Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Sven Ebert am 15. Oktober 2013
11289 Leser · 1 Kommentar

Die Kanzlerin direkt

Rundfunkbeitrag

Liebe Frau Merkel,

warum gibt es keine öffentlich-rechtliche Zeitung die von jedem Haushalt in Deutschland durch eine pauschale Gebühr bezahlt wird?

Ich stelle (wie auch viele andere Mitbürger) in Frage, dass ein staatlich finanziertes System für den Rundfunk nötig ist, um jeden Bürger mit Informationen zu versorgen die ihm eine Teilnahme am demokratischen Diskurs ermöglichen. Offensichtlich erfüllt der 100% private Print-Medien-Sektor ohne Staatszeitung das Bedürfnis nach seriösen Informationen breiter Gesellschaftsschichten (z.B. SZ, DIE ZEIT, Spiegel, FAZ usw.)

Aus diesem Blickwinkel ist es völlig absurd anzunehmen, dass es bei Nichtexistenz des öffentlichen Rundfunks (ÖR) nicht auch vergleichbare private Fernseh- und Radiosender gäbe.

D.h. der Grundgedanke hinter dem ÖR-Staatsvertrag ist zumindest heute (wenn nicht schon von Anfang an) obsolet.

Daneben ist der jetzige pauschale Beitrag de facto eine Steuer. Eine Steuer beschlossen von den Ländern die keinerlei Gesetzgebungskompetenz in dieser Hinsicht besitzen. Ich empfinde es als Beleidigung meines Verstandes, dass diese Offensichtlichkeit einfach nur mit einem verschleiernden Namen „Gebühr“ bzw. „Beitrag“ übergangen wird.

Ich weiß, dass Sie nicht Vorsitzende des Bundesrates sind und der ÖR-Staatsvertrag Bundesratssache (= Ländersache) ist. Ich erhoffe daher, dass sie die Ministerpräsidenten der CDU und CSU geführten Länder ansprechen und überzeugen die Finanzierung des ÖR grundlegend zu reformieren.

Ich würde mir ein stark reduziertes System, dass aus Steuermitteln bezahlt wird wünschen, oder aber eine komplette Privatisierung.

Eine inhaltliche Antwort würde mich sehr freuen. Formelle Ausreden wie „hierfür bin ich nicht zuständig“ habe ich schon zuoft gehört und möchte ich nicht nocheinmal hören.

Viele Grüße,
Sven Ebert

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 25. Oktober 2013
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Ebert,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Wie Sie richtig bemerken, sind die Bundesländer für Hörfunk und Fernsehen sowie deren Finanzierung zuständig. Deshalb kann die Bundesregierung keinen Einfluss auf Art und Höhe der Rundfunkbeiträge nehmen. Daher von unserer Seite nur einige allgemeine Anmerkungen:

Der Rundfunk ist eines der Massenkommunikationsmittel. Ihm kommt aufgrund seiner Breitenwirkung sowie der technischen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen eine besondere Stellung zu. Diese ist auch nicht mit der gedruckten Presse vergleichbar. Das Bundesverfassungsgericht folgert aus der Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes einen Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Das beinhaltet, Programme für die Gesamtheit der Bevölkerung anzubieten, umfassend und in voller Breite des klassischen Rundfunkangebots zu informieren und die Meinungsvielfalt zu sichern. Einen entsprechenden Verfassungsauftrag gibt es für die Presse nicht, daher gibt es auch keine öffentlich-rechtliche Zeitung.

Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Grundsatzentscheidungen die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervorgehoben. Zum Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender gehört es, die Bevölkerung umfassend mit Informationen, Bildung, Kultur und Unterhaltung zu versorgen. Den privaten Rundfunk in seiner gegenwärtigen Form darf es nur geben, wenn ein öffentlich-rechtliches Rundfunksystem im publizistischen Wettbewerb mit privaten Veranstaltern steht. Wegen ihrer kommerziellen Ausrichtung können private Fernseh- und Radiosender dazu keine Alternative anbieten.

Es ist allein Aufgabe der Länder, die von der Verfassung vorgegebene Rundfunkordnung auszugestalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit sind die Bundesländer verpflichtet, eine Rundfunkordnung zu schaffen und zu bewahren, die die Freiheit der Meinungsbildung fördert.

Mit dem neuen Rundfunkbeitrag haben die Länder seit Beginn dieses Jahres die Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks auf ein neues Fundament gestellt. Heute ist der Rundfunkempfang längst nicht mehr an die klassischen Radio- und Fernsehgeräte gebunden. Eine gleichmäßige und damit gerechte Einbeziehung aller Rundfunkteilnehmer ist immer schwieriger, wenn man auf die einzelnen Empfangsgeräte abstellt. Deshalb werden seit Januar alle Haushalte herangezogen.

Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Rundfunkbeiträge können ausschließlich die Länder veranlassen. Bei wichtigen und grundsätzlichen Angelegenheiten des Rundfunks geschieht dies durch die Rundfunkkommission der Ministerpräsidenten der Länder.

Weitere Informationen:

Zu den Rundfunkgebühren http://www.ard.de/intern/finanzen/rundfunkbeitrag/ard-run...

Zum neuen Rundfunkbeitrag ab 1. Januar 2013 www.rundfunkbeitrag.de

Zum aktuellen Rundfunkstaatsvertrag http://www.die-medienanstalten.de/?id=111

Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor Erhard Jakob
    am 17. Oktober 2013
    1.

    Die Frage von Sven Ebert ist berechtigt und
    ich bin sehr auf die Antwort gespannt.

  2. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.