Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Carola Lange am 21. Oktober 2013
11487 Leser · 4 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Gesetzlicher Mindestlohn?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
wir betreiben in Thüringen einen mittelständischen Handwerksbetrieb, eine Fleischerei mit fast 100 Angestellten, davon 25 in Produktion und Verwaltung und 75 im Verkauf.
Natürlich beschäftigt auch uns das Thema "gesetzlicher Mindestlohn".
Hier meine Frage: Wieso kann ein Lohn, der durch Arbeit und Einnahmen (Verkauf) erst erwirtschaftet werden muß, gesetzlich vorgeschrieben werden?
Wieso werden dann nicht auch MINDERSTPREISE gesetzlich vorgeschrieben?
Gerade in unserer Branche darf das Produkt Fleisch nichts kosten und Preise werden durch Industrie und Discount und damit der Wert des Produktes Fleisch kaputt gemacht.

Mit herzlichen Grüßen
Hochachtungsvoll
Carola Lange

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 01. November 2013
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Lange,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Löhne vereinbaren in Deutschland traditionell die Tarifpartner, also Arbeitgeber und Gewerkschaften. Auch die in Deutschland geltenden Mindestlöhne haben zunächst die Tarifpartner ausgehandelt.

Auf ihren Antrag lässt sich per Verordnung ein Mindestlohn auf eine ganze Branche übertragen. Dafür müssen die Tarifparteien beim zuständigen Bundesarbeitsministerium einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit stellen. Erst wenn die Bundesregierung diese Verordnung erlassen hat, gilt der vereinbarte Mindestlohn verbindlich für alle Arbeitgeber und Beschäftigten in dieser Branche.

Zur Zeit zahlen zwölf Branchen einen Mindestlohn. Er ist nach Branchen und Regionen unterschiedlich hoch.

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2013/09/...

Die gesetzlichen Grundlagen für Branchen-Mindestlöhne stehen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz und im Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz, die Regelungen für die Zeitarbeit im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/Mindestlohngese...

Wie Sie wissen, diskutieren die Parteien derzeit über einen flächendeckenden Mindestlohn. Ob sich dieser Vorschlag im Koalitionsvertrag wiederfindet, bleibt abzuwarten.

Gesetzliche Mindestpreise gibt es in Deutschland nicht. Seit 65 Jahren gilt der Grundsatz der freien Preisbildung. 1948 hat Ludwig Erhard die Freigabe der Preise verfügt. Seitdem bestimmt der Markt die Preise für Produkte und Dienstleistungen. Ausschlaggebend sind also Angebot und Nachfrage.

Eine staatliche Preissetzung ist mit unserem Wirtschaftssystem nicht vereinbar. Es gibt aber ein Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis. Das ist im Gesetz für Wettbewerbspolitik geregelt. Es soll sicherstellen, dass es nicht zu einem unlauteren Wettbewerb von großen Unternehmen gegen kleine Anbieter kommt.

Weitere Informationen: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Wirtschaft/wettbewerbspoliti...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (4)Schließen

  1. Autor Ralf Schumann
    am 23. Oktober 2013
    1.

    Die Preise steigen dann ja bei allen Produzenten. Wozu sollte ein Mindestpreis für ein Produkt festgelegt werden? Dann wäre kein Wettbewerb mehr unter den Herstellern selbst.

  2. Autor Erhard Jakob
    am 27. Oktober 2013
    2.

    Der Wettbewerb führt in aller Regel dazu, dass der
    Stärkere den Schwächeren *frißt*. Am Ende
    bleibt einer übrig (Monopol) und dieser
    kann dann den Preis nach belieben
    festlegen.
    .
    Der >Mindestlohn< wird das Problem nicht lösen.
    Genauso, wie die *Abwrack-Prämie*
    das Problem nur in die Zukunft
    verschoben hat.
    .
    Der Mindestlohn (z. B. 8,50) wird dazu führen, dass
    1. die Produkte und Dienstleistung teurer werden
    und 2. manche Unternehmen kaputt gehen
    und wir noch mehr Arbeitslose haben.
    .
    Ein Lohn von 3 oder 4 Euro pro Stunde löst das
    Problem auch nicht. Weil der Staat dann
    den Arbeiter bezahlen muss.
    .
    Das Problem ist das System,
    dass der Mensch sich ge-
    schaffen hat.

  3. Autor B. Bauer
    am 27. Oktober 2013
    3.

    Mit Mindestlohn kann man Ausbeutung verringern. Seit Jahren geht es mit Löhnen in gewissen Bereichen runter oder sie bleiben einfach gleich.

    Es kann nicht sein das der Staat Arbeitgeber zusätzlich sponsern und die Löhne der Arbeitnehmer auf Sozialhilfeansprüche aufstockt, damit einfache Menschen überleben.

  4. Autor Helmut Krüger
    am 27. Oktober 2013
    4.

    Geehrte Frau Lange,

    betrachten Sie die Angelegenheit vielleicht analog Ihrer anderen Kosten wie Strom, Kanalisation und dergleichen, die auch nicht vorbehaltlich ihrer Einnahmelage nach Höhe bemessen sind, sondern selbstverständlich nicht unter Wert kalkuliert.

    Der Unterschied zum Menschen ist nur der, dass der kein technischer Gegenstand ist, sondern mehr ist als ein technischer Gegenstand. Wenn ein Betrieb auf dieser Grundlage nicht wirtschaftlich geführt werden kann, sollten Sie ehrlicherweise den Betrieb zumachen. So täte ich es jedenfalls.

    Mit freundlichen Grüßen
    Helmut Krüger

  5. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.