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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Nino Haase am 28. Oktober 2014
14320 Leser · 9 Kommentare

Kultur, Gesellschaft und Medien

"Der Islam gehört zu Deutschland" --> Säkularisierung?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

mit Sorge beobachte ich, wie viele andere auch, die aktuellen Entwicklungen rund um den Islamismus aus Deutschland genauso wie die gewalttätigen Gegenbewegungen, die wir bspw. in Köln gesehen haben.
Ich wundere mich, wie Sie vor diesem Hintergrund Aussagen wie im Titel tätigen können: Religionsfreiheit besitzen wir in Deutschland zu Genüge, aber wieso findet nun immer mehr eine Religionisierung des öffentlichen Lebens statt?
Europa hat Jahrhunderte gebraucht, um den Kampf gegen das von Religionen eingebrachte Elend zu gewinnen. Ich denke, dass der Großteil stolz auf die Säkularisierung und den damit enorm beschleunigten Fortschritt und auch wachsenden Wohlstand ist. Nun beugen wir uns einer Gesellschaftsgruppe, die ihre Religion im 21.Jahrhundert unbedingt wieder zum Thema der Öffentlichkeit machen will?! Satirikern wird mit Anzeigen gedroht (auch bei Witzen über die katholische Kirche), Islamkritiker mit der rechten Keule abgetan? Mit solchen Aussagen wie von Ihnen wird der Konflikt leider noch befeuert: Viele Deutsche (auch mit Migrationshintergrund), für die Religion nur Privatsache ist, fühlen sich völlig mißverstanden und nicht gehört. Dieses Problem mit Gute-Laune-Integrationsphrasen abzutun, bewirkt eben keine Deeskalation, sondern verhilft radikalen Gruppen wie in Köln zu weiterem Zulauf.
Ich bin ein großer Fan von Zuwanderung, aber übertriebene Toleranz erleichtert eben nicht den Zugang in unsere Gesellschaft, sondern ermutigt zu Parallelströmungen, die gegen unser aufgebautes Gesellschaftssystem arbeiten.
Ich bitte Sie klarzustellen, dass Religion kein öffentliches Thema, sondern nur Privatsache sein darf. Einwanderergruppen, die das so handhaben, scheinen sich in Deutschland ohnehin besser zurechtzufinden. Das würde allen helfen.

Mit freundlichen Grüßen
Nino Haase

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 09. Dezember 2014
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Haase,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Dass das Thema Religion derzeit in der Öffentlichkeit diskutiert wird und nicht im privaten Raum bleibt, ist eine gesellschaftliche Realität. Dieser Realität stellt sich die Bundesregierung und nimmt die damit verbundenen Herausforderungen an. Religion soll Frieden stiften und nicht Hass säen. Das ist eine gemeinsame Überzeugung von Christen, Juden und Muslimen.

In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime. Die Bundesregierung beobachtet mit Sorge, dass die Zahl der radikalisierten Menschen aus dem Bereich des Salafismus steigt. Das Bundesinnenministerium geht von derzeit 6.000 Radikalisierten aus. Das ist nicht wenig, aber im Verhältnis zu vier Millionen Muslimen eine kleine Zahl. Gewalttätige extremistische Gruppen sind eine verschwindend kleine Minderheit der Muslime in Deutschland. Die überwiegende Mehrheit distanziert sich von jeder Form der Gewalt. Das hat beispielsweise der Aktionstag der muslimischen Gemeinden in Deutschland gegen Hass und Unrecht am 19. September 2014 eindrucksvoll gezeigt.

Gegen gewalttätige Extremisten geht die Bundesregierung mit harten rechtsstaatlichen Mitteln. So hat der Bundesinnenminister am 12. September 2014 jegliche Betätigung von und für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ in Deutschland verboten. Das ist eine der schärfsten Maßnahmen, die der Rechtsstaat vorsieht.

Staatliche Verbote und Beratungsmöglichkeiten können nicht die gesamtgesellschaftliche Unterstützung ersetzen. Gefordert ist auch die Hilfe der Gesellschaft, der Nachbarn, Freunde, Eltern, die den Missbrauch der Religion deutlich verurteilen.

Bei zahlreichen Anlässen hat die Bundeskanzlerin betont, dass in Deutschland keine Parallelgesellschaften geduldet werden, in denen Grundrechte nicht gelten. Nur auf Basis des Grundgesetzes gibt es ein Zusammenleben in Toleranz und Respekt. Das muss jeder akzeptieren, der hier leben will.

