Gegend große Lehmvorkommen vorhanden waren und somit Ziegel kostengünstig und schnell beschafft werden konnten. Nur an einigen besonders stark beanspruchten Stellen plante er die Verwendung von Granit."
    Das war 1846.
    Ich lese weiterhin:
    "Die Göltzschtalbrücke war eine für ihre Zeit außergewöhnliche Großbaustelle. Für den Bau wurden täglich 50.000 Ziegel in dem ungewöhnlichen Format 28 cm × 14 cm × 6,5 cm von fast 20 Ziegeleien entlang der Bahnstrecke gebrannt. Das Baugerüst verbrauchte 23.000 Bäume, andere sprechen von 230.000 Baumstämmen. Insgesamt waren 1736 Arbeiter mit dem Bau beschäftigt. Während des Baus kam es unter ihnen zu 31 tödlichen Unfällen. Nach der Fertigstellung und Einweihung am 15. Juli 1851 war die Göltzschtalbrücke die höchste Eisenbahnbrücke der Welt, die weltweit größte Ziegelbrücke ist sie immer noch."
    ..
    ..
    Region - Regionalität - Eigenständigkeit.
    Erkenntnis der eigenen ortsgebundenen Möglichkeiten - zum Vorteil der Region.
    --->
    Mit anderen Worten:
    je größer der Staatsapparat, umso menschenfeindlicher die Bürokratie.
    Globalisierung bringt den Menschen nichts Gutes.

  6. Autor H. Förnzler
    am 28. Juli 2013
    6.

    Ich möchte mal hier hereinstellen,
    was "die Planer" 1979 ff uns hier in meiner Heimat hingeknallt haben:
    ..
    die Kochertalbrücke bei Geislingen
    http://de.wikipedia.org/wiki/Kochertalbr%C3%BCcke
    Auszug:
    "Der Spannbetonüberbau ist in statischer Sicht ein in Längsrichtung neunfeldriger Durchlaufträger. Die beiden äußeren Felder haben jeweils eine Stützweite von 81 m, die sieben Innenfelder von 138 m. Im Querschnitt ist der Überbau ein einzelliger, rechtwinkliger Hohlkasten von 8,6 m Breite und mit einer konstanten Höhe von 6,5 m. Die Fahrbahnplatte ist 31 m breit und überall wenigstens 26 cm dick, der Steg des Hohlkastens (seine Seitenwand) misst 45 cm Dicke. Schräge Druckstreben stützen alle 7,67 m die beidseitig 11,2 m auskragende Fahrbahnplatte.
    ..
    Die Mittelpfeiler drei bis sechs sind in den Überbau eingespannt und wirken mit ihm als rahmenartiges Tragwerk. Zusammen mit den Pfeilern zwei und sieben, die mit festen Punktkipplagern ausgestattet sind, stabilisieren sie das Bauwerk in Längsrichtung und bilden den Festpunkt. Auf den Widerlagern und den Pfeilern eins und acht ist der Überbau längsverschieblich gelagert."
    ..
    ..
    Danke für die Denkanstöße aus Ihrem Beitrag, Herr Krüger.

  7. Autor Helmut Krüger
    am 29. Juli 2013
    7.

    Geehrte Frau Förnzler,

    gerade was den zuletzt genannten Punkt angeht, gehe ich auch mit Ihnen danke Ihnen gleichfalls für Ihre Denkanstöße.

    Allerdings will ich die Problematik weniger im Sozialismus sehen, wie Sie es nannten, auch nicht im Kapitalismus (als was es andere nennen), vielmehr sind ja beides (in ihren -ismen) nur jeweils verschiedene Unterformen eines Materialismus und Industrialismus.

    Materialismus = die Illusion, das Wesentliche der Welt vorrangig oder gar ausschließlich mithilfe von Zahlenwerken zu beschreiben, mit allen Schlußfolgerungen hinsichtlich Plangrößen und Geschwindigkeitsvorgaben, die das nach sich zieht ...

    Industrialismus = über das Wohlverstandene der Industrie hinausgehend, d. h. dass die Serienfertigung, die die Einzelfertigung überschreitet, uns nicht nur ZUR HILFE ist, wie jene ja (kunstvoll) auch, sondern dass wir es wären und sind, die das Räderwerk um seiner selbst willen am Laufen halten müssten.

    Das ist der Unterschied vom wohlverstandenen Sozialen zum Sozialismus,
    vom persönlich inspirierenden Einsetzes eines Geldes zum Kapitalismus,
    vom Vorhandensein von Materie hin zum Ersticken alles anderen darin
    vom wohlverstandenen Hilfsmittel der Industrie hin dazu, dass es Maßstab wäre.

    Das willl ich die Verkehrung von Zweck und Mittel nennen, dem das andere "nur" folgt . Das findet sich auf seinerzeitigen und heute etwas tumb wirkenden Plakaten mit den Muskelmann, der der Laufrädern der Maschine ebenbürtig ist, in Hochhauswände-durchschießenden Verkehrs-Phantasien in "Die Welt in 100 Jahren" gedruckt 1910 und im schrecklich-faszinierenden Metropolis. Ein auf der Straße (!) spielendes Kind, ein krumm gebeugte Mütterchen und derjenige im Rollstuhl hat dort schlicht nichts verloren.

    Würden wir mit unser Bohrmaschine (als bloßes Hilfsmittel) genauso umgehen wie mit unseren industriellen Werkzeugen oder mit der Logik des Geldes, unsere häuslichen Wände wären durchlöchert wie ein Schweizer Käse.

  8. Autor Erhard Jakob
    am 29. Juli 2013
    8.

    Ich bin der Auffassung, dass der Begriff >Demokratie<
    immer öfter missbraucht wird und so
    den *guten Ruf* verliert.

    In unserer Gesellschaft gilt:

    *Die Gewinne werden privatisiert und
    die Verluste werden verstaatlicht.*

    Das hat ja nun wirklich nichts mit einer Demokratie zu tun.
    Das hat doch eher was mit einer *Geld-Diktatur* zu tun.
    Bzw., mit einer Diktatur der Geld- und
    somit Machthabenden.

  9. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.