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Abstimmungszeit beendet
Autor Ralf Schumann am 09. Januar 2014
10158 Leser · 4 Kommentare

Wirtschaft

Warum machen Sie wieder Halt vor dem Mindestlohn?

Sehr geehrte Frau Merkel,

warum machen Sie wieder Einschränkungen bei der Mindestlohnfestsetzung? Wenn Sie jetzt sagen, das rette Arbeitsplätze, dann ist das nicht nachvollziehbar.

Eigentlich profitiert der Staat vom Mindestlohn. Es kommen mehr Sozialabgaben in die Kasse, weniger Transferleistungen zur Aufstockung gezahlt, es gibt weniger Schwarzarbeit und die Preise steigen. Somit werden mehr Steuern eingenommen.

Ich sehe im Jobcenter jeden Tag wie Leute für einen, zwei, drei oder vier Euro pro Stunde arbeiten und kann nichts dagegen tun. Es ist ein sehr bürokratischer Aufwand einen sittenwidrigen Lohn verfolgen zu lassen, darum lasse ich es sein.

Vielmehr appelliere ich an die mir anvertrauten Menschen, sie sollen den Job kündigen und biete ihnen einen Sanktionsverzicht an. Die meisten machen es nicht. Einige bekommen ein paar Euro schwarz dazu, Einige finden, sie seien nicht mehr wert und wiederum Einige sind froh, dass sie überhaupt Arbeit haben.

Die Wirklichkeit ist so, dass die billigen Arbeitskräfte ausgenutzt und als minderwertig angesehen werden. Sie stehen dem richtigen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie der gering bezahlte Job von wichtigen Aus- oder Weiterbildungen abhält. Vermitteln lassen sich solche Arbeitskräfte auch nicht in andere Jobs, da sie nur einfache Tätigkeiten machen, sich beruflich nicht entwickeln können, weil sie an keine berufsbegleiteten Schulungen teilnehmen und sie sich immer an ihre Billigjobs festhalten.

Sie appellieren immer wieder an Bildung, reden von Fachkräftemangel, aber unterstützen das Billiglohnsystem.

Warum sind Sie gegen den flächendeckenden Mindestlohn und verhindern nicht endlich die Aufstockung von Teilzeit- und Minijobs, damit sich Hartz4-Empfänger weiterbilden können?

MfG
Schumann

Kommentare (4)Schließen

  1. Autor Helmut Krüger
    am 09. Januar 2014
    1.

    Vielleicht wäre es gut, die Denk- und Handlungskoordinaten zu verändern. Diese Veränderung sich schrittweise auswachsen zu lassen:

    Arbeitsplätze, von deren Bezahlung kein Mensch leben kann, sollten aus der Arbeitsplatzdefinition herausfallen. Keine Bereinigung im bloß verbalen Sinne oder gar im Sinne einer verbalen Haarspalterei, sondern auch ganz real im statistischen Sinne und mit allem Entsprechenden, was damit zusammenhängt.

    Das ist Aufgabe nicht nur des Staates, der hier bislang nicht mutig genug war, den Rahmen zu setzen, innerhalb dessen die Wirtschaftsakteure handeln, das ist auch die Aufgabe der Eigenverantwortung der Wirtschaftsakteure selber: d. h. der Entscheidenen in den jeweiligen Unternehmen und schließlich auch der Verbraucher.

    Wem nicht schon von selbst die Schamesröte ins Gesicht läuft, Menschen, die sich tagtäglich krumm legen, mit derartigen Löhnen abzuspeisen, ist ethisch und moralisch mit mangelnder Fähigkeit ausgestattet, verantwortlich ein Unternehmen zu führen, weil neben allem anderen auch dieses dazu gehört. Was die Verbraucher angeht: Wenn die Verbraucher nicht willens sind, derartige Güter und Dienstleistungen zu einem unabdingbaren Preis zu entgelten, werden die entsprechenden Güter und Dienstleistungen eben nicht mehr angeboten. Wenn in einer studentischen Wohngemeinschaft der Pizza-Service nur deshalb bestellt wird, weil der Aufpreis pro Pizza teilweise unter einem Euro liegt und Pizza-Fahrer in Templin DESHALB für 1,79 €/Std. arbeiten und der Wille für 2, 3 oder 4 Euro Aufpreis nicht besteht, werden die in ihrer WG sich eben spontan selber an den Hand stellen müssen.

    Ganz simpel.

  2. Autor Erhard Jakob
    am 11. Januar 2014
    2.

    In unserem System gilt:
    .
    *Angebot und Nachfrage regelt
    den Preis (auch für den Lohn)
    von ganz allein*
    und
    *Der Große frißt
    den Kleinen.*
    .
    Wir haben das System
    so gewollt und jetzt
    haben wir es und
    basta.

  3. Autor Wolfgang Mücke
    am 12. Januar 2014
    3.

    Ohne Einschränkungen beim Mindestlohn wird es nicht gehen. Lehrlinge, Praktikanten und ähnlichen wird man nicht den Mindestlohn geben können. Man sollte nur genau hinsehen, welche Leute man vom Mindetlohn ausnimmt.

  4. Autor Ralf Schumann
    am 14. Januar 2014
    4.

    Ausbildungsgehälter dürfen selbstverständlich nicht dem Mindestlohn unterliegen. Es geht hier auch nicht um Praktikanten, obwohl Praktikanten im Hartz 4-Bezug weiterhin der Entscheidung durch das Jobcenter unterliegen müssen, weil sonst Arbeitsplätze vernichtet werden.
    Zurzeit wird aber immer wieder über Bulgaren und Rumänen diskutiert. Warum lassen wir es hier zu, dass diese Leute für 2 € pro Stunde arbeiten und mit Hartz 4 aufstocken? Ist ihre Arbeitskraft nicht mehr wert? Wer legt das das fest? Diese Menschen machen das, weil sie ihren Wert nicht einschätzen können und die Differenz mit Sozialleistungen aufgefüllt werden. Das macht unseren Arbeitsmarkt kaputt. Selbst wenn sie ihren Arbeitsort in Rumänien haben, aber in Deutschland zum Arbeiten eingesetzt werden, ist Deutschland nicht geholfen. Die Steuern und Sozialabgaben gehen dann ins Heimatland. Ist das die neue Form der Fachkräfte aus dem Ausland?
    Was sollen Mitarbeitern mit Arbeitskräften machen, die für 1 € oder 2 arbeiten? Hier kann keine Fortbildung empfohlen werden, weil Arbeit immer Vorrang hat. Es kann kein Zweitjob zugemutet werden, weil das das Sozialgericht als unzumutbar ansieht. Der Steuerzahler zahlt, damit der Arbeitgeber verdienen kann.
    Und nun, Herr Mücke, sind Sie der Meinung, dass es ohne Einschränkungen beim Mindestlohn nicht gehen kann?

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