Die Erfahrung zeigt, dass sich bewusste Anstrengungen für mehr Integration lohnen. Das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen in Deutschland wird immer mehr selbstverständlicher Teil unseres Lebens. Wie wichtig dabei zum Beispiel Bildung und Ausbildung sind, hat kürzlich der Austausch beim siebten Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt am 1. Dezember gezeigt: Informationen zum 7. Integrationsgipfel: http://www.direktzu.de/s/24tmnu

Mehr Informationen:

Verbot der Betätigung des „Islamischen Staates“:
http://www.direktzu.de/s/kdbqjp

Informationen zur Terrorismusbekämpfung: http://www.direktzu.de/s/r206f5

Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamtes für Migration: http://www.direktzu.de/s/p03zbw

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (9)Schließen

  1. Autor Erhard Jakob
    am 28. Oktober 2014
    1.

    Ich glaube weniger daran, dass die unterschiedlichen
    Religionen daran schuld ist, dass fast in
    jedem Land ein *Bürgerkrieg* tobt.
    .
    Die *kleinen Leute* wollen doch alle
    Frieden. Egal, welcher Religion
    sie angehören.
    .
    Anders die *Geld- und Machtgieriegen.*
    Sie können nur ihre Gier befriedigen,
    in dem sie Kriege führen und Geld
    und Macht den anderen
    weg nehmen.
    .

  2. Autor Helmut Krüger
    am 29. Oktober 2014
    2.

    Ich glaube eher, dass die tatsächlich zu beobachtende Tendenz einer IIslamisierung weit eher damit zu tun hat, dass dieses Land seine Feiertags hochgehaltenen Werte nicht lebt - sich vielmehr eine starke Kluft zwischen Anspruch und Praxis auftut -, als dass der Islam von sich aus zur Extremisierung neigen würde, wie es oft genug unterstellt wird.

    So gut wie kein einziger ethischer Wert kann gedacht werden ohne Religion, fast schon gleich welche. Und kein einziger Wert ist auf so unerträgliche Art und Weise auf den Kopf gestellt worden durch Religion aber auch werteverloren abseits der Religion.

    Die Kluft ist doch nicht der Religion zuzuschreiben, vielmehr der Besessenheit zum blanken Eigennutz, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht.

    Das Leben zwischen Baum und Borke und einespannt im Zeitraffer hat immer schon entweder zu Explosionen oder zu Implosionen geführt. Beides, die Enge an Raum und Zeit, hat ein Großteil von Menschen irre werden lassen.

  3. Autor Erhard Jakob
    am 30. Oktober 2014
    3.

    Eine Religion gehört doch keinem Land
    sondern den Menschen, die in
    diesem Land leben.
    .
    Menschen, welche unterschiedlichen
    Religionen oder gar keiner, können
    doch trotzdem friedlich zusam-
    men leben.

  4. Autor Erhard Jakob
    am 30. Oktober 2014
    4.

    Zu Punkt 5.
    .
    So war es auch möglich, dass sich Menschen
    aus dem kapitalistischen Westen sich in
    Menschen aus dem sozialistischen
    Osten verliebt haben - und
    umgekehrt.
    .
    Genauso, ist es möglich, dass sich ein
    Mitglied der Linken in ein Mitglied der
    NPD verliebt - und umgekehrt.
    .
    Auf dieser Welt gibt es nichts,
    was es nicht gibt.

  5. Autor Rainer Klöpfel
    am 30. Oktober 2014
    5.

    Religion muss Privatsache werden! Über Reliigon muss aufgeklärt werden. Religion in der Schule darf nicht läger von unwahrheiten und unwissenschaftlichen Beahuptungen unterrichten. Ein Eid so wahr mir Gott helfe ist doch mehr als fragwürdig. Wenns einen Gott gibt möge ihn doch jemand bitten hier eine Nachricht zu hinterlassen oder den Menschen etwas mehr Verstand geben. Deshalb unterstütze ich die Frage. Ich möchte die Frage im Sinne einer Ordnungspoltik und Integrationspolitik (zwei wesentliche Aufgaben eines Staates) sehen. Solange es Staatsreligionen in D gibt kann der Staat doch nicht ernsthaft Religionsfreiheit postulieren.

  6. Autor Helmut Krüger
    Kommentar zu Kommentar 3 am 30. Oktober 2014
    6.

    Es heißt ja nicht: gehört Deutschland, sondern: gehört ZU Deutschland.
    Insofern ist das ja nichts Besitzanzeigendes, sondern etwas Beinhaltendes.

    Deutschland beinhaltet somit auch Menschen islamischen Glaubens, also Muslime, anstatt sie - absurderweise - als nicht zugehörig zu diesem Land zu betrachten.

    Jede Relilgion, doch auch NIchtreligion, hat ihre Extremismen hervorgebracht. Wer wollte von den Extremisten auf den Inhalt der Religion an sich rückschließen?

